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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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suchtet. Ihr konntet damals nur die Nacht verlieren und den Tag gewinnen. Das hätte Euch bewusst sein müssen. Aber was hilft es Euch, noch darüber zu jammern? Ich kann Euch nicht zu Eurem Glück zwingen. Ihr müsst Euch mir freiwillig öffnen. Ich mache Euch ein einmaliges Angebot. Nehmt es an! Ihr könnt dadurch nur gewinnen.«
    »Ihr werdet meinen Geist nicht beherrschen!«, sagte Tomal. »Sosehr Ihr Euch auch bemühen werdet, das lasse ich nicht zu.«
    »Ihr seid der Stärkere. Das weiß ich. Vertraut mir, es wird nicht zu Eurem Nachteil sein. Ich ordne mich dem Lesvaraq unter und werde keinen Kampf führen, den ich nicht gewinnen kann«, meinte Blyss.
    Tomal zögerte. Die Worte des Gefäßes klangen überzeugend und verlockend. Aber durfte er dem Schattenwesen wirklich vertrauen? Welche Folgen würde es für ihn haben, wenn er Blyss in sein Innerstes blicken ließe und mit ihm eins würde? Was wäre, wenn das Gefäß am Ende doch stärker wäre und ihn übernehmen würde? Würde er sich dagegen wehren können oder lauerte der böse Geist nur auf eine Gelegenheit, einen Augenblick der Ablenkung und Unachtsamkeit, ihn zu kontrollieren?
    »Die Dunkelheit. Ich vermisse sie. Ich brauche sie«
, ging es Tomal durch den Kopf,
»wie ein Fisch das Wasser und wie wir die Luft zum Atmen. Ohne die Nacht bin ich nichts. Blyss hat recht. Ich werde mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.«
    Der Lesvaraq sah sich im Lager um. Kallya und Malidor schliefen, sie hatten offenbar noch nicht gemerkt, dass ein Unwetter aufzog. Die Gelegenheit war günstig, niemand würde etwas davon bemerken, sollte er auf Blyss’ Vorschlag eingehen und das Schattenwesen in sich aufnehmen.
    »Einverstanden«, stimmte Tomal schließlich zu, »schenke mir die Dunkelheit und sei ein Teil meiner selbst.«
    Tomal hörte das dreckige Gelächter des Gefäßes, nachdem er den Vorschlag angenommen hatte. Rasend schnell stürzte Blyss aus seinem Versteck hervor und sprang auf Tomal zu. Es gab kein Zurück mehr. Blyss schlüpfte in den Lesvaraq und verband sich mit seinem Geist.
    Sofort spürte Tomal die Dunkelheit in seinen Gedanken. Aber es war nicht wie zuvor, als er die Nacht noch in sich hatte. Es war eine trügerische, hinterlistige Dunkelheit. Sie war böse und in der Lage, sein Wesen zu verändern, ohne dass er dies gewollt hätte. Blyss war mächtiger, als der Lesvaraq angenommen hatte. Es würde ihm schwerfallen, sich der Boshaftigkeit des Gefäßes zu entziehen. Kaum steckte Blyss in ihm, begann er bereits den Geist des Lesvaraq zu vergiften.
    »Du brauchst Kallya nicht mehr«
, sagte eine Stimme in Tomal,
»du hast jetzt mich.«
    Als wäre die Stimme ein Teil seiner selbst, die zu ihm sprach. Tomal war wohl bewusst, dass sie zu Blyss gehörte und doch konnte er sie nicht unterdrücken. Er musste einen Weg finden, ihr zu widerstehen und sie zu beherrschen. Ließ er es zu, dass sie ihn beeinflusste, würde er ihr womöglich unterliegen und Blyss gewänne die Oberhand über seinen Geist. Unvorstellbar, über welche Macht das Gefäß verfügen würde.
    »Töte Kallya! Mach ein Ende und gib dich der wahren Macht hin. Die Nacht ist dein!«
    Mordlust raste durch seine Gedanken. Tomal sah, wie er Kallya tötete, und das Bild gefiel ihm erschreckend gut. Er schüttelte sich, um den Gedanken und die Bilder loszuwerden.
    »Nein!«
, sagte er.
»Sei still! Ich habe dir gesagt, ich werde nicht zulassen, dass du meinen Geist übernimmst. Kallya ist meine Magierin des Lichts und sie wird mir zur Seite stehen, wie es der Magier eines Lesvaraq immer schon getan hat.«
    »Das ist schade«
, meinte Tomals zweites Ich, »
das Licht blendet uns und es hindert uns daran, die Dunkelheit vollständig zu entfalten. Willst du nicht wenigstens versuchen, deine alte Stärke wiederzuerlangen?«
    »Du versuchst mich zu täuschen, Blyss«
, antwortete Tomals Geist,
»töte ich Kallya, wirst du frei sein, wie du es dir gewünscht hast. Ich bin nicht dumm. Also lass das oder ich verbanne dich wieder aus meinem Körper und aus meinem Geist.«
    »Tut mir leid«
, gab Blyss klein bei,
»aber ich habe nur ausgesprochen, was ich in deinem tiefsten Inneren gesehen habe. Ich werde es nicht noch einmal versuchen. Tötest du Kallya dennoch, gib nicht mir die Schuld an ihrem Tod! Es wäre dann dein eigener Geist, der dich zu so einer Tat verleiten würde.«
    Tomal fasste sich an den Kopf und verzog das Gesicht zu einer Grimasse des Schmerzes, als hätte er plötzlich fürchterliche

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