Kryson 04 - Das verlorene Volk
meine Lungen, breitete sich von dort unaufhaltsam aus und erfüllte augenblicklich Körper und Geist. Zu meinem Entsetzen fühlte sich die Dunkelheit eiskalt und überraschend schmerzhaft an. Dabei hatte ich angenommen, es wäre eine Wohltat, die dunkle Magie aufzunehmen. Ich wollte schreien, Kallahan um Hilfe bitten, brachte aber keinen Ton heraus. Zuerst dachte ich, die aufsteigende Kälte, die bald mein Herz erreichte, lähme meine Sinne und ich hätte einen schwerwiegenden Fehler begangen. Konnte ich mich geirrt und die Macht der Nno-bei-Maya unterschätzt haben? Doch obschon ich fürchterlich fror und am ganzen Leib zitterte, blieb ich in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. So schmerzlich die eindringende Magie wirken mochte, ich gewöhnte mich an das Gefühl. Statt der erwarteten Lähmung und des befürchteten Absturzes, spürte ich das plötzliche Erstarken der schon als verloren geglaubten Kräfte.
Bald waren Sturm und Wolken verschwunden und wir hatten wieder freie Sicht auf Kartak, in deren Mitte sich ein gigantischer Vulkan erhob, dessen Hänge dicht mit Bäumen und Büschen bewachsen waren. Kallahan hatte sich wieder gefangen und warf mir einen bedeutungsvollen und erleichterten Blick zu. Der treue Gefährte war dankbar, aus der misslichen Lage befreit worden zu sein. Dabei war ich ihm diesen Gefallen mehr als schuldig.
Die dichte Bewaldung war ein deutliches Zeichen dafür, dass der Vulkan seit langer Zeit nicht mehr ausgebrochen war. Seit dem letzten Ausbruch hatte sich der Urwald um den Vulkan bis zum Kraterrand ungehindert ausbreiten können und bot zahlreichen, auf dem Festland selten anzutreffenden,gefährlichen wie harmlosen Tieren Schutz und Nahrung im Überfluss. Der bis kurz unter den Rand mit Wasser gefüllte Krater war unser eigentliches Ziel. Wir konnten unmöglich fliegend dorthin gelangen. Die Überwindung des um die gesamte Insel von den Maya aufgebauten, unsichtbaren Schutzwalles stand uns noch bevor. Sollte uns dies gelingen, würden wir uns gewiss mit den für ihre Kampfkunst gefürchteten Kriegern der Maya auseinandersetzen müssen. Nach allem, was sie uns entgegengeschleudert hatten, um unsere Ankunft zu verhindern, sahen sie unseren Besuch gewiss als feindselig an.
Der Sturm tobte weiter in meinem Inneren. Es war, als wollte er wieder hinaus und sich in all seiner wütenden Heftigkeit dafür rächen, dass ich ihm die Freiheit der Zerstörung genommen hatte. Ich hingegen fühlte mich stark wie nie zuvor, und ich musste mich davor in Acht nehmen, dass sich die angestaute Magie der Dunkelheit nicht ungehemmt und ohne meinen Willen plötzlich entlud. Ich befand mich in einem gefährlichen und schwer zu kontrollierenden Zustand. Der Drang, den tobenden Gefühlen in meinem Inneren nachzugeben und Leben zu vernichten, war kaum zu beherrschen. Ich wusste, würde mir in jenem unfassbaren Zustand jemand in die Quere kommen, der tödliche Ausbruch der Magie wäre nicht zu verhindern gewesen.
»Was ist mit dir, Ulljan?«, wollte Kallahan beunruhigt wissen. »Deine Augen! Sie lassen jegliches Weiß vermissen.«
Eine Antwort blieb ich Kallahan freilich schuldig. Ich fürchtete mich davor, meine Lippen zu öffnen, und presste sie stattdessen mit aller Kraft zusammen, damit bloß nichts von der Schwärze entweichen mochte. Würde ich dem inneren Druck allerdings nachgeben, musste sich der Zorn des Sturms mit aller Wucht auf meinen Gefährten richten.
Statt ihm zu antworten, streckte ich meinen Arm aus und deutete mit dem Finger auf eine Stelle, die für eine Landungam äußersten Rand des Strandes geeignet schien. Sand, der so weiß und im Licht der Sonnen blendend wie Schnee war, zwang uns, die Augen schützend zusammenzukneifen.
Ungewollt zuckte ein Blitz aus meinem Finger, schlug auf dem Strand der Insel ein und markierte genau die Stelle mit einem hässlichen schwarzen Fleck, die ich zuvor ausgesucht hatte. Bereits aus einiger Entfernung spürten wir ein Kribbeln auf unserer Haut, das uns jedes einzelne Haar auf unseren Häuptern zu Berge stehen ließ. Das war pure magische Energie! Mit jedem Zoll, den wir der Insel näher kamen, wurde das Gefühl stärker; es glich einem Heer wuseliger Krabbeltiere, die mit ihren kratzenden und scharrenden Krallenbeinen über die Haut krochen.
Zum meinem Bedauern musste ich feststellen, dass der zur Landung auserkorene Platz offenbar hinter der magischen Barriere der Nno-bei-Maya lag. Es blieb uns nichts anderes übrig, als in einigen Fuß
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