Kryson 04 - Das verlorene Volk
verkneifen, als er die Passagiere in Empfang nahm. Jafdabh wirkte, als hätte er in den wenigen Horas des Fluges deutlich an Gewicht verloren. Er war leichenblass und brachte kein Wort über die Lippen. Kaum hatte Drolatol den Rumpf verlassen, ließ er sich auf den Boden fallen undblieb schwer atmend liegen. Es schien so, als nähme er seine letzten Atemzüge, bevor ihn die Schatten zu sich holten. Murhab hingegen schien der Flug überhaupt nicht geschadet zu haben.
»Wir sollten unbedingt etwas gegen den Gestank unternehmen, sonst wird das Prachtschiff eines Tages einen unschönen Beinamen erhalten und schon meilenweit im Voraus von den Feinden entdeckt werden. Die Flugeigenschaften sind verbesserungswürdig. Wir sollten viel schneller wenden können und uns gegen überraschende Winde und Böen wappnen. Außerdem fliegen wir noch viel zu langsam. Ein schwer bepackter Esel zu Lande dürfte am Ende schneller am Ziel sein. Ich habe die ein oder andere Idee, wie wir dies angehen können«, meinte Murhab an einen der Erbauer gewandt.
Der Erbauer nickte zustimmend. »Das könnte gehen«, pflichtete der hagere Mann aus den Handwerkskammern schließlich bei, der aussah, als habe er nächtelang nicht geschlafen. »Wir werden uns sogleich an die Umsetzung machen, Kapitän. Eure Idee mit den vorderen und seitlichen Segeln zur Stabilisierung ist so einfach und doch genial. Wir werden keine Schwierigkeiten haben, die notwendigen Erweiterungen einzubauen. Damit könnten wir auch die Fluggeschwindigkeit deutlich steigern. Gegen den Gestank werden wir uns ebenfalls etwas einfallen lassen. Ich denke, dass wir die Latrinen, die Zuführung zu den Rohren und den Kessel selbst mit Teer abdichten können. Das sollte vorerst Abhilfe schaffen. Kapitän Murhab, Ihr seid wahrlich eine hervorragende Wahl für dieses Schiff, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.«
»Danke, Meister Semyon. Aber lobt mich nicht, bevor wir die Verbesserungen nicht ausprobiert haben. In meinen Augen ist ein Schiff eben ein Schiff. Ob zu Wasser oder in der Luft. Die Unterschiede sind nicht allzu groß. Wir haben es bei jeder Fahrt mit den Kräften der Natur zu tun. Wind und Wetter.Diese sind mein Zuhause. Wie wollen wir das Luftschiff nun nennen? Pilawo Tachates ?«
»Pilawo Tachates?«, mischte sich Jafdabh erschrocken ein, der sich erstaunlich rasch wieder von dem schaukelnden Jungfernflug erholt hatte. »Tja … wie … Ihr wollt es stinkende Mistschleuder nennen?«
»Warum nicht?«, erwiderte Murhab. »Ein klangvoller Name, der seine wesentlichen Eigenschaften am besten ausdrückt.«
»Tja … möglich … aber mir wäre Aeras Tamar lieber«, hielt Jafdabh dagegen.
»Wie Ihr wünscht, Herr. Mir soll jeder Name recht sein, solange ich ihn aussprechen kann. Warum also nicht Bote des Himmels «, stimmte Murhab lautstark zu. »Nennen wir es also Aeras Tamar. Habt ihr es alle gehört? Unser Schiff trägt endlich einen Namen!«
Murhabs Euphorie war ansteckend. Selbst die nach wie vor gegen das Fluggerät skeptisch eingestellten Drolatol und Renlasol konnten sich dem nicht entziehen. Murhab sah die Aeras Tamar nicht als Waffe. Für ihn war es ein Schiff, mit dem er in den Lüften über Ell segeln konnte. Ein Schiff, das sein ganzes Können und Geschick erforderte. Er musste all seine Tücken beherrschen und die Herausforderung annehmen. Schließlich sah er es als seine erste Verpflichtung an, die Aeras Tamar und ihre Passagiere sicher von Hafen zu Hafen zu bringen, so wie er es einst mit der Gayaha auf den Meeren Krysons getan hatte. Und als solches hatte das Luftschiff für ihn etwas ganz Persönliches, ein eigenes Leben und eine Seele, zu der er eine innige Bindung aufbauen konnte. Wer den Kapitän besser kannte, hatte verstanden, dass er dies in seiner Faszination und der Namensgebung zum Ausdruck bringen wollte.
Endlich trafen die Fürsten mit ihrem Gefolge ein. Sie hatten den Ruf des Regenten also doch erhört. Das Fürstenhausder Barduar reiste am selben Tag gemeinsam mit der ersten Dame des Hauses Menohir und einer Schar Bediensteter an. Fürst Menohir selbst ließ sich entschuldigen; er war durch eine heimtückische Knochenkrankheit ans Bett gefesselt.
An den nächsten Tagen folgten die Häuser Habladaz und Polakav. Der greise Fürst Habladaz kam in Begleitung eines alten Bekannten. Ayadaz, der Neffe des Fürsten, kannte sich am Hofe bestens aus und offenbar erhoffte sich der Fürst durch dessen Freundschaft mit der Regentin Vorteile für sich
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