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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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entsetzt.
    »Hast du vielleicht eine bessere Idee?«, fragte das Gefäß.
    »Lasst ihn in Ruhe!«, brauste Elischa auf, »das wird sowohl für Euch als auch für den hohen Vater besser sein.«
    »Das kann ich nicht«, antwortete das Gefäß leise, aber bestimmt, »stirbt der Overlord, wird dies auch mein Ende sein. Doch während Boijakmar seine letzte Ruhe in den Schatten finden wird, erwartet mich ein Schicksal der ewigen Rastlosigkeit. Ich bin nicht erpicht darauf, als Geist ohne Verstand über Ell zu wandeln. Noch nicht jedenfalls. Der hohe Vater versprach mir, sich beizeiten darum zu kümmern und mir einen neuen Geist zu verschaffen, bevor er zu den Schatten gehen sollte. Wenn ich mich nicht irre, würde Madhrab auf mich keine Rücksicht nehmen.«
    »Ich hatte den Overlord gewarnt. Er hätte Madhrab töten lassen sollen, als er Gelegenheit dazu hatte. Doch Boijakmar wollte nicht hören und hat sich in Madhrab einen Feind geschaffen, den er niemals haben wollte«, meinte Chromlion. »Der hohe Vater hat zu lange gewartet, bevor er Sick den Auftrag gab, ihn zu Tode zu foltern.«
    »Ihr seid feige, alle beide«, entrüstete sich Elischa, während sich ihre heißen Tränen mit dem Salzwasser des Meeres auf ihren Wangen vermischten. »Ich hoffe nur, wir gehen mit dem Schiff unter und Ihr werdet ertrinken.«
    »Dann wirst du mit uns untergehen, Orna«, antwortete das Gefäß, »und der kalte Tod des Meeres wird dich umschlingen und in die Tiefe ziehen. Wusstest du, dass die Ertrunkenen in den Schatten ihren Tod bis in alle Ewigkeit immer wieder durchleben, bis jemand ihr Herz birgt und an Land bestattet? Das Ertrinken ist kein schöner Tod, du solltest dir das lieber nicht wünschen.«
    »Das ist Unsinn«, sagte Elischa, »Seemannsgarn aus alten Tagen. Bevor ich es zuließe, dass Ihr Madhrab auflauert und ihn heimtückisch ermordet, sterbe ich eher.«
    »Nun …«, der Schattenmann zuckte gleichgültig mit den Schultern, »… ich für meinen Teil glaube daran und wäre an deiner Stelle vorsichtiger. Dein Gang zu den Schatten könnte schneller kommen, als du denkst.«
    »Ihr werdet sie nicht anrühren«, drohte Chromlion plötzlich, »sie gehört mir und wird mir fortan als Magd dienen.«
    »Aye«, nickte das Gefäß und verzog seinen Mund zu einem hässlichen Grinsen, »das hatte ich nicht vor. Sie gehört dir. Nimm sie und mach mit ihr, was immer du willst. Wie ich schon sagte, der Overlord schenkt sie in seiner Großzügigkeit dem Hause Fallwas und begleicht seine Schuld. Keine Sorge, vor meinem Schwert ist sie sicher. Ist sie es denn auch vor deinem?«
    Chromlion funkelte die Schattengestalt drohend an, so als ob er ihm jeden Moment an den Hals springen wollte, um diesen zu erwürgen.
    Ich gehöre niemandem, dachte Elischa, Ihr werdet Euch noch wundern!
    Unermüdlich trugen die Matrosen aus dem Bauch des Schiffes Eimer um Eimer voll Wasser nach oben an Deck. Das Schiff trudelte heftig und sie konnten sich trotz ihrer Erfahrungen mit stärkerem Seegang kaum gerade auf den Beinen halten. Dennoch zeigten sie bei ihrer schweren Arbeit eine Geschicklichkeit, die Elischa staunen ließ. Sie verschütteten keinen Tropfen Wasser. Während sie den schuftenden Seeleuten zusah, kam die Übelkeit zurück, und sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Lediglich das Bild Madhrabs ging ihr durch den Kopf. Wie war es ihm ergangen? Wo war er? Würde er kommen, sie aus den Klauen dieser Scheusale zu befreien?
    Der Skipper kam die schmale Leiter in die Kajüte herabgeklettert, um nach den Fortschritten seiner Seeleute zu sehen. Mit der Einstellung der Matrosen und dem Ergebnis schien er zufrieden. Das Wasser im Bauch des Schiffes war weg. Sie hatten alles gegeben, einen Untergang zu vermeiden.
    Murhab gönnte ihnen eine kurze Rast von der Schwerstarbeit und gab eine Runde Selbstgebrannten aus. Ein Weingeist, der seinesgleichen suchte.
    »Von dem Zeug wirst du blind«, flüsterte ein nahe bei Elischa stehender Matrose, der ihr dabei mit dem Ellbogen sanft in die Rippen stieß und begierig auf seinen Becher wartete, »wenn du zu viel davon trinkst. Ein aus Algen gebrannter Schnaps. Scharf, aber gut. Der brennt in der Kehle und frisst sich durch deine Eingeweide wie ein Feuerwurm. Aber ich würde nicht ablehnen, wenn ich du wäre und der Skipper dich zum Trinken einlädt. Außerdem verspreche ich dir, dass die Übelkeit im Handumdrehen verschwunden sein wird.«
    »Ach ja?«, meinte Elischa und sah dem Matrosen in das noch sehr junge

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