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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Fürstenhaus Alchovi war nicht gefragt worden. Corusal hätte eine solche Wahl ohnedies abgelehnt.
    Wahrscheinlich hätte Fürst Alchovi recht behalten, als er uns schon vor geraumer Zeit im Rat der Fürsten davor warnte, Raussa die Nachfolge des Regentensitzes anzuvertrauen und dafür eintrat, den Sitz an eine andere Fürstenfamilie zu vergeben. Wir hätten ihn frühzeitig in die Frage der Nachfolge einbeziehen sollen «, dachte Thezael mürrisch. »Welch seltsame Ironie des Schicksals! Wie konnte ich mich von ihr täuschen lassen? Sie ist wie ihr Vater. Sturköpfig, herrisch, ohne Sinn und Verstand und manchmal doch brillant. Das Feiern wird bald zur Sucht bei ihr. Vergnügen, pah … sie sucht nichts als Vergnügung und Ablenkung. Und die dämlichen Höflinge küssen ihr die Füße dafür.
    Tatkräftig unterstützt wurde Raussa von einem Gaukler, der vor Ausbruch der Seuche nach Tut-El-Baya gelangt war und die Aufmerksamkeit der Regententochter während einer Veranstaltung am Marktplatz erregt hatte. Der kleinwüchsige Klan mit den krummen Stummelbeinen war dem Praister von Anfang an ein Dorn im Auge. Er übte keinen guten Einfluss auf die Regententochter aus. Als er den im Kreis herumspringenden und dabei laut grölenden Irrwisch im Saal erblickte, bildete sich eine Zornesfalte auf der Stirn des Praisters und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Dieser Wahnsinn musste ein Ende haben. Der Gaukler musste verschwinden.
    »Er ist eine Plage«, murmelte Thezael leise, »schlimmer noch als die Geißel der Schatten, die uns heimsucht.«
    Eine zu kleine Flickenmütze mit sieben Zipfeln in jeweils anderen Farben und mit je einem Goldglöckchen abgesetzt, zierte das Haupt des Narren, wodurch sein Kopf überdimensional groß wirkte und ihm ein insgesamt groteskes Aussehen verlieh. Bewegte er seinen Kopf hin und her, klang jedes der Glöckchen für sich verschieden hell. Unter der Mütze ragten rote Locken hervor, die aber bereits mit grauen Strähnen durchzogen waren, und sein flaches Kinn schmückte ein langer grauer Ziegenbart; dies stand jedoch im Gegensatz zu seinen wachen, grauen Augen und dem kantig geschnittenen, noch faltenlosen Gesicht, in dem eine große rote, vom Weingenuss mit blauen Äderchen durchzogene Knollennase prangte. Gewiss musste der missgestaltete Zwerg mittleren Alters sein, überlegte Thezael. In dem Mund des Zwergs herrschte gähnende Leere, denn lediglich drei gelbbraun, fleckige Zähne – einer oben, zwei unten – steckten in dem rot entzündeten Zahnfleisch. Es grenzte an ein Wunder, dass diese noch nicht ausgefallen waren. Das beinahe zahnlose Sprechen verlieh seinen Vorträgen eine ganz besondere Note des Irrsinns.
    Der Narr hatte sich einen schäbigen Mantel über das ebenfalls aus Flicken bestehende Unterkleid geworfen, der für seine Körpergröße schlicht viel zu groß wirkte. Durch die zu kurz geratenen Beine, die ihm einen einer Ente auf Landgang nicht unähnlichen Watschelgang verliehen, befand der ein oder andere Klan den Schausteller des skurrilen Humors tatsächlich für lustig.
    An den Füßen trug der Narr durchgelaufene Sandalen, die den Blick auf zu lange, nach unten gebogene Fußnägel zuließen, unter denen sich der Schmutz dauernder Wanderschaften wohl über Sonnenwenden hinweg gesammelt hatte. Die Hände sahen kaum besser gepflegt aus. Erst kurz vor dem Tod des Regenten vor einigen Monden zusammen mit einer Gruppe anderer Gaukler nach Tut-El-Baya gekommen, die sich auf den Festen ein paar Handvoll Anunzen mit ihren Künsten verdienen wollten. Die Einwohner der Stadt hatten als freigiebig gegolten, wenn ihnen eine Darbietung gefallen hatte. Während der meisten Feierlichkeiten war es in der Hauptstadt der Klan oft fröhlich zugegangen. Die ausgelassene Stimmung hatte den Gauklern zu guten Geschäften, Applaus und Anerkennung verholfen. Davon ließ es sich über längere Zeit gut leben. Das hatte sich in den Klanlanden herumgesprochen, was wiederum im Lauf der Zeit immer mehr Sänger, Geschichtenerzähler, Zauberkünstler und Artisten in die Stadt gelockt hatte, die sich dann um die besten Plätze für ihre Darbietungen stritten. Meist war nicht auf die Qualität der Vorstellungen geachtet worden. Hauptsache, das Publikum wurde bestens unterhalten, wobei die Geschmäcker vielfältig waren und es daher oft nicht allzu schwer war, eine ausreichende Zahl an begeisterten Zuschauern zu bekommen, die bereitwillig ein paar Anunzen springen ließen. Die meisten seiner

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