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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Madhrab mit belegter Stimme.
    »Du musst ihren Namen nicht wissen. Sie hat ihn vergessen. Aber das ist nicht wichtig. Sie wird dich erkennen und dir einen Platz an ihrer Seite anbieten. Ihr gehört zusammen und seid vereint im Land der Tränen.«
    Madhrab hörte dem Geist bereits nicht mehr zu und ließ ihn einfach stehen. Der Geist lächelte wissend. Madhrab wagte einen Sprung über den Bach und ging auf die junge Frau am Ufer zu. Sie sah zu ihm auf. Ihre Blicke begegneten sich. Elischa strahlte und ihre Augen drückten Erkennen und Freude über das Wiedersehen aus.
    »Setz dich für eine Weile zu mir«, lud sie Madhrab ein und klopfte mit der Hand auf den Platz neben sich, »du hattest dich ins Reich der Schatten verirrt. Das hat mir der Geist des Baumes erzählt. Aber jetzt bist du gekommen. Endlich sind wir wieder vereint.«
    »Es ist so schön und friedlich hier«, meinte Madhrab.
    »Das Land der Tränen«, antwortete Elischa, »ein Ort der Ruhe und Besinnung. Unser Heim. Die Seelen der magisch Begabten erholen sich von den Strapazen des Lebens, bevor sie nach Kryson zurückkehren und einen neuen Zyklus beginnen.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Madhrab.
    »Der Geist des Baumes ist sehr freundlich, redet gerne und beantwortet Fragen, solange sie nichts mit dem Leben zu tun haben, das man gelebt hat.«
    »Aber ich sehe niemanden außer uns beiden«, Madhrab sah sich verwundert um, »wir sind allein.«
    »Nein, sind wir nicht«, sagte Elischa, »das Land der Tränen ist groß und die Macht des Baumes wirkt überall. Wir sehen im Augenblick nur den Baum und uns, weil er und wir es so wollen. Farghlafat gönnt uns ein ungestörtes Wiedersehen. Ich habe dich vermisst. Du bist ein Teil von mir. Ohne dich kann ich niemals vollkommen oder glücklich sein.«
    Elischa nahm Madhrabs Hand und küsste seine Finger. Ihre Berührung kam ihm vertraut vor. Er legte seinen Arm um ihre Schulter, sie legte ihren Kopf darauf und für eine Weile sahen sie schweigend dem Spiel der Fische im Bach zu.
    »Du wirst sehr lange im Land der Tränen unter dem Schutz von Farghlafat bleiben«, sagte Elischa plötzlich.
    Ihre Stimme klang traurig. Madhrab horchte auf. Elischa hob ihren Kopf und blickte Madhrab in die Augen. Sie sah ernst und nachdenklich aus.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Madhrab, »es fällt mir schwer, das alles zu verstehen.«
    »Der Geist des Baumes behauptet, deine Seele musste leiden«, meinte Elischa, »mehr als sie verkraften konnte. Sie wurde besudelt und ist krank geworden. Jeder kann das sehen. Dein Licht ist schwächer als das vieler anderer und von einem grauen Schleier überzogen. Es besteht Gefahr, dass du dich an dein Leben erinnerst und dich in der Vergangenheit verlierst. Bevor du nach Kryson zurückkehren kannst, muss deine Seele erst heilen und wieder rein werden. Es dürfen keine Erinnerungen an frühere Leben zurückbleiben. Das wird dauern. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Die Zeit auf Kryson schreitet zwar voran, aber die Zeit hat keine Bedeutung im Land der Tränen.«
    »Und was machen wir, solange sich meine Seele erholt?«, wollte Madhrab wissen.
    Elischa lächelte ihn an.
    »Wir lassen es uns gut gehen«, lachte sie, »wir lieben uns. So oft und wann immer wir wollen. Wir tanzen und reden miteinander. Wir freuen uns und lachen. Wir sind frei und tun, was uns gefällt. Niemand wird uns stören. Sieh dich nur um, wie schön es hier überall ist. Wir sollten das Land der Tränen gemeinsam durchstreifen. Es gibt so vieles zu entdecken. Und bald wird deine Seele wieder so hell erstrahlen wie das Licht der Sonne.«
    »Das klingt gut«, sagte Madhrab.
    Er schirmte seine Augen mit der Hand ab und blickte nach oben zum Himmel. Madhrab blinzelte, er wollte nicht glauben, was er sah.
    »Es ist nur eine Sonne«, rief Madhrab, »aber sie scheint so hell wie zwei Sonnen zusammen.«
    »Aber natürlich«, meinte Elischa, »wie kommst du nur darauf. Es gibt nur diese eine Sonne, die uns den Tag erhellt, Leben und Wärme schenkt.«
    »Und ich war mir sicher, es müssten zwei Sonnen am Himmel stehen«, schüttelte Madhrab ungläubig den Kopf, »zwei Sonnen, die sich in entgegengesetzte Richtungen bewegen und sich im Laufe eines Tages treffen und eine Dämmerung hervorrufen.«
    »Das ist eine eigenartige Vorstellung. Vielleicht aus einem deiner früheren Leben?«, bemerkte Elischa verwundert. »Das ist gefährlich, du solltest diesen Gedanken nicht haben.«
    Madhrab nickte. Elischa hatte recht. Manches im

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