Kryson 05 - Das Buch der Macht
Fürsten in einer übertrieben großzügigen Geste die Kiste, in der die Wächter das Buch mehr als fünftausend Sonnenwenden lang aufbewahrt hatten, und die beiden dazugehörigen Schlüssel zur Macht. Verblüfft nahm Renlasol die Gegenstände entgegen, ohne zu wissen, was er nun damit anfangen sollte. Als sein Blick, der deutlich schärfer als der des Narren war, jedoch in das Innere der Kiste fiel, entdeckte er unter der schwarzen Auskleidung eine unscheinbare, für ihn verdächtig anmutende Erhebung in Form und Größe des Buches. Rasch klappte Renlasol die Kiste zu, ohne Tarratar noch einen Blick hineinwerfen zu lassen, schloss sie ab und verbarg die Schlüssel in den Innentaschen seiner Kleidung.
»Die Suche ist beendet«, sagte Tarratar trocken, »wohin wollt Ihr jetzt gehen?«
»Ich denke, es zieht mich zuerst in den Kristallpalast nach Tut-El-Baya. Danach sollte ich mich zur Trutzburg Fallwas begeben, um dort nach dem Rechten zu sehen«, meinte Renlasol, »die Fürstin Nihara könnte meine Hilfe gebrauchen.«
»Ihr wisst es also noch nicht?«
»Was weiß ich nicht? Ist etwas geschehen?«, fragte Renlasol verwirrt.
»Die Trutzburg zu Fallwas ist in die Hände der Rachuren gefallen und Tut-El-Baya hat vor dem Ansturm des Feindes kapituliert. Der Rat der Fürsten wurde aufgelöst, Madhrab gestürzt und vermutlich getötet. Die Stadt gehört nun ebenfalls den Rachuren und wird von den Praistern verwaltet«, erklärte der Narr dem fassungslos scheinenden Fürsten.
»Das … das ist nicht möglich«, stammelte Renlasol.
Die Nachricht über den Tod seines ehemaligen Anführers und Bewahrers bestürzte Renlasol weit mehr, als er angenommen hatte, und tiefer noch als die Vorstellung von der besetzten Hauptstadt. Hatte er Madhrab am Ende doch geliebt und wollte nur nicht zugeben, dass er im Schatten des Kriegersnicht bestehen konnte? Renlasol hatte Mühe, die Tränen vor dem Narren zurückzuhalten. Das war die schlimmste Nachricht, die er dem Fürsten hatte eröffnen können.
»Doch«, beharrte Tarratar auf seiner Darstellung, »der Krieg ist in vollem Gange. Während die Streiter das Buch der Macht suchten, hat sich der Kampf zugunsten der Rachuren gewendet. Die Klanlande sehen ihrem letzten Gefecht entgegen. Nicht mehr lange und die Klan werden fallen. Endgültig. Ich rate Euch dringend, nach Eisbergen zu gehen und das Fürstenhaus Alchovi zu unterstützen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, sich auf den Ansturm der Rachuren und Todsänger vorzubereiten. Ein Winter und vielleicht noch einige Monde darüber hinaus. Aber dann sollten die Nno-bei-Klan gewappnet sein, den Rachuren entgegenzutreten.«
»Ich danke Euch für diese Offenheit«, sagte Renlasol, »ich bin mir jedoch nicht sicher, ob ich im Eispalast ein gern gesehener Gast wäre. Über den kommenden Winter könnte ich die Zeit nutzen und meine eigene Armee aufstellen.«
»Ihr denkt doch nicht etwa an ein Heer von Bluttrinkern und Kriechern?«, fragte der Narr entsetzt.
»Doch«, antwortete Renlasol kalt lächelnd, »es wäre gewiss stark genug, gegen die Rachuren zu bestehen.«
»Daran habe ich keinen Zweifel«, meinte Tarratar besorgt, »aber Ihr dürft den Fluch des Bluttrinkers nicht weiterverbreiten. Das verstößt gegen das Gleichgewicht.«
»Zu dumm, dass Ihr diesen Umstand nun nicht mehr mithilfe des Buches überprüfen könnt, nicht wahr?«, sagte Renlasol überheblich.
»Das gefällt mir nicht … das gefällt mir überhaupt nicht«, schüttelte Tarratar sorgenvoll den Kopf.
»Was ist nun? Bringt Ihr uns nun endlich aus der Grube hinaus oder müssen wir uns selbst den richtigen Weg suchen?«, verlangte Renlasol von dem Wächter.
»Ich weiß nicht … vielleicht wäre es besser, Ihr bleibt in der Obhut des Herrn der Grube. Ich weiß nicht … ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht«, Tarratar wirkte vollkommen ratlos.
»Ihr könnt uns nicht in der Grube gefangen halten«, ärgerte sich Renlasol.
»Nein, Ihr habt leider recht«, räumte Tarratar ein, »ich werde den Streitern mitteilen, dass die Suche beendet und das Buch verloren ist, und bringe Euch und die anderen anschließend zur Plattform. Ich muss nachdenken. Irgendetwas läuft gegen jede Vernunft. Wenn ich nur wüsste, was die Ursache ist! Folgt mir, Renlasol.«
Die Suche nach dem Buch der Macht war beendet. Renlasol hatte es von den Wächtern des Buches unbemerkt gefunden. Oder hatte das Buch ihn gefunden?
Verfolgung
A hnungslos vom wahren Ausgang der Suche und der Prüfungen
Weitere Kostenlose Bücher