Kryson 04 - Das verlorene Volk
Sapius und Tomal aus der Entfernung zu.
»Frauen«, brummte Sapius kopfschüttelnd.
»Sind etwas ganz Besonderes«, tadelte Tomal seinen Magier, »du solltest von ihnen lernen und sie jederzeit und überall respektieren. Dann werden sie dich lieben.«
»Danke!«, antwortete Sapius mürrisch.
Sapius sprang, ohne weiter darüber nachzudenken, und landete kurz darauf neben Tallia. Die Technik des Ulljan war ihm inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen. Tomal folgte ihm, brauchte jedoch einen Augenblick länger als Sapius.
»Das ist ein tolles Gefühl«, sagte Tallia, »wie oft können wir hintereinander springen?«
»Ich weiß nicht«, grübelte Sapius, »die Sprünge fordern Kraft und Magie. Sie wirken mit der Zeit ermüdend. Vielleicht einhundert Mal. Danach werden wir eine Pause von drei oder vier Horas brauchen. Ich ging bislang nie bis an die Grenzen.«
»Und wie weit?«
»So weit du sehen und auf die Entfernung noch einen Stein ausmachen kannst«, antwortete Sapius. »Ich schätze, höchstens zwei- bis dreitausend Fuß.«
»Das bedeutet, wir schaffen in weniger als einer Hora etwa zwanzig Meilen, machen es uns gemütlich und könnten von Sonnenaufgang bis zum Einbruch der Nacht achtzig Meilen und mehr erreichen. Kein Pferd könnte an einem Tag so schnell und weit laufen. Ich bin begeistert«, freute sich Tallia.
Sapius kannte die Vorzüge dieser Art zu reisen. Für ihn war die Technik nicht neu. Kam es auf Geschwindigkeit an, waren die Sprünge von Stein zu Stein unschlagbar. Aber die Magie der Felsgeborenen hatte ihre Nachteile. Insbesondere wenn es darum ging, die magischen Kräfte für andere Dinge zu schonen. In diesen Fällen war es sicherer, auf die übliche, nicht magische Weise übers Land zu wandern oder sich – noch besser – ein Pferd zu nehmen.
»Kannst du dir einen Stein vorstellen, den du nicht mit eigenen Augen siehst, und dorthin springen?«, wollte Tomal wissen.
»Das wäre denkbar«, antwortete Sapius, »dafür müsste ich allerdings in der Lage sein, das Flüstern der Steine zu verstehen und erst einen weit entfernten Fels oder Stein ausfindigmachen. Das ist schwierig und gefährlich. Die Felsgeborenen beherrschen die Sprache der Steine, empfangen und senden Botschaften. Ich vermag das nicht. Und man weiß nie, was einen erwartet, wenn man aufs Geratewohl an eine beliebige Stelle springt, deren Sicherheit man zuvor nicht hinreichend prüfen konnte.«
»Hm … du hast recht. Das wäre unter Umständen nicht so gut. Aber wir könnten über den ganzen Kontinent Zielsteine an halbwegs geschützten Orten verteilen. Zeichnen wir sie anschließend auf einer Karte ein, dann wissen wir an jeder Stelle auf Ell, wo sie sich befinden, und wären in der Lage, jederzeit mit Ulljans Technik dorthin zu springen«, überlegte Tomal.
»Das könnte gehen«, bestätigte Sapius, »außer die Steine verrutschen, verwittern oder werden von jemand anderem entfernt. Außerdem weiß ich nicht, wie sich ein so langer Sprung auf unsere Kraft auswirken würde. Sie könnte ausreichen. Wenn nicht, würden wir irgendwo im Nichts stecken bleiben und vergehen.«
»Keine schöne Vorstellung«, sagte Tallia.
»Wir sollten die Grenzen dieser Magie bei Gelegenheit unbedingt näher erforschen und ausprobieren, wie weit wir kommen«, schlug Tomal vor.
»Sicher«, antwortete Sapius, »die Beherrschung von Zeit und Raum ist eine verlockende Illusion, umso mehr, da wir die Konsequenzen unseres Handelns noch nicht kennen und daher auch nicht fürchten.«
»Hast du etwa Angst?«, wollte Tomal wissen
»Jede Magie hat ihren Preis«, führte Sapius aus, »früher oder später müssen wir ihn bezahlen. Ob wir nun Anhänger der magischen Brüder wären, frei oder der Wahrung des Gleichgewichts verpflichtet sind. Ich wüsste ihn gern, bevor ich ein Wagnis eingehe und am Ende nicht in der Lage bin, meine Schulden zu begleichen. Davor habe ich Angst, ja!«
»Wunderbar«, lachte Tomal, »dann lass uns springen.«
Tomal suchte sich ein neues Ziel und zeigte den Magiern exakt, wohin er springen wollte. Sapius kam vor den beiden anderen an. Nachdem sie auf diese Weise etwa sechzig Meilen in neunzig Sprüngen zurückgelegt hatten, machten sie erschöpft Rast.
Raussa war außer sich vor Wut, als sie von den Plänen ihres Gatten erfuhr. Das war Jafdabh nicht entgangen. Sie hatte ihm schwere Vorwürfe gemacht. Erst habe er sie vor dem Rat der Fürsten beschämt, indem er die Regentschaft und damit auch ihre eigene
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