Kryson 04 - Das verlorene Volk
nur Hass und Verderben hervor. Willst du uns in eine Zukunft der Angst und des Schreckens führen, deren Grundlage das Blut der Gefallenen ist und die auf die Verzweiflung der Überlebenden baut? Was ist daran besser als das, was wir bereits erlebt haben? Das haben viele andere schon vor dir versucht und sie sind allesamt gescheitert.«
»Tja … ich weiß nicht. Zeige mir einen Rachuren oder Todsänger, der deine gut gemeinten Worte annimmt und von seinem Rachefeldzug gegen seinen Todfeind ablässt. Sie werden kommen und eine Spur der Zerstörung durch unser Land ziehen. Und sie werden nicht ruhen, bis sie die Nno-bei-Klan vollständig ausgelöscht haben. Ihr beide habt doch selbst vorgeschlagen, wir sollten unsere Truppen verstärken und uns gegen die Eindringlinge wappnen.«
»Ja, indem wir uns gegen ihren Angriff lange genug verteidigen wollten, um eines Tages Frieden zu schließen. Nicht aber, um sie und mit ihnen uns selbst vollständig zu vernichten«, erwiderte Drolatol. »Was hat uns der letzte Sieg gebracht? Wenn die Berichte der Überlebenden stimmen, dann werden uns die Rachuren heftiger und gnadenloser als zuvor bekämpfen. Eine Spirale der Gewalt, die sich weiter und weiter in die Höhe schraubt. Die Schmach der Niederlage sitzt tief und hat den Hass in ihren Herzen geschürt.«
»Für mich bedeutet das nur, dass es besser gewesen wäre, sie damals vollständig zu vernichten, als wir noch Gelegenheit dazu hatten. Jeden Einzelnen von ihnen. Wir hätten Krawahta und ihre Brutstätten angreifen und zerstören sollen. Jetzt ist es dafür zu spät«, unterstrich Jafdabh seine Position, »aber mit der Hilfe dieser Waffen werden wir vollenden, was wir vor mehr als fünfundzwanzig Sonnenwenden begonnen haben.«
»Vergiss nicht, dass sie es auch dank deiner Unterstützungso weit gebracht haben«, erinnerte Renlasol den Regenten an seine Vergangenheit als Todeshändler.
»Unfug! Ich habe ihnen lediglich ein paar harmlose Waffen zu weit überhöhten Preisen verkauft und einen Verletzten transportiert. Damit konnten sie nicht gewinnen«, verteidigte sich Jafdabh. »Jedenfalls solltet ihr wissen, dass ich einen Veteranen an den Hof gerufen habe. Mairon wurde ausgesandt, den Bewahrer des Nordens zu suchen und ihn zu überreden, uns in den Kampf gegen die Rachuren zu führen.«
»Madhrab?!«, riefen Drolatol und Renlasol gleichzeitig verblüfft aus.
Diese Nachricht war für die Generale eine Überraschung. Sie hatten nicht angenommen, dass sich Jafdabh trauen würde, den Bewahrer des Nordens an den Hof nach Tut-El-Baya rufen zu lassen. Renlasol erinnerte sich gut daran, wie Madhrab zu dem Todeshändler und dessen Geschäften gestanden hatte. Hätten sie ihn damals gefasst und Jafdabh dem Lordmaster vorgeführt, Madhrab hätte ihn sofort zum Tode verurteilt und eigenhändig hingerichtet.
»Ich dachte, er hätte sich für immer zurückgezogen, nachdem er Lordmaster Chromlion an das Tor der Feste Fallwas genagelt und die Erben des Fürstentums getötet hatte«, erklärte Renlasol seine Überraschung.
»Ist er inzwischen nicht auch schon zu alt, um ein Heer erfolgreich in den Kampf zu führen?«, fragte Drolatol.
»Tja … wer weiß? Wie alt wird er heute wohl sein? Vielleicht fünfundfünfzig, höchstens sechzig Sonnenwenden, wenn ich mich nicht täusche. Also gerade erst im Wandel zu einem Letztgänger. Soweit ich mich an die mir bekannten Letztgänger erinnere, waren sie trotz ihres höheren Alters durchaus imstande, eine Waffe unverändert meisterlich zu führen, und blieben bis zu ihrem Gang zu den Schatten immer gefährlich. Sollten sie eine körperliche Schwäche aufgewiesenoder an Ausdauer nachgelassen haben, so glichen sie das meist mit Erfahrung aus. Ihr solltet die alten Letztgänger nicht unterschätzen und einen Mann wie Madhrab erst recht nicht. Er besitzt die Gabe des Kriegers.«
»Keine Sorge, wir unterschätzen die Letztgänger nicht. Ich kenne ihre Stärken aus eigener Erfahrung. Außerdem … Jafdabh hat recht«, wandte sich Renlasol an Drolatol, »Madhrab ist ein ganz und gar außergewöhnlicher Mann. Das war er schon immer. Ihm traue ich selbst als Letztgänger noch alles zu. Aber wenn er den Ruf des Regenten annehmen sollte und die ihm angebotene Aufgabe tatsächlich übernähme, was ich nicht glaube, bestünde die Gefahr, dass die Angriffe der Rachuren – sobald sie davon erfahren – noch hasserfüllter geführt werden als bisher. Alleine dem Zweck dienend, des Lordmasters habhaft zu
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