Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
Wächters angeleuchtet wurde und Schatten an die Wand warf. Er starrte mit glasigen Augen in die Kammer und war offensichtlich angetrunken. Elischa konnte seinen nach Wein stinkenden Atem auf einige Fuß Entfernung bis zu ihrer Lagerstätte riechen. Sie wusste sofort, wonach ihm der Sinn stand. Das war unschwer zu erkennen und ihr während der Reise durch seine Blicke und die ständigen Bemerkungen nicht entgangen. Hatte er sich wegen des Gefäßes noch zurückgehalten, war dies in seiner Burg nicht mehr zu erwarten. Ihr schrecklichster Albtraum nahm Gestalt an und sie konnte nichts dagegen ausrichten.
»Sch… sch… schließt die … Tüüür … v… v… v… von außen und lasst mich mit ihr alleine«, lallte er zu den Wachen gewandt, während er sich mit der Zunge über die Lippen leckte.
Die Tür fiel krachend ins Schloss und Elischa hörte, wie die Riegel vorgeschoben wurden. Chromlion hatte noch keinen weiteren Schritt in die Kammer getan, stand wankend mit dem Rücken zur Tür und hielt sich mit einer Hand am inneren Türbogen fest. Er musterte sein Gegenüber, zog sie mit Blicken aus. Lediglich mit einem schwarzen Umhang bekleidet riss er sich diesen von den Schultern und ließ ihn zu Boden fallen. Entblößt und höchst erregt stand er breitbeinig vor Elischa.
»Ich h… h… halte meine Versprechen, Weib«, sagte er zu Elischa mit schwerer Zunge, »du gehörst mir. Die einzigen Horas, die du in meiner Burg genießen wirst, werden diejenigen sein, in denen ich dich besteige.«
Schweren Schrittes wankte er auf die Orna zu, die sich wie ein in die Enge getriebenes Tier in einer Falle fühlte, aus der es kein Entrinnen gab. Sie konnte nicht weiter zurückweichen. Chromlion ließ sich mit einem Seufzer neben ihr auf das Stroh sinken und packte sie mit kräftigen Armen und warf sie grob auf den Boden. Es hatte keinen Zweck, sich gegen den Bewahrer zur Wehr zu setzen. Chromlion war zu stark, und sie fürchtete sich vor seinem Jähzorn, der unkontrollierten Gewalt und den Schmerzen, die er ihr antun konnte. Sich mit dem ganzen Gewicht seines nackten Körpers auf sie legend, drückte er sie nieder und begann ihr die Kleider ungeschickt vom Leib zu reißen. Seine Lippen suchten die ihren. Er roch nach abgestandenem Schweiß und saurem Wein. Angewidert drehte Elischa den Kopf weg, versuchte seinen nassen Küssen zu entgehen und ihn mit den Händen von sich zu stoßen. Er packte ihre Handgelenke und drückte ihre Arme unsanft über ihren Kopf.
»Nein, nein, nein«, war das einzige Wort, das ihre Gedanken bestimmte.
Sie schauderte, als seine Zunge gierig über ihren Hals glitt und er dicht an ihrem Ohr zu stöhnen begann. Während sich der Fürst an ihr zu schaffen machte, versuchte sie sich abzulenken. Aber es wollte ihr nicht gelingen, an etwas anderes zu denken oder in Gedanken an einen Ort zu wandern, an dem sie sich glücklich und in Sicherheit fühlen durfte. Stattdessen war sie den Erniedrigungen und der Gewalt des Fürsten ausgesetzt, der ihr jede Hoffnung genommen hatte. Sie war zutiefst verzweifelt und schämte sich. Aber wofür? Sie sah Madhrabs Bild vor sich und fühlte sich schuldig, weil sie sich plötzlich wie eine Verräterin vorkam.
Ich werde ihm nie wieder in die Augen sehen können. Aber etwas ist falsch daran. Vollkommen verkehrt. Fürst Chromlion ist es, der sich statt meiner schämen müsste, dachte Elischa.
Tränen rannen über ihr Gesicht, als der Fürst in sie eindrang und sich nur wenig später mit einem Schrei der Befreiung in ihr entlud. Er hatte sie verletzt und sie fühlte sich von seinen Berührungen zutiefst beschmutzt. Chromlion tätschelte ihr Gesicht zufrieden lächelnd wie einem Pferd, das ihn ans Ziel eines Rittes gebracht hatte. Er stand abrupt auf, packte seinen Umhang, pochte mit den Fäusten an die Tür und verließ die Kammer, nachdem diese prompt für ihn geöffnet worden war.
Wenigstens für einige Horas würde sie nicht mehr belästigt werden, auch wenn sie in jener Nacht keinen Schlaf fand und sich, bis sie von Acerba abgeholt wurde, zitternd und schluchzend im Weinen vergaß. Elischa war verloren.
Das Gefäß hatte die Burg der Fallwas am frühen Morgen verlassen. Der Fürst hatte ihm aus Dankbarkeit für seine Befreiung und die Übergabe von Elischa ein Pferd aus den Ställen und reichlich Proviant mit auf die Reise mitgegeben.
»Tötet Madhrab für mich«, hatte Chromlion der Schattengestalt als letzte Worte mit auf den Weg gegeben.
»Wir werden sehen«,
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