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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Chromlion, Elischa und Madhrab zusammenhängen. Trachtete sie dem jungen Lesvaraq nach dem Leben, waren auch Madhrab und Elischa in großer Gefahr. Am Schicksal des Bewahrers Chromlion zeigte sie jedenfalls ein reges Interesse.
    Die Gestalt wartete, bis Chromlion und die Eiskrieger außer Sicht waren. Sie sah sich vorsichtig um, reckte die Nase in die Höhe und sog die Luft tief ein. Sie hatte einen Duft wahrgenommen, der ihr gefiel. Sofort setzte sie sich lautlos in Bewegung. Es war die Richtung, in der sich Elischas Kammer befand.

D IE G EISTERSTADT
    I n den Gassen von Tut-El-Baya war Ruhe eingekehrt. Eine trügerische Ruhe, die den Einwohnern eine Auszeit gönnte, bis der nächste Sturm losbrach. Das geschah jeden Tag, sobald sich der Tag zur Nacht verabschiedete, wenngleich der Unterschied zwischen den Zeiten kaum merklich war. Ein wenig dunkler war die Nacht und die Einwohner fürchteten sich vor den Schatten, die des Nachts durch die Straßen zogen und nach Sterbenden Ausschau hielten, die sie mit sich in ihr Reich nehmen konnten. Thezael, der oberste Praister, hatte die Schatten während der Bestattungszeremonie für den einstigen Regenten Haluk Sei Tan und den Fürsten Fallwas nach Tut-El-Baya gerufen. Jedenfalls gab ihm die Mehrheit der Einwohner der Stadt die Schuld an dieser Misere. Ob sie mit der Annahme richtiglagen, war nicht beweisbar. Das brauchten sie auch nicht, denn am Ende war es gleichgültig, ob der Praister die Schatten gerufen hatte oder diese mit der Seuche gekommen waren. Das Ergebnis war in jedem Fall fatal. Der Tod wandelte in der Gestalt eines durch die Geißel der Schatten Verseuchten durch die Stadt und berührte jeden, der ihm zu nahe kam oder den er sich als Opfer auserkoren hatte.
    In einer Sache hatten die Einwohner allerdings recht, Thezael war es, der die Barbarei der Inquisition mitsamt ihren Foltermethoden zurückgebracht hatte und sich das Wohlwollen der Kojos mit dem Blutopfer lebender Klan erkaufen wollte. Seit dem abrupten Ende der Bestattung, die in einer Massenpanik und vielen Toten und Verletzten geendet hatte, war Thezael nicht mehr in die Stadt gegangen, um sich sehen zu lassen und den Segen der Kojos zu verkünden. Stattdessen hatte er sich im Kristallpalast mit seinem Gefolge, den Hinterbliebenen der Regentenfamilie, dem Hofstaat und der gesamten Dienerschaft eingeschlossen. Die Gartenanlagen blieben für Besucher geschlossen. Vielleicht fürchtete sich Thezael vor dem Bild, das sich ihm in der Stadt bieten würde. Sämtliche Zugänge zum Palast waren abgeriegelt worden. Schwer bewaffnete Krieger bewachten den Palast weiträumig und ohne Unterlass bei Tag und Nacht. Sie wurden von Bogenschützen unterstützt, die erhöht in jüngst errichteten Holztürmen saßen und jeden erschossen, der die Markierung der dichten Abwehr überschreiten wollte oder den patrouillierenden Wachen zu nahe kam. Niemand kam rein, keiner kam raus. Zeigte eine Wache auch nur leichte Anzeichen der Seuche, wurde sie sofort entwaffnet, aus dem Dienst entlassen und augenblicklich in die Stadt gejagt.
    Tut-El-Baya hatte sich verändert. Aus der einst vor Leben blühenden Regentenhauptstadt war eine Stadt der Geister geworden. Dort, wo einst Gaukler die Marktplätze zierten und ihre Kunststücke darboten, schwelten halb verkohlte Leichenhaufen. Der Wind, der regelmäßig zur Abenddämmerung auffrischte und seit der Zeit der Dämmerung fast ständig in gleicher Stärke blies, trug die Asche der Toten durch die Stadt und färbte die weiß getünchten Häuser schwarz.
    Dort, wo einst singende und fröhlich tanzende Klan während ihrer Feste und Feiern durch die Straßen zogen, lauerten Plünderer auf ihre Beute. Sie hatten sich aus der Not zu Banden zusammengeschlossen, um im Chaos der Seuche und der Dämmerung zu überleben. Vorratskammern und Geschäfte waren geplündert, Schätze aus Häusern entwendet, Frauen und Kinder entführt worden. Wer nicht aus freien Stücken gab, wurde mit Gewalt gezwungen oder getötet. Dort, wo einst Musik zum Tanz aufspielte, ertönten in den langen Nächten die qualvollen Todesschreie der Sterbenden. Das Stöhnen der Siechen und Kranken durchzog die Gassen, als läge Tut-El-Baya im Todeskampf. In den Straßen regierte der pure Wahnsinn. Wer sich nicht mit der Seuche angesteckt hatte, wurde von den Kranken aus Neid, Hass oder Hunger gejagt. Entweder die Gesunden wurden auf diese Weise ebenfalls mit der Seuche infiziert oder wurden getötet und landeten sofort in den

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