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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Angebot besteht … überlege es dir wohl …«, riefen ihm die Schatten nach und verblassten.
    Außer Atem stand Madhrab vor dem Jungen und starrte diesen entgeistert an. Der Junge setzte die Flöte ab und erwiderte den Blick.
    »Was ist geschehen? Wart Ihr erfolgreich?«, fragte Madsick.
    »Du hattest recht«, keuchte Madhrab, während er die Luft in seinen Lungen stoßweise ausblies und zischend wieder einsog. »Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Wir sollten in Zukunft vorsichtiger sein. Und Madsick …wappne dich, denn sie wollen dich haben. Soweit ich das vermag, werde ich dich schützen. Versprich mir, dass du ihnen keine Gelegenheit bieten wirst. Sonst kann ich dir nicht helfen.«
    Der Junge blickte betroffen auf den Boden. Er hatte die Schatten nicht tanzen lassen wollen. Das war Madhrabs Idee gewesen. Madsick und Madhrab kamen überein, dass sie das Erlebte für sich behalten und auch in Zukunft nicht mehr darüber reden würden.
    In den folgenden Tagen waren sie damit beschäftigt, den wenigen Überlebenden zu helfen. Sie entfernten die Mahnmale und bestatteten die Opfer des Winters. Was zerstört worden war, wurde wieder aufgebaut, so gut es eben ging. Obwohl die Dorfbewohner ihrem einstigen Helden dankbar waren und er sich nach Kräften bemühte, fühlte er sich in seiner Haut nicht wohl. Die Arbeiten gingen Hand in Hand, aber die Klan zeigten sich wortkarg. In ihren Blicken lag Traurigkeit, und ihn beschlich das Gefühl, dass sie ihn insgeheim für das Geschehene verantwortlich machten.
    »Erwarte nicht zu viel, Madhrab«, eröffnete ihm ein in Kalayan ansässiger Bergbauer, der einst eng mit seinem Vater befreundet war. »Der Winter war hart und die Eindrücke des Terrors sitzen tief. Was geschah, wird niemals vergessen werden. Du warst nicht da, als wir dich brauchten. Wir wissen wohl, dass du nichts dafürkannst und auf der Flucht warst. Wie hättest du uns da helfen sollen? Und, vergiss das nie, du bist und bleibst einer von uns. Niemand macht dir einen Vorwurf und dennoch hängt all das Elend mit dir zusammen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn du nie mehr nach Kalayan gekommen wärst. Das hat sich im Bewusstsein der Kalayaner eingeprägt und wird sich nicht mehr ändern. Es tut mir leid, dass es so weit kommen musste. Zieh bald weiter. Solange du in Kalayan verweilst, bleibt die Erinnerung an die Bewahrer und ihren Schrecken wach.«
    »Aye«, nickte Madhrab und legte dem Bauern eine Hand auf die Schulter, »ich verstehe und danke dir für die offenen Worte. Du warst Vaters Freund und wirst gewiss sehen, dass ich nichts Schlechtes im Sinn hatte. Ihr liegt mir am Herzen, genauso wie es meine Familie tat, die nun tot ist.«
    »Ich weiß, Madhrab. Suche nach deiner Schwester in Tut-El-Baya. Wir haben lange nichts mehr von ihr gehört. Aber vielleicht lebt sie noch. Für deine kleine Schwester indes besteht keine Hoffnung mehr. Das ist schrecklich. Uns alle haben Krieg und Katastrophen schwer gezeichnet. Wir haben Familie, Freunde und Klan verloren, die wir liebten. Nun müssen wir von vorn beginnen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.«
    »Aye, das ist wahr, auch wenn es momentan schwerfällt, sich daran festzuhalten«, meinte Madhrab.
    »Glaube an das Gute, dann wird es eintreten. Da fällt mir ein, die Pferde, die du mitbrachtest, wurden am Leben gelassen. Sie stehen in meinem Stall und sind trotz wenig Futter bei guter Gesundheit und frohen Mutes.«
    »Das ist eine gute Nachricht«, freute sich Madhrab und umarmte den Bauern. »Lebe wohl. Ich werde alles für meinen baldigen Aufbruch vorbereiten. Wann immer ihr mich brauchen solltet, lasst nach mir schicken.«
    Najak und Feera wieherten freudig und scharrten mit den Hufen, als sie den Bewahrer erblickten. Der Lordmaster erkannte auf den ersten Blick, dass die Tiere dringend Bewegung und gutes Futter brauchten. Ihr Fell glänzte zwar, aber an den Flanken zeichneten sich deutlich ihre Rippen ab. Während eines Rittes durch die Klanlande würde er die Pferde schonen und langsam an die Ausdauer heranführen müssen. Schweren Herzens packte er seine Sachen in einem Bündel zusammen. Nur wenige Erinnerungsstücke an seine Familie waren geblieben. Ein stählerner Ring seines Bruders, die Kette seiner Mutter, eine aus Holz geschnitzte Haarspange der Schwester und das Lederarmband des jüngsten Bruders. Madhrab wusste nicht, was er mit den Habseligkeiten anfangen sollte. Die meisten der übrig gebliebenen Besitztümer verschenkte er an die

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