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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Pruhnlok von der Wagenpritsche und rannte über die Grasebene, um sich seinesgleichen anzuschließen. Renlasol hatte den einstigen Küchenjungen noch nie so schnell laufen sehen und war erstaunt, wie viel Kraft, Geschwindigkeit und Ausdauer der fette Kriecher plötzlich entwickeln konnte, wenn es darum ging, sich den besten Happen zu sichern. Ohnehin hatte er den Eindruck gewonnen, dass er seinen persönlichen Kriecher am besten durch Fressen motivieren und bei Laune halten konnte. Alle anderen Methoden hatten bei Pruhnlok kläglich versagt. Der Kriecher schien gegen Druck und Drohungen geradezu immun zu sein. Weder die sanfte noch die scharfe Ansprache hatten zum Erfolg geführt und den Kriecher folgen lassen. Sicher, er könnte ihn an der Kette herumführen. Aber das war ihm selbst für das Leben eines Kriechers zu unwürdig und vor allem lästig.
    Der Lordmaster stutzte für einen Moment, als er das Schwert mit Wucht in einen auf ihn zueilenden Kriecher stieß, der ihm im Vergleich zu den anderen Exemplaren wie gemästet vorkam. Der Kriecher quiekte wie ein Schwein während der Schlachtung, als sich die Klinge schmerzhaft in seinen Brustkorb bohrte und hinten am Rücken wieder heraustrat. Es ging alles rasend schnell. Madhrab riss die Klinge aus dem Körper des Kriechers, um sie sogleich im nächsten wieder zu versenken. Ihm war, als hätte er den verwundeten Kriecher gekannt. Ausdruck und Statur erinnerten ihn entfernt an einen Küchenjungen, der bei den Sonnenreitern gedient und das Verteidigungsheer der Klan in die Schlacht am Rayhin begleitet hatte. Wie war der Junge gleich gerufen worden? Pruhnlok. Das musste er gewesen sein. War dieser Pruhnlok nicht mit Renlasol befreundet gewesen und hatte sich das Zelt mit seinem Knappen geteilt? Natürlich, jetzt kam es ihm wieder in den Sinn. Er hatte eben diesen Küchenjungen mit auf die Suche zu den Bluttrinkern geschickt. Sollte dieses Opfer tatsächlich Pruhnlok gewesen sein, dann hatte er sich stark verändert. Womöglich hatten sie den armen Jungen erwischt und im Handumdrehen ausgesogen und verwandelt. Ein trüber Gedanke schlich sich in den Kopf des Bewahrers. Das Schicksal des Küchenjungen, das so eng mit dem seines Knappen Renlasol verknüpft war, täte ihm unendlich leid. Eine solche Schuld würde er nie wiedergutmachen können. Rasch schüttelte der Lordmaster den Gedanken wieder ab, denn die Trübsal hinderte ihn daran, sich auf die unermüdlich auf ihn einstürmenden Kriecher zu konzentrieren. Wahrscheinlich war es nur irgendein Kriecher gewesen, der Pruhnlok entfernt ähnlich sah. Zu des Lordmasters Bedauern stand der fettleibige Kriecher wieder auf und hielt sich mit beiden Händen anklagend den Brustkorb über der Wunde, aus der das dunkle Blut unaufhörlich zwischen seinen Fingern hervorquoll. Ein gezielter und rasch ausgeführter Schwerthieb machte dem Elend ein Ende. Der Kriecher hatte nicht einmal bewusst bemerkt, wie ihm der Kopf von den Schultern getrennt und in hohem Bogen durch die Luft vor die Füße seiner Gefährten geschleudert wurde.
    »Pruhnlok! Nein, bitte nicht!«, schrie Renlasol entsetzt und verbarg das Gesicht hinter den Händen.
    Das Königskind hatte das Ende seines Gefährten kommen sehen, war schockiert und machte sich zugleich schwere Vorwürfe. Renlasol hätte wissen müssen, was den Kriecher erwartete, wenn er zuließ, dass dieser den Lordmaster angriff. Pruhnlok war ein Geschenk des Quadalkar an ihn, und er hatte die Verpflichtung auf sich genommen, sich um den Freund zu kümmern. Und nun hatte er ihn in einem einzigen Augenblick für immer verloren. Der Lordmaster hatte den Kriecher als einen unter vielen beinahe beiläufig abgeschlachtet. Es war ein ungleicher Kampf. Seit der Knappe seinen Herren vor Monden verlassen hatte, um eine wichtige Aufgabe für Sapius zu erfüllen, hatten sich Madhrabs Fähigkeiten in seinen Augen noch gesteigert. Er schien ihm stärker und schneller als zuletzt, obwohl ihn die Wahrnehmung durchaus täuschen konnte. Doch auf jeden Fall kämpfte der Lordmaster verbissener, als wolle er die Bluttrinker im Alleingang besiegen. Irgendetwas musste mit ihm geschehen sein, das ihn noch härter erscheinen ließ, als er es ohnehin schon war.
    »Du bist schuld an seinem Tod«, tadelte Drolatol das Königskind. »Hättest du ihn nicht ziehen lassen, wäre er jetzt noch am Leben oder welchen Zustand zwischen Leben und Tod ihr Bluttrinker auch immer einnehmt.«
    »Halt den Mund, Drolatol«, zischte Renlasol

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