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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Geheimen zu überleben und gelegentlich Angriffe gegen die ihnen inzwischen verhasst gewordenen Klan zu führen.
    Das verlorene Volk der Nno-bei-Maja sollte, den unglaublichsten Legenden über ihr Verschwinden folgend, gemeinschaftlich unter der Führung seiner Königin den Gang zu den Schatten angetreten haben. Es galt seither als verschollen.
    Die Burnter allerdings verschwanden so, wie sie einst nach Ell gekommen waren. Erhoben aus Steinen und Erde verschmolzen sie mit den Felsen, aus denen sie einst geboren waren, und wurden selbst wieder Teil des Steins. So waren die Steingräber im Riesengebirge zur letzten Ruhestätte der Burnter geworden.
    Nur für kurze Zeit war noch einmal Hoffnung unter den Völkern der Altvorderen aufgekeimt. Es war die Zeit der Sonnenwenden gewesen, in denen Quadalkar die Klanlande mit seinem vernichtenden Rachefeldzug überzogen und sich am Ende gegen die Saijkalrae selbst gewandt hatte. Doch alle Hoffnung starb spätestens in jenem Moment, als Quadalkar vom Fluch der Brüder getroffen worden war. Rasch hatte sich die bittere Erkenntnis eingestellt, dass der Bann des ewigen Schlafes den schleichenden Entzug der Macht und die Konzentration der Magie auf die Saijkalrae noch verstärkt hatte. Die Niederlage vor Augen hatten die Altvorderen schließlich alle Gegenwehr aufgegeben, retteten, was immer sie noch für ihr Überleben sichern konnten, und zogen sich endgültig zurück. Jedes der magischen Völker auf seine ihm eigene Weise.
    Es hatte einige Tage gedauert, bis sich Prinz Vargnar aus dem Felsen gelöst hatte und vollständig zum Leben erwacht war. Er streckte Arme und Beine aus, prüfte sorgfältig jeden Finger und Zeh auf seine Beweglichkeit. Mit dem Ergebnis zufrieden machte er sich für den Abstieg bereit. In einer Nische im Felsen kramte er einen ledernen Mantel hervor, den er mithilfe von eisernen Ringen und in das Leder eingelassenen Ösen an Armen und Beinen befestigte.
    Auf Zehenspitzen stellte sich der Felsgeborene an die vorderste Kante des Vorsprungs, lehnte sich vornüber und blickte entlang der Felswände senkrecht in die Tiefe. Ein Gefühl der Erhabenheit und Freiheit durchströmte seinen Körper, als er den nicht enden wollenden Abgrund vor sich erblickte. Ein Kribbeln, als liefen tausend Spinnen über die Haut, ließ ihn das Leben und die freudige Erregung vor dem Sprung spüren. Dreißigtausend Fuß steil abfallende Felswände waren es bis zum mit dichtem Nebel überzogenen Boden. Der Prinz war in der Lage, den Nebel mit seinen Augen zu durchdringen. Nirgends auf Ell waren die Berge so hoch und die Wände so steil wie im Riesengebirge.
    »Der eisige Norden mit seinen schwindelnden Höhen hat seine ganz eigenen Vorzüge«, dachte Vargnar bei sich, während sich die Erregung vor dem Kommenden auf seinen Körper ausbreitete.
    Kein Normalsterblicher vermochte solche Höhen zu erklimmen und einen Aufenthalt gar zu überleben. Die meisten wagemutigen Kletterer mussten bereits nach der Hälfte des Weges zum Gipfel entkräftet und unter Atemnot aufgeben, wenn sie bis dahin nicht bereits der Wind von den Wänden gerissen hatte, der meist ungehemmt und in Sturmstärke über die Felsformationen fegte.
    Vargnar breitete die Arme aus und stieß sich mit den Füßen ab. An der Unterseite der Arme über die Hüfte bis zu den außen liegenden Fußknöcheln entfaltete sich, aus einem Stück gefertigt, die Lederhaut, die ihm Schwingen verlieh und ihn aus der Entfernung wie einen Drachen oder eine zu groß geratene Fledermaus wirken ließ.
    Eine kräftige Windböe erfasste seinen Körper, griff unter die gespannte Flughaut und trug ihn ein Stück in die Höhe, spielte mit dem Felsgeborenen, warf ihn hin und her, als habe sie seit Ewigkeiten auf den Sprung des Prinzen gewartet. Er ließ den Wind gewähren, der ihn mit sich riss, höher und höher hinaustrug, als wolle er ihm den höchsten Gipfel auf Ell zeigen.
    Der Prinz freute sich über die stürmische Begrüßung der Naturgewalt, die ihn mit jeder Berührung spüren ließ, dass er wieder lebte und wie eh und je eng mit ihr im Einklang stand. Nach einer Weile des ungezügelten Auftriebs beendete Vargnar das fröhliche Spiel, indem er sich, Beine und Arme anziehend, zu einer Kugel zusammenrollte und dem Wind somit die notwendige Angriffsfläche entzog. Wie ein massiver Felsblock stürzte der Prinz plötzlich in die Tiefe, wurde schneller und schneller, bis er nach wenigen Fuß die höchstmögliche Fallgeschwindigkeit erreicht hatte.

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