Kryson 04 - Das verlorene Volk
Augen der Herrscherin am Ende für den Erfolg.
Nalkaar konnte die Bestie hören und riechen, obwohl er sich noch einige Treppen entfernt befand, bis er die Höhle des Drachen erreichte. Er hörte ihn brüllen und zischen. Roch Drachenfeuer und verbranntes Fleisch. Der Todsänger spürte die Feindseligkeit und den Hass des Drachen in seinen Gedanken.
» Wahrlich, mit dir Tisch und Bett zu teilen, wäre gewiss keine Freude«, ging es dem Todsänger durch den Kopf.
In sicherem Abstand vor der Höhle des Drachen traf Nalkaar auf eine Gruppe von Aufsehern, die sich in hellem Aufruhr befanden und heftig miteinander stritten. Offensichtlich waren sie sich nicht darüber einig, was sie unternehmen sollten und, vor allen Dingen, wer sich als Nächster in die Nähe des Drachen wagen und das Leben riskieren sollte. Sie hielten sofort mit ihrem Geschrei inne, als Nalkaar, ohne sie eines Blickes zu würdigen, geradewegs zur Höhle des Drachen an ihnen vorbeischwebte. Der Höhleneingang war schmal. Lediglich die Drachenchimären oder ein Wärter passten durch die Öffnung. Nachdem sie Haffak Gas Vadar in die geräumige Höhle verfrachtet und angekettet hatten, war der Eingang von den Rachuren zugemauert worden. Eine weitere Maßnahme, die dem Drachen die Flucht unmöglich machen sollte, obwohl Nalkaar seine Zweifel hatte, ob die Mauern halten würden, wenn es dem Drachen erst gelänge, sich von den magischen Ketten zu befreien.
Vorsichtig lugte Nalkaar durch den Eingang. Die Höhle war mithilfe einiger Öllampen schwach beleuchtet. Immerhin reichte das Licht für den Todsänger aus, um erkennen zu können, was er sehen wollte. Der Drache war in keinem guten Zustand. Seine einst schwarz glänzenden Schuppen waren stumpf und mit einem grauen Schimmer überzogen. Die Augen sahen matt und müde aus, und den an der Seite herausstehenden Knochen nach zu urteilen, wirkte der ehemals kräftige Körper des Drachen eingefallen und abgemagert. Die Brutpflege und während dieser Zeit ständig erhöhte Wachsamkeit forderten Kraft. Nalkaar war überrascht, wie viele Drachenchimären sich im Schutz des Flugdrachen wie Parasiten an dessen Körper drängten und von dessen Wärme und Schuppen zehrten. Einige von ihnen waren gewiss erst vor wenigen Horas aus ihren Eiern geschlüpft. Sie waren kaum länger als Nalkaars Arm und sahen aus wie kleine geflügelte, schwarz glänzende Schlangen. Ihr Gezeter war allerdings ohrenbetäubend und sie besaßen messerscharfe, kleine Zähne. Andere Drachenchimären hingegen dürften nach Nalkaars Einschätzung einen Rachuren an Körpergröße leicht überragen. Sie mussten ausgewachsene Exemplare sein. Es wurde Zeit, dass Haffak Gas Vadar diese für die Ausbildung und den Kampf freigab.
»Haffak Gas Vadar«, nahm Nalkaar im Geist Kontakt mit dem Drachen auf.
»Was wollt Ihr, Geist eines Toten?«, erhielt er die unfreundliche Antwort zurück. »Könnt Ihr meine Kinder und mich nicht in Ruhe lassen?«
»Ihr wart ungezogen und habt erneut Aufseher getötet.«
»Natürlich! Sie wollten meine Brut stehlen und kamen mir dabei zu nahe. Was erwartet Ihr, Nalkaar? Ihr raubt mir die Seele, setzt mich gefangen und lasst mich in den Brutstätten langsam verwesen, statt mir wie meinen Brüdern und Schwestern die verdiente Ruhe und eine Rückkehr in meine Heimatzu gönnen. Ich muss Euch gehorchen, so will es Eure Macht. Aber denkt nicht, dass ich mich dafür als dankbar erweise! Ihr habt aus mir ein Wesen voller Boshaftigkeit gemacht.«
»Die Aufseher sind mir gleichgültig. Von mir aus könntet Ihr sie alle auffressen. Ich würde gewiss keinen von ihnen vermissen. Rajuru hätte allerdings etwas dagegen. Die Herrscherin wird ungeduldig. Und Ihr seid wertlos für uns, wenn Ihr die Brut nicht freigebt«, antwortete Nalkaar, »das ist Teil Eurer Aufgabe und der Grund, warum ich Euch geholt habe.«
»Sie sterben, wenn ich mich nicht um sie kümmere«, meinte Haffak Gas Vadar, »so hässlich und mickrig sie auch sein mögen. Eines Drachen nicht würdig. Dennoch, sie sind das Einzige, was mir geblieben ist. Das Einzige, was Ihr mir gelassen habt und mich an meine Familie erinnert.«
»Die Größeren unter ihnen werden ohne Euch zurechtkommen«, beschwichtigte Nalkaar. »Gib sie frei, damit wir die Chimären ihrer Bestimmung zuführen können.«
»Bestimmung?«, höhnte Haffak Gas Vadar. »Sie sind meine Kinder. Ihr wollt sie für den Krieg einsetzen. Sie sollen kämpfen und sterben, nicht wahr?«
»Ja, das sollen sie«,
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