Kryson 05 - Das Buch der Macht
einst in Ungnade fiel, weil ich seine Braut in eine Felsgeborene verwandelte?«
»Nein, Rajuru. Ihr habt sie versteinert und damit getötet. Ihre Rückkehr in der Gestalt einer Felsgeborenen verdankt sie anderen Umständen. Sie hat mir die Geschichte erzählt«, erwiderte Sapius.
»Nun ja«, seufzte Rajuru, »ich streite unsere kleine Auseinandersetzung nicht ab. Wie geht es denn Tallia? Ist sie mit Euch gekommen? Ich kann sie nicht entdecken.«
»Nein. Sie ist tot«, antwortete Sapius.
»Ach wirklich?«, zeigte sich Rajuru verwundert. »Ich habe gehört, sie hätte sich einem Lesvaraq angeschlossen.«
»Das stimmt, aber jetzt ist sie tot«, meinte Sapius.
»Ihr verschweigt etwas, alter Freund«, lächelte Rajuru verwegen, »ich kann das sehen. Etwas, das eure Freunde nicht wissen dürfen, nicht wahr?«
»Ich habe nichts zu verbergen«, ärgerte sich Sapius.
»Kommt schon. Die Hora der Wahrheit ist angebrochen. Vor dem Tod müsst Ihr sagen, was Eure Seele belastet. Befreit Euch. Eure Freunde haben die Wahrheit verdient und werden sie gewiss ertragen.«
»Sie wurde erschlagen.«
»Von wem wurde sie erschlagen, Sapius?«, wollte Rajuru wissen.
»Von der Macht der Dunkelheit«, meinte der Magier.
»Nein, Sapius. Ihr lügt. Ich kann sehen, dass Ihr die Dunkelheit vertretet, denn ich bin selbst Teil dieser Dunkelheit. Ihr habt Tallia erschlagen«, stellte Rajuru trocken fest.
Die Herrscherin der Rachuren genoss das Entsetzen von Sapius’ Gefährten. Sie hatte den Magier durchschaut und mit wenigen Sätzen von den anderen getrennt.
»Ihr habt was?«, mischte sich Vargnar aufbrausend ein.
»Sapius!« Renlasols Ruf klang entsetzt und er fletschte die Zähne.
»Seht ihr denn nicht, welches Spiel sie mit uns treibt?«, flehte Sapius. »Ja, ich habe sie erschlagen und ich weiß, dass es ein Fehler war, den ich nicht wiedergutmachen kann. Tallia ist tot und niemand kann sie zurückbringen. Entweder sie oder ich musste sterben. Ich hätte mich anders entscheiden und statt ihrer in den Tod gehen sollen. Aber die Dunkelheit war zu stark. Sie lockte mich und ich tat, wie mir geheißen war. Ich erschlug Tallia mit dem Stab des Farghlafat, bevor wir uns bei der Zusammenkunft trafen.«
»Darüber werden wir noch reden«, sagte Vargnar.
»Ihr seid das Letzte, Sapius«, zischte Renlasol verächtlich, »wir haben Euch vertraut und Euch an diesen schrecklichen Ort begleitet. Ihr wusstet, wie ich zu Tallia stand, und habt mich trotz alledem dazu gebracht, mit Euch in die Brutstätten zu steigen. Ihr habt uns hintergangen.«
»Es tut mir leid, aber ich wollte euch nicht hintergehen. Keinen von euch. Ich bin nicht euer Feind. Lasst euch nicht von Rajuru täuschen. Sie ist der Grund für all das Übel hier und sie ist gekommen, uns alle zu vernichten!«
Sapius deutete mit dem Stab des Farghlafat auf die Rachurenhexe.
»Er hat recht«, meldete sich Raymour zu Wort, »tragt aus, was immer ihr untereinander auszutragen habt. Aber nicht jetzt und nicht an diesem Ort. Wir müssen zusammenstehen oder wir gehen unter.«
Rajuru sah den Rachuren mit hasserfülltem Blick an. Ein Nicken in Richtung Raymours deutete ihren Leibwächtern an, dass sie sich um den Rachuren kümmern sollten. Ayomaar und Onamaar setzten sich in Bewegung.
»Ihr werdet dem Kampf tatenlos zusehen«, wandte sich Rajuru an die übrigen Gefährten, die Hand drohend erhoben, »das geht euch nichts an. Eine Angelegenheit unter Rachuren.«
»Lasst nur, Sapius«, sagte Raymour, »dies ist ein Kampf, den ich selbst austragen muss. Ich habe lange auf diese Gelegenheit gewartet. Achtet nur darauf, dass nicht betrogen wird.«
Zanmour stellte sich jedoch an die Seite Raymours. Der Zuchtmeister war der Königin bislang nicht aufgefallen. Sie hatte nicht angenommen, dass er den Eindringlingen angehörte. Die Zuchtmeister waren ihr für gewöhnlich treu ergeben.
»Eine Angelegenheit unter Rachuren«, sagte er nur, die Worte der Herrscherin wiederholend.
Raymour nickte. Gegen die Leibwächter Rajurus schien ihm diese Hilfe recht zu sein.
»Noch ein Verräter, wie schön«, lächelte Rajuru. »Ayomaar, Onamaar, zerquetscht sie beide.«
»Sehr wohl, Herrin«, antworteten die Rachurenkrieger.
Vargnar reichte Raymour das Blutschwert.
»Es ist dein Schwert«, sagte er, »ich hoffe, es bringt dir Glück.«
»Danke, Felsenmann«, raunte Raymour, »aber ich werde es mit dem Streithammer versuchen.«
Raymour legte Spalter zur Seite, nahm den Streithammer auf und machte
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