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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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für Leib und Leben abfinden. Das war nicht immer einfach. Anmanchen Tagen fiel es Madhrab schwer, den Frauen und Männern neue Hoffnung zu geben. Er bedauerte zutiefst, dass er seinen Getreuen nicht mehr zu bieten hatte. An seiner Seite gab es kein Leben. Nur die Pflicht und den Kampf.
    »Sie werden mich eines Tages verlassen«, dachte der Lordmaster , »und ich kann es ihnen nicht verdenken. Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich alleine weitermache.«
    Er hatte selten lobende Worte für seine Getreuen übrig und Belohnungen blieben aus. Die einzige Motivation für die verwegene Truppe war der Umstand, dass sie einer lebenden Legende nahe sein konnten, die ihnen anscheinend das Gefühl gab, das Richtige zu tun und mit aufrechtem Haupt stets für das Gute zu kämpfen.
    »Warum willst du bei mir bleiben?«, wollte der Lordmaster unvermittelt von Hardrab wissen.
    Die Frage erschreckte den Kaptan. Er sah Madhrab entgeistert an.
    »Ich … wir«, stammelte Hardrab, »ich und Foljatin schulden dir unser Leben.«
    »Ihr schuldet mir nichts!«, sagte Madhrab. »Ist das der einzige Grund?«
    »Nein«, antwortete Hardrab, »wir folgen dir aus freien Stücken. Wir lieben dich, Madhrab. Du bist unsere Familie. Das Einzige, was wir außer uns selbst noch haben. Schon unser Vater folgte dir. Nicht weil du es von ihm verlangtest, sondern aus Liebe und dem Glauben an die Gerechtigkeit. Ohne dich wären wir längst bei unseren Eltern und den Geschwistern im Reich der Schatten. Du bist die einzige Konstante, der Fels in unserem Leben, an dem wir uns festhalten und der uns Sicherheit gibt. Weise uns nicht zurück.«
    »Natürlich nicht, Hardrab. Aber du und Foljatin hättet bei den Sonnenreitern bleiben können. Ihr seid wie eigene Söhne für mich, und dennoch frage ich mich, ob ich all das von euchverlangen darf und es nicht besser wäre, wenn ich alleine meiner Wege ginge.«
    »Daran darfst du nicht einmal denken«, empörte sich Hardrab, »dein Leben ist auch unser Leben. Wir werden ohne Wenn und Aber bis zum bitteren Ende bei dir bleiben.«
    »Bis zum bitteren Ende? Dann wird endlich alles gut «, dachte Madhrab.
    Die Wache hatte sich Zeit gelassen. Doch schließlich kehrte sie in Begleitung des höchsten Palastdieners zurück. Darfas hatte sich in sein bestes Gewand gekleidet und trat aus dem Tor, um sich die Neuankömmlinge persönlich anzusehen. Er kannte den Botschafter des Regenten gut und würde herausfinden, ob sie die Wahrheit sprachen und würdig waren, in den Palast eingelassen zu werden. Nachdem sich Darfas kritischen Blickes umgesehen und vergewissert hatte, dass Mairon unter den Gefährten war, rümpfte er die Nase und sprach: »Ich kann Euch unmöglich in die Halle des Regenten führen. Ihr seht fürchterlich aus. Ich bin ja einiges gewohnt, aber Euer Gestank beleidigt selbst meine Nase. Die Stimmung im Palast ist ohnehin gedrückt. Vergebt mir meine Worte, aber in diesem Zustand wäre Euer Auftreten reine Provokation. Die Fürsten halten seit Tagen Rat und streiten sich unentwegt. Wir werden Euch Kammern zuweisen, Bäder vorbereiten und frische Kleidung bringen lassen. Die Dienerschaft steht zu Eurer Verfügung und wird Eure Wünsche erfüllen. Speisen, Trank, wonach immer Ihr verlangt. Danach bin ich gerne bereit, Eure Ankunft anzukündigen und Euch dem Regenten vorzustellen.«
    »Wie Ihr meint«, gab Madhrab nach, »ich dachte, die Zeit drängt.«
    »Gewiss, Herr«, sagte Darfas, »aber wie ich schon sagte: Die Beratungen dauern noch an. Die Ereignisse überschlagen sich. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Erst kürzlich trafen Fürst Tomal Alchovi und seine Eiskrieger im Palast ein.«
    Madhrab horchte auf. Das war eine große Überraschung, die Madhrab verunsicherte. Er fühlte sich augenblicklich wieder schuldig, weil er Elischa und Tomal damals im Stich gelassen hatte. Er war ihm nie ein Vater gewesen und hatte sich auch nach seiner Rückkehr aus der Grube nicht nach ihm erkundigt. Der Junge kannte ihn nicht einmal. Mittlerweile waren mehr als fünfundzwanzig Sonnenwenden vergangen und das Kind war zu einem erwachsenen Mann und Fürsten gereift. Madhrab hatte keine guten Erinnerungen an die erste Begegnung mit Tomal. Er spürte noch immer die Kälte in dessen Blick, die ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Er fürchtete sich vor einem Zusammentreffen.
    »Tomal ist hier?«, dachte er . »Wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten? Weiß er überhaupt, dass er mein Sohn ist? Sollte er es nicht

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