Kryson 05 - Das Buch der Macht
dass ich Euren Wunsch erfüllen werde?«
»Warum sollte ich etwas ändern wollen?«, fragte Vargnar verwundert. »Das Leben ist gut so, wie es ist. Und wenn es das einmal nicht sein sollte, dann liegt es an uns, dies zu erkennen und wieder für die Zukunft zu ändern. Dafür brauche ich weder Euch noch das Buch.«
»Das ist zumindest ein Standpunkt, den ich schwerlich widerlegen kann«, grinste Tarratar, »aber ich bitte Euch. Das Buch der Macht verlangt Euren Vorschlag für die Prüfung.«
»Dann will ich Goncha wiederhaben«, platzte es aus Vargnar unbedacht heraus.
Tarratar musste Vargnar nicht erst darauf hinweisen, dass der Felsenprinz einen schweren Fehler gemacht hatte. Das merkte der Felsgeborene an der Reaktion seines Felsenfreundes sofort selbst. Rodso hatte auf seiner Schulter gesessen und ein entsetztes Fiepen abgegeben, als er Vargnars Wunsch vernommen hatte. Beleidigt sprang der Felsenfreund von der Schulter des Prinzen und rannte davon.
»Ts, ts, ts … ich kann Euren Wunsch verstehen, aber das war nicht sehr einfühlsam«, stellte Tarratar fest, »ich glaube, Ihr habt soeben einen sehr wichtigen und guten Freund verloren.«
»Das … das wollte ich nicht«, stammelte Vargnar tief betrübt, »ich … aber … Wie kann ich das jemals wiedergutmachen?«
»Indem Ihr Euch bei Rodso entschuldigt und ihn endlich als Euren Freund und Vertrauten annehmt«, riet Tarratar, »vielleicht wird er Euch dann verzeihen. Für eine Weile werdet Ihr wohl auf seinen Rat verzichten müssen. Ihr habt Rodso immer mit Goncha verglichen und ihm keine Gelegenheit gegeben, Euch zu beweisen, dass er ein sehr guter und gleichwertiger Felsenfreund ist. Aber ich will Euch prüfen und nehme Euren Vorschlag daher an.«
Tarratar schrieb nur wenige Worte in das Buch der Macht.
Als wäre er niemals verschwunden saß Goncha plötzlich auf der Schulter des Felsgeborenen. Aufmerksam beobachtete der Narr Prinz Vargnar und den Felsenfreund. Ihrem Gespräch würde er allerdings nicht folgen können. Der Felsenfreund war nicht mehr derselbe. Seine Augen waren trübe, sein Pelz wies Löcher auf und die Haut hing ihm in Fetzen herab. Er stank nach Verwesung.
»Was habt Ihr getan, mein Prinz?«, fragte Goncha den Felsenprinzen vorwurfsvoll.
»Ich habe dich vermisst und wollte dich wieder an meiner Seite wissen«, antwortete Vargnar dem Felsenfreund in Gedanken.
»Das ist kein Grund, mich aus meiner wohlverdienten Ruhe zurückzuholen«, jammerte Goncha, »ich bin alt und müde, meines Lebens längst überdrüssig. Ich war tot. In einem Vulkan zu einem Häufchen Asche verbrannt, ging ich zurück zu meinem Ursprung. Seht mich jetzt an, ich bin ein faulender und stinkender Klumpen Fleisch. Ist es das, was Ihr wolltet? Was verlangt Ihr von mir? Soll ich mich mit Euch wie früher wieder von den Felsen stürzen? Lasst mich endlich gehen, ich bin keine Hilfe mehr für Euch. Rodso ist Euer Felsenfreund!«
»Aber du bist mein Freund, Goncha«, entgegnete Vargnar, »duwarst es immer. Denk doch nur daran, was wir gemeinsam erlebt haben. ich kann dich nicht im Stich lassen.«
»Meinem Geist und meiner Seele geht es gut«, sagte Goncha, »Ihr braucht Euch um mich keine Sorgen machen. Aber ich sorge mich um Euch, mein Herr. Das Buch der Macht«, Goncha machte eine Kopfbewegung in Richtung Tarratar, der das Buch in seinen Händen hielt, »das ist es doch, nicht wahr? Ich sehe genau, Ihr wollt es haben. Lasst Euch nicht darauf ein. Das Buch ist nicht gut für Euch . Ihr seid nicht dazu auserkoren, das Buch zu finden.«
»Warum nicht, Goncha?«, fragte Vargnar. »Ich könnte so vieles zum Guten damit verändern. Wir könnten für immer zusammen sein.«
»Tut mir leid, ich will das nicht«, antwortete der Felsenfreund, »und Ihr wollt gewiss keinen toten Felsenfreund an Eurer Seite, dessen Verstand von Tag zu Tag schwächer wird. Meine Zeit ist um.«
Tarratar strich mit dem Federkiel einige Zeilen durch und Goncha verschwand.
»Ihr habt mich reingelegt«, warf Vargnar dem Narren vor, » so wollte ich Goncha nicht zurückhaben.«
»Das Buch der Macht schreibt die Geschichte weiter, wie es sie für richtig hält«, lächelte Tarratar, »ich habe keinen Einfluss darauf. Jedenfalls habe ich den Felsenfreund nicht als tot beschrieben. Kümmert Euch um Rodso und fangt ihn ein, bevor er sich rettungslos in der Grube verirrt. Ihr habt die Prüfung nicht bestanden.«
Auch Vargnar wurde, ohne einen Erfolg vorweisen zu können, von den Wächtern des Buches
Weitere Kostenlose Bücher