Kryson 05 - Das Buch der Macht
Niemand wäre so dreist. Rajuru zog den Schluss, dass es sich nur um einen Verräter handeln konnte. Jemand aus ihren eigenen Reihen, der ihr schaden wollte. Jede andere Möglichkeit schloss sie aus.
Plötzlich war ein anhaltender dunkler Ton in den Gängen zu hören.
»Habt ihr das gehört?«, fragte Rajuru ihre Leibwächter.
»In den Brutstätten wurde Alarm geschlagen«, antwortete Ayomaar der Herrscherin, »wir sollten uns beeilen. Die Klangschale befindet sich in den inneren Brutkammern und wird nur im äußersten Notfall benutzt, Gebieterin. Das kann nicht alleine wegen der Dreloks sein.«
»Der Drache?«, grübelte Rajuru.
»Vielleicht«, sagte Ayomaar, »lasst uns nachsehen.«
Ayomaar erteilte den Gardisten Befehle, die Herrscherin in ihre Mitte zu nehmen. Er selbst führte die Truppe an, während Onamaar den Schluss bildete, sollten sie von hinten angegriffen werden.
Es dauerte nicht eine Hora, bis sie das Tor zu den inneren Brutkammern erreichten, das zu ihrer Verwunderung offen stand. Der Kampfeslärm und das Fauchen des Drachen waren nicht zu überhören.
»Dieses verdammte Mistvieh«, ärgerte sich Rajuru, »ich hätte niemals zulassen dürfen, dass Nalkaar den Drachen nach Krawahta bringt und beherrscht. Das wird mir Nalkaar teuer bezahlen. Sobald wir den Drachen getötet haben, brechen wir zu den Truppen auf. Ich muss mit meinem Sohn reden und dem Todsänger die Befehlsgewalt entziehen. Ayomaar, Onamaar! Ihr werdet mich begleiten und vergesst nicht, meinen Schattendolch einzupacken. Die Flammen der Pein wartenauf Nalkaar. Aber dieses Mal auf ewig. Ich werde ihn bestimmt nicht zurückholen!«
»Sehr wohl, meine Gebieterin«, verneigten sich Ayomaar und Onamaar.
»Habt Ihr einen Vorschlag, wie wir den Drachen besiegen können?«, wagte sich Ayomaar vor.
»Sehr einfach«, sagte Rajuru, »ihr beide stürmt vor und schlagt ihm den Kopf ab.«
»Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf«, meinte Onamaar, »das wäre wahrscheinlich unser beider Ende.«
»Genau!«, lächelte Rajuru. »Deshalb werdet ihr mir die Angelegenheit überlassen. Lenkt ihn ab und sorgt für meinen Schutz. Mehr brauche ich nicht. Ich lege ihn wieder in Ketten. Aber dieses Mal so, dass er sich nicht mehr bewegen kann. Dann könnt ihr ihm die Flügel stutzen.«
Ayomaar und Onamaar atmeten erleichtert auf, hatten sie doch angenommen, die Rachurenherrscherin hätte ihren Befehl ernst gemeint und sie beide in den Tod geschickt.
Als sie jedoch durch das Tor in die inneren Brutkammern marschierten, trauten sie ihren Augen kaum. Der Drache hatte Verbündete gefunden, die an seiner Seite kämpften. Rachuren wie Eindringlinge.
Die meisten Zuchtmeister waren bereits tot. Nur noch wenige wehrten sich verzweifelt gegen ihren Untergang.
»Raymour!«, ertönte die schrille Stimme Rajurus.
Für einen Moment kehrte Ruhe in die Brutkammern ein. Die Kämpfenden verharrten in Ehrfurcht vor der Stimme der Saijkalsanhexe. Selbst der Drache ließ von seinen Opfern ab und wandte sich der Herrscherin zu. Raymour wirbelte herum und blickte der Rachurenhexe geradewegs in die Augen.
»Ich glaube, es wäre nicht richtig, würde ich dich Mutter nennen«, antwortete Raymour.
»Untersteh dich«, keifte Rajuru, »du bist ein Verräter, so wie dein Vater ein Verräter war, als er diese gewöhnliche Hure, deine Mutter, bestieg und sie mir vorzog. Aber das alles findet jetzt ein Ende. Ich hätte dich schon damals töten sollen, statt dich zusammen mit Grimmgour großzuziehen. Ich war zu weich und hatte ein Herz für den armen kleinen Jungen mit den großen treuen Augen. Aber dieses Herz ist jetzt erkaltet. Du wirst sterben.«
»Nicht so schnell, alte Hexe«, mischte sich Sapius ein.
»Sieh an, sieh an«, sagte Rajuru, »Sapius. Wer hätte das gedacht? Mit Euch hätte ich nicht gerechnet, alter Freund. Das muss ich zugeben. Ein Verräter gesellt sich also zum anderen. Das soll mir gerade recht sein. Der dunkle Hirte würde vor Freude in die Luft springen, wenn er wüsste, welchen Gefallen ich ihm gleich tun werde. Und wen haben wir denn noch hier?«
Ihr Blick wanderte in der Brutkammer über die anderen Gefährten.
»Eines von Quadalkars Kindern. Welch seltsame, glückliche Fügung! Ich dachte, Quadalkar wäre tot und der Fluch aufgehoben. Ich sollte den dunklen Hirten auf der Stelle rufen. Er würde mich bestimmt wieder an seiner Seite haben wollen. Und dazu gibt es noch einen Burnter. Das ist erstaunlich. Wisst Ihr eigentlich, dass ich bei Saijrae
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