Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
Gemeinschaften bilden sich, und du wirst sehen, dass die Sonnen scheinen und das Land in einigen Sonnenwenden wieder lächeln wird.«
»Das habt Ihr schön gesagt, mein Herr. Wenn ich denn nur daran glauben könnte!«
»Du musst daran glauben, Madsick. Sonst verzweifelst du. Die Hoffnung ist es, die uns die Stärke, durchzuhalten, gibt. Schon immer gab es Schlachten, in denen Klan gefallen sind. Ich habe es in den Grenzkriegen erlebt. Das ist der Kreislauf des Gleichgewichtes, das sich mal auf die eine, mal auf die andere Seite verschiebt. Es gab Katastrophen und sogar die Geißel der Schatten tobte nicht zum ersten Mal über das Land. Quadalkar verwüstete der Legende nach in seinem Zorn mehr als die Hälfte der Klanlande. Die Lesvaraq kämpften in ihrem Ringen um Macht und zur Wahrung des Gleichgewichtes und zerstörten ganze Landstriche. Doch immer standen die Klan wieder auf. Sie begannen neu und wurden oft stärker als zuvor.«
»Findet Ihr nicht, dass es die Klan dieses Mal schlimmer getroffen hat? Es könnte der Todesstoß für unser Volk gewesen sein.«
»Hätten die Rachuren den Krieg gewonnen, wäre dies das Ende der Klan gewesen, dessen bin ich mir sicher. Aber die Klan leben noch. Viele von ihnen fristen ihr Dasein in den Brutstätten der Rachuren. Vielleicht sollten wir bis nach Krawahta vorstoßen und sie von dort befreien. Und denke an Eisbergen. Überall wirst du auf Überlebende stoßen. Sie sind über die ganzen Klanlande verstreut und werden sich sammeln.«
»Woher nehmt Ihr Euren Optimismus, Herr? Nach allem, was Ihr erlebt habt?«, fragte Madsick.
»Ich bin ein Bewahrer, mein Junge. Und ich lebe. Ich überstand die Grenzkriege, schlug mich in der Schlacht gegen die Rachuren, entkam der Folter deines Vaters, entfloh der Gefangenschaft des Verlieses, habe die Verfolgung, die Seuche und den Winter überlebt. Du reitest neben mir und solltest ebenso denken.«
Der Junge schüttelte den Kopf. Nach Madsicks Dafürhalten verkannte der Lordmaster die aussichtslose Lage, obwohl er sie jede Sardas um sich spüren und sehen konnte. In den Klanlanden regierten die Schatten und die Dunkelheit. Das musste doch selbst ein Bewahrer erkennen.
Nach langen dunklen Tagen und noch dunkleren Nächten erreichten sie ein Gehöft. Madhrab hatte Madsick erklärt, dass sie es nicht mehr weit bis zum Haus des hohen Vaters hatten. Je näher sie dem Gehöft allerdings gekommen waren, desto ruhiger und zurückhaltender war der Lordmaster geworden. Es kam Madsick so vor, als befürchtete Madhrab das Schlimmste und würde den Hof lieber meiden, als sich zu vergewissern, ob sie dort auf Leben trafen. Vor dem Haus stießen sie auf ein Steingrab, dessen Steine teils heruntergerissen worden waren. Am Kopfende des Grabes hatte jemand ein Schwert in den Boden gesteckt, das nun wie eine Warnung schief dastand. Die Tür zum Haus stand offen, hing halb herausgerissen in den Angeln und wies deutliche Kratz- und dunkle Blutspuren auf, die sie trotz der schlechten Lichtverhältnisse erkennen konnten. Es war still und dunkel im Haus. Vorsichtig glitt der Bewahrer vom Rücken Najaks und gebot Madsick, auf Feera sitzen zu bleiben und sich für eine rasche Flucht bereitzuhalten. Er entzündete mithilfe zweier Feuersteine eine Fackel aus ihrem Gepäck und betrat das Haus mit gezücktem Blutschwert. Was ihn dort erwartete, stimmte ihn alles andere als froh. Ein Kampf hatte getobt. Die Möbel waren umgeworfen und größtenteils zerstört worden. Geschirr lag in viele Stücke zersprungen auf dem Boden und der massive Topf über der Feuerstelle war umgekippt. Überall auf den Wänden und dem Boden befanden sich Spuren von Blut. Eine Axt steckte mit der Klinge, an der noch Haarbüschel klebten, tief in der Wand. Was immer sich hier ereignet hatte, musste sich bereits vor einigen Tagen abgespielt haben. Madhrab wunderte sich, dass er nicht auf Verletzte oder tote Körper stieß. Von Sorgen geplagt durchsuchte er panisch jeden Winkel des Hauses und fand nichts. Er zermarterte sich den Kopf, welche Entdeckung er soeben gemacht hatte. Waren dies die sichtbaren Folgen eines mörderischen Verbrechens an einer Familie? Hatten Plünderer und Mörder das Gehöft seines Freundes ausgeraubt und die Familie Gwantharabs getötet oder verschleppt? Hatte er erneut versagt? Er hatte Gwantharab im Todeskampf versprochen, dessen Familie zu schützen und für sie zu sorgen. Allem Anschein nach war ihm dies abermals nicht gelungen. Er war zu spät gekommen, wie
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