Kryson 05 - Das Buch der Macht
Abgründe verborgen, die in den dunkelsten Horas und an den schrecklichsten Orten irgendwann zum Vorschein gebracht werden«, dachte Sapius bei sich.
Aber dieser Gedanke quälte den Magier nicht allzu lange. Naher Kampflärm und Schreie ließen ihn die Schritte beschleunigen. Bald kamen sie zu den Kammern, an denen die Gefährten die Stellung halten wollten. Ein heftiger Kampf war im Gange. Vargnar, Raymour und Renlasol wehrten sich mit allem, was ihnen zur Verfügung stand, gegen die anstürmenden Zuchtmeister der Rachuren, die ungestüm mit ihren Peitschen auf die Eindringlinge droschen, um diese in die Knie zu zwingen.
Raymour schwang seinen Streithammer über dem Kopf und ließ ihn mit Wucht herabsausen, wenn er einen seiner Gegner in Reichweite wähnte. Oft traf er ins Leere, in seinerNähe lagen jedoch drei Zuchtmeister mit zerschmetterten Schädeln.
Auch Vargnar nötigte den Zuchtmeistern Respekt ab. Der Anblick des Felsgeborenen war ihnen fremd. Der steinerne Krieger schien ihnen sogar Furcht einzuflößen. Ihre Peitschenhiebe zeigten keinerlei Wirkung auf Vargnar. Der Felsenprinz stürzte sich mit seinem Felsenschwert in der einen und Spalter in der anderen Hand auf seine Gegner.
Auch in Renlasol hatten die Rachuren einen ungewohnten Gegner vor sich, denn der Bluttrinker war stark und geschwind. Sapius fiel jedoch sofort auf, dass Renlasol den Fluch nicht an seine Gegner weitergab. Offenbar hatte er kein Interesse daran, eine Schar Rachuren, die sich in Kriecher verwandelt hatten, anführen zu müssen. Der Fürst verließ sich auf sein Schwert. Überkam ihn während des Kampfes der Blutdurst, stillte er diesen zwar an seinen Gegnern, schnitt ihnen aber anschließend die Herzen heraus und trennte ihre Köpfe ab, um die Verwandlung zu verhindern.
So wehrten sie sich zu dritt und hielten sich zum Erstaunen von Sapius und Zanmour gut gegen eine Übermacht von Zuchtmeistern.
Als die Zuchtmeister den Drachen erblickten, gerieten sie in Panik. Einige unter ihnen suchten ihr Heil in der Flucht, andere erinnerten sich jedoch an ihre Aufgaben.
»Der Drache! Er darf nicht entkommen!«, hörte Sapius die Rufe der Zuchtmeister.
Aber es war bereits zu spät. Von seinen Ketten befreit war Haffak Gas Vadar nicht zu halten. Er war nicht wie die anderen Wesen, die von den Rachuren zur Zucht eingesetzt wurden. Er war auch nicht zu vergleichen mit den Chimären, die sie schufen, und mochten diese noch so gefährlich sein. Haffak Gas Vadar war ein Flugdrache. Uralt und mächtig. Und er war nicht besonders gut auf die Rachuren zu sprechen. Der ohrenbetäubendeSchrei des Drachen ließ die Wände der Brutkammern erzittern. Ein Feuerschwall aus seinem Maul erfasste eine Gruppe von Zuchtmeistern, die sich zu spät zur Flucht entschlossen und die Reichweite seines Feuers unterschätzt hatten. Sie gingen schreiend in Flammen auf, als bestünden sie aus lange gelagertem, trockenem Holz.
»Ihr habt Euch tapfer geschlagen«, rief Sapius Vargnar zu, der sich soeben von einem erledigten Gegner löste.
»Danke«, sagte der Felsenprinz, »aber wie ich sehe, wart Ihr ebenfalls erfolgreich und konntet den Drachen befreien. Mit ihm an unserer Seite können wir siegen. Mir scheint, wir werden nicht mehr viel zu tun bekommen, wenn er erst mit den Zuchtmeistern fertig ist.«
»Lassen wir ihn toben. Er hat seine Rache verdient«, meinte Sapius.
Haffak Gas Vadar packte einen Zuchtmeister mit der Pranke, hob ihn hoch an sein Maul und zerriss ihn zwischen den Zähnen mit einem einzigen Biss in zwei Hälften. Achtlos warf er die beiden Teile nach den übrigen Gegnern, die sich im Angesicht des vor Wut rasenden Drachen zur Flucht entschlossen.
*
Rajuru und ihre Leibgarde waren bis weit in die Brutstätten vorgedrungen und hatten einige Gänge und Kammern nach Dreloks durchforstet. Auf ihrem Weg waren sie auf vierunddreißig dieser gefürchteten kleinen Chimären gestoßen. Zu wenige, um ihnen wirklich gefährlich zu werden, aber auch zu wenige, um die eigentliche Gefahr zu bannen. Sie hatten lediglich zwölf lebend einfangen können. Die übrigen Dreloks mussten zu Rajurus Bedauern getötet werden.
Die völlig zerstörte Brutkammer der Dreloks hatte Rajuru allerdings misstrauisch werden lassen. Das Feuer mussteungewöhnlich schnell und heftig getobt haben. Das war kein Unfall. Irgendjemand musste es gelegt haben, dessen war sie sich sicher. Aber wer würde sich in den Brutstätten gegen sie stellen? In ihrem Reich? Das war undenkbar.
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