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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Steuerrad mit kräftigen Armen herumzureißen. Er biss die Zähne zusammen, seine Muskeln waren bis zum Zerreißen angespannt und die enorme Anstrengung war ihm im Gesicht abzulesen. Vor ihnen hatte sich eine Welle aufgetürmt, die jeden Augenblick über das Schiff hereinbrechen und es unter sich begraben konnte.
    »Nicht dagegensteuern und auf die Seite legen«, befahl der Kapitän, »dreh Gayaha mit dem Bug in die Welle rein. Schnell!«
    Murhab löste die um seinen Körper geschlungenen Seile und sprang an die Seite des Steuermanns. Mit vereinten Kräften bewegten sie das Steuerrad und drehten das Schiff, bis es auf die Welle zusteuerte. Hektisch wickelte der Kapitän ein Seil um sein Handgelenk und das Steuerrad und warf es um seinen eigenen Körper. Es war keinen Moment zu früh, als die Gayaha gerade mit der Galionsfigur voraus in die Welle tauchte und überflutet wurde. Die Schreie der Matrosen wurden von den tosenden Wassermassen übertönt. Einige klammerten sich an Segeltücher und Seile. Für diejenigen, die keinen rechtzeitigen Halt gefunden hatten, war es zu spät. Sie wurden von den Fluten mitgerissen und in die Tiefe des Meeres gezogen. Doch der Skipper hatte in der Not das Richtige getan und die Gayaha vor dem sicheren Untergang gerettet. Das Schiff wäre gekentert und hätte sich womöglich mit dem Deck unter Wasser gedreht, wenn er nicht geistesgegenwärtig reagiert und die Gayaha wagemutig und frontal in die Welle gesteuert hätte. Als die Welle über sie hinweg war, tauchte das Schiff wieder an der Wasseroberfläche auf.
    »An die Eimer, faules Pack!«, rief Murhab den Matrosen zu. »Das Wasser muss raus aus dem Rumpf. Los, los …los!«
    Die Matrosen gehorchten dem raubeinigen Seemann aufs Wort. Sie vertrauten ihm blind, denn er hatte ihnen nicht das erste Mal das Leben auf See gerettet.
    Unter Deck waren die Passagiere nicht nur durchgeschüttelt, sondern nun auch ordentlich durchnässt worden. Elischa nahm in ihrem verheerenden Zustand die mit Eimern bewaffneten Matrosen nur noch beiläufig wahr. Sie war seit geraumer Zeit mit sich selbst und ihrer schweren Übelkeit beschäftigt. Sie fror und ihr war so elend, dass sie nur noch sterben wollte. Das heftige Schaukeln des Schiffes und die schlechte, modrige Luft unter Deck hatten ihr jede Möglichkeit genommen, sich abzulenken und das aufkommende Gefühl zu unterdrücken. Seit der Sturm tobte, war es immer schlimmer geworden, bis sie schließlich bleich, zitternd und mit entleertem Magen schlaff in den Seilen hing, die ihren Oberkörper immerhin aufrecht hielten. Was konnte schrecklicher sein als diese Schifffahrt durch den Gewittersturm? Sie hatte in ihrer Not verdrängt, welche Zukunft ihr der Lordmaster Chromlion zugedacht hatte. Eine Magd im Hause der Fallwas sollte sie nach seinen Vorstellungen werden. Latrinen leeren, die Ställe ausmisten und Stiefel putzen, bis sie ob all der schweren und als nieder betrachteten Tagearbeit müde auf ihr Lager sinken würde. Hernach käme der Lordmaster und würde sich – ungeachtet ihrer Erschöpfung und der tiefen Abneigung, die sie gegen ihn hegte – über sie hermachen, um seine Lust an ihrem Leib zu befriedigen, als wäre sie eine Sklavin oder eine billige Hure, für die er einem schmierigen Händler ein paar Anunzen bezahlt hatte. Elischa hatte seine begehrlichen Blicke wohl bemerkt. Er hatte sie mit seinen Blicken ausgezogen. Lediglich die ständige Gegenwart des Gefäßes hatte ihn bislang von Übergriffen abgehalten. Eine eigenartige Situation, fürchtete sie doch das Gefäß beinahe noch mehr als Chromlion. Aber wie lange würde die Anwesenheit der Schattengestalt sie noch vor Chromlion schützen? Hatten sie das Haus der Fallwas erreicht und das Gefäß seine Aufgabe erfüllt, würde sich der Lordmaster gewiss nicht mehr zurückhalten. Sie war aus dem Haus der heiligen Mutter vor Chromlion geflohen. Obwohl er ein Bewahrer und sie immer noch eine Orna war, hatte sie ihre Unantastbarkeit der heiligen Orna in seinen Augen durch ihre Flucht verwirkt und war fortan zum Freiwild für ihn geworden.
    Seit Beginn der Reise im ewigen Eis befand sie sich in seiner und in der Gewalt des Gefäßes, dieser erstaunlichen Gestalt der Dunkelheit, die behauptete, Boijakmars zweites Ich zu sein. An eine Flucht war nicht zu denken. Die beiden Männer waren aufmerksam und passten abwechselnd auf sie auf, damit sie ihnen nicht entwischen konnte. Vielleicht hätte sie sich während der Fahrt auf See über Bord

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