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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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sich in den vergangenen Sonnenwenden prächtig entwickelt und wies inzwischen sogar einen befestigten Hafen auf, in welchem zahlreiche bunt bemalte Fischerboote – große wie kleine – mit roten, grünen, weißen und schwarzen Segeln angelegt hatten und ihre frische, teils noch lebendige Ware ausluden. Netze und Segel wurden geflickt, Taue ausgebessert und die Decks blank geschrubbt. Im Hafen ging es jeden Tag geschäftig zu.
    Von einem Fischer und seiner Frau unmittelbar nach dem Ende der Zeit der Dämmerung gegründet, hatte sich das Dorf, aufgrund seiner günstigen Lage, der angenehmen Wärme über die ganze Zeit des Laufs einer Sonnenwende hinweg und des Fischreichtums an Zahl und Arten in den Gewässern vor der Küste, schnell zu einem beliebten Ort entwickelt, an dem es für die auf der Suche nach einer neuen Heimat befindlichen Nno-bei-Klan lohnte, sich niederzulassen und ein neues Leben zu beginnen. Hier, dachten sie, würden sie die Schrecken des Krieges, der Seuche und der Dämmerung endlich vergessen können. Hütten und Wege wurden gebaut und das umliegende Land für die Viehzucht, den Anbau von Früchten und Getreide erschlossen. Die Siedler waren den Kojos für die ihnen erwiesene Gnade sehr dankbar und hatten ihnen daher einen Tempel aus Holz erbaut, dessen Außenwände sie weiß getüncht hatten. Der Tempel hob sich mit einem nach oben spitz zulaufenden, rot gestrichenen Turm, der von einem mit einer hüfthohen Brüstung umgebenen Balkon umspannt war, von den übrigen Hütten und Häusern des Dorfes in der Höhe und seinen Ausmaßen deutlich ab.
    Es war eine große Ehre für die zahlreichen Fischer, dass sich die Praister ausgerechnet in ihrem Dorf niedergelassen und den Tempel offenbar zu ihrem Hauptsitz auserkoren hatten. Natürlich wussten sie nicht, dass der oberste Praister Thezael seinen Sitz im Kristallpalast aufgeben musste und zuvor durch den Regenten Jafdabh – auf Wunsch von dessen Gattin Raussa – mitsamt den ihm treu ergebenen Praistern aus Tut-El-Baya verjagt worden war. Es hatte sich auch noch nicht bis ins Dorf herumgesprochen, dass die Praister bei einigen Fürstenhäusern in Ungnade gefallen waren. Das fernab vom Trubel der in der Folgezeit erneut aufblühenden Hauptstadt weit im Süden gelegene Fischerdorf kam den Praistern daher sehr gelegen, sich zu sammeln und neue Pläne zu schmieden.
    Besonders stolz waren die Klan des Dorfes aber auf eine als wagemutig bekannte Frau, die eines Tages mit ihrem Boot – marode Nussschale wäre der wohl treffendere Begriff für das Boot gewesen, das aufgrund zahlreicher kleinerer Lecks regelmäßig mit Wasser volllief – in den Hafen gesegelt kam und sich für eine Weile im Dorf aufgehalten hatte, um ihre Wunden versorgen und die Löcher im Bootsrumpf stopfen zu lassen. Aufgrund von Speeren, Seilen, der Haut eines großen Moldawars und dessen Gebiss an Bord wurde sie fortan als Moldawarjägerin und Beschützerin der Fischer bezeichnet. Sie blieb für immer, nachdem ihr die Dorfbewohner eine Hütte gebaut, ein Fest zu ihren Ehren ausgerichtet und ein besseres Boot versprochen hatten. So war das Fischerdorf um eines jener höchst seltenen Exemplare reicher geworden, die sich im Angesicht ihres eigenen Todes in die Fluten auf den Rücken eines Moldawars stürzten, um sich mit diesem Auge in Auge einen Kampf auf Leben und Tod zu liefern. Warum sie dies immer wieder leidenschaftlich wagten, konnten die Moldawarjäger niemandem erklären. Nicht einmal sich selbst.
    Ihre Anwesenheit verhieß dem Dorf jedoch Sicherheit, die sie lange vermisst hatten. Dies hatte sich rasch in der Gegend unter den Flüchtigen herumgesprochen und bald weitere Siedler angelockt. In den Gewässern vor der Küste tummelten sich hin und wieder einige Moldawars, die den Fischern das Leben schwer und das Fischen gefährlich machten. Kam ein solcher Moldawar vor der Küste in Sicht, wurde die Jägerin gerufen, ihr Werk zu verrichten. Erst danach wagten sich die Fischer hinaus auf die hohe See, ihre Netze für einen fetten Fang auszuwerfen.
    Ein immer gern gesehener Gast im Hafen des Dorfes war das Handelsschiff Gayaha, das unter der erfahrenen Führung des Skippers Murhab schon viele Sonnenwenden entlang der Küsten des Ostmeeres über das offene Meer bis nach Eisbergen segelte und stets nützliche Waren und wertvolle Gegenstände im Tausch gegen geräucherten Fisch, Moldawarhäute und Lebensmittel anzubieten hatte. Das vergleichsweise große Segelschiff hatte einen eigenen

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