Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
Vom Netzwerk:
hatte ihm den Dolch unterhalb des Hinterkopfes direkt ins Rückgrat gerammt. Tomal sackte nach vorne und schlug mit dem Gesicht hart auf dem Steinboden auf.
    Der Lesvaraq Tomal Alchovi war tot.

Im Reich der Schatten
    T arratar tänzelte aufgeregt um den gefallenen Lesvaraq herum, stieß ihn mal links, mal rechts in die Seite. Dann kniete sich der Narr nieder und untersuchte den Körper auf Lebenszeichen. Er konnte keine feststellen.
    »Hoi, hoi, hoi … wer von uns beiden ist nun der Narr?«, flüsterte Tarratar dem Leichnam leise ins Ohr, »Ihr seid ungestüm und grün hinter den Ohren. Ihr habt es mir viel zu einfach gemacht! Unterschätzt niemals Eure Gegner.«
    Tarratar holte seine Leier aus seiner Schlafkammer.
    »Wir müssen uns sputen«, sagte er halb zu sich selbst und halb zu dem Getöteten auf dem Boden, »wir wollen doch nicht, dass Ihr ins Land der Tränen wandert. Das verlorene Volk wartet auf seine Befreiung im Reich der Schatten.«
    Schiefe Töne erfüllten plötzlich die Kammer. Die Stummelfinger Tarratars flogen über die Saiten und erzeugten eine ungewöhnliche Tonfolge, die disharmonisch und zugleich harmonisch klang. Je mehr sich Tarratar steigerte und das Lied, sofern es als solches überhaupt bezeichnet werden konnte, gespielt wurde, veränderte sich die Umgebung. Die Wände des Gebäudes schienen zu verschwimmen, bis sie schließlich ganz verschwanden. Tarratar befand sich in einer Höhle mit niedriger Decke. In einigen Halterungen steckten brennende Fackeln, die ein schwarzes Licht ausstrahlten und den Blick auf eine große, eiserne Pforte mit dämonischen Fratzen freigaben. Neben ihm auf dem Boden lag nach wie vor der Leichnam des Lesvaraq und rührte sich nicht. Aber aus seinem Inneren strahlte ein helles, feuriges Leuchten, das die Höhle erfüllte und das schwarze Licht überstrahlte. Tarratar lächelte in sich hinein und dachte: »Die Schatten werden ihn gewiss nicht mögen. In seiner Gegenwart ist es schwer, als Schatten nichtzu vergehen. Er ist der Sohn des Feuers. Meine Wacht ist bald vorüber. Endlich!«
    »Steht auf !«, befahl Tarratar.
    Tarratar spielte ein Lied auf der Leier, das nach einem Schlaflied für Kinder klang. Er wackelte mit dem Kopf, bis die Glöckchen an seiner Kappe klingelten. Tomal erwachte. Der Lesvaraq schnappte nach Luft, prustete und hustete, als wäre er kurz vor dem Ertrinken gewesen.
    »Bleibt ruhig«, flüsterte Tarratar, »alles ist gut. Ihr seid tot. Aber das ist nur ein vorübergehender Zustand, sofern Ihr ab jetzt keinen Fehler mehr macht.«
    Der Narr legte dem Lesvaraq zur Beruhigung eine Hand auf den Rücken. Ihm wäre es lieber gewesen, Tomal hätte in den Fortgang der Prüfung aus freien Stücken eingewilligt. Aber Tarratar hatte zu seinem Bedauern nachhelfen müssen. Der Lesvaraq besaß eine schwierige Persönlichkeit und ließ sich viel von seinen Gefühlen leiten, die er nach Tarratars Ansicht noch lange nicht im Griff hatte. Er konnte nur hoffen, dass Tomal nicht wütend überreagieren und den weiteren Verlauf der Prüfung gefährden würde. Er durfte den Lesvaraq nicht zwingen und ein weiteres Mal würde er ihm die Entscheidung nicht mehr abnehmen können.
    »Wir sind an unserem Ziel angelangt und Ihr habt Eure erste Prüfung beinahe überstanden«, erklärte Tarratar freudig.
    »Ihr seid ein elender Quälgeist und habt mich belogen, Gnom«, krächzte Tomal, dem das Sprechen noch sichtlich schwerfiel.
    »Ihr nennt mich einen Lügner und einen Gnom, obwohl ich Euch dies untersagt hatte?«, empörte sich Tarratar.
    »Ja, Ihr habt mich feige von hinten erdolcht«, entgegnete Tomal.
    »Nun ja, Ihr habt mir doch keine andere Wahl gelassen,nicht wahr?«, flunkerte Tarratar. »Ich hatte in Eurer Drohung mit dem Schwert eine Zustimmung für unseren Weg zu den Schatten gesehen. Ich sagte Euch zuvor, dass Ihr sterben müsst, wenn Ihr dorthin gelangen wollt. Jetzt sind wir hier und es gibt vorerst keinen Weg zurück. Ihr müsst zur zweiten Schwelle, die Prüfungen zu Ende bringen und die Maya suchen.«
    Tomal richtete sich auf und blickte sich um. Tarratar konnte ihm seine Verwunderung ansehen. Der Lesvaraq würde sich nicht vollständig aufrichten können, ohne mit dem Kopf an die Höhlendecke zu stoßen.
    »Wo sind wir hier?«, wollte Tomal wissen.
    »Im Reich der Schatten, besser gesagt auf dem Weg dorthin. An der ersten Schwelle. Ihr müsst wissen, es gibt viele Wege zu den Schatten. Aber dieser hier nennt sich Pfad der Prüfungen und macht es Euch

Weitere Kostenlose Bücher