Kryson 06 - Tag und Nacht
Lesvaraq und das Buch der Macht?
»Das Buch? Wo ist es?«, rief er erschrocken.
»Tomal hat das Buch«, sagte Tarratar ruhig.
»Tomal? Ich erinnere mich«, Sapius geriet vor Aufregung außer Atem, »als Grenwin mich angriff, habe ich es ihm zugeworfen.«
»Das hättet Ihr nicht tun sollen«, tadelte ihn Tarratar.
»Ich weiß, aber ich hatte Angst, der vierte Wächter würde mich töten und mir das Buch wieder abnehmen. Alles wäre vergebens gewesen. Der Tod unserer Gefährten … umsonst.«
»Ihr hattet kein Vertrauen in das Buch und die Wächter«, merkte Daleima an.
»Aber Grenwin … er wollte mich fressen. Er war doch ein Wächter«, verteidigte sich Sapius.
»Er hätte Euch nichts getan, solange Ihr das Buch der Macht in den Händen hattet«, behauptete Tarratar.
»Das konnte ich nicht wissen und es ist auch nicht richtig. Ich hatte das Buch noch, als er seine Tentakeln nach mir auswarf und mich zu sich heranzog.«
»Hm … nun ja«, grübelte Tarratar, »er war außer sich vor Schmerzen und tief berührt vom Tod Peevas und seiner Kinder. Versucht, ihn zu verstehen. Vielleicht wollte er Euch nur Angst einjagen, Euch zeigen, wer der wahre Herr im Netz ist. Ihr habt ihn geschlagen, das hat ihn schwer getroffen. Nie zuvor wurde er in seinem Netz besiegt. Grenwin wusste, dass er verloren hatte und das Buch herausgeben musste. Ich glaube nicht, dass er Euch in diesem Moment gefressen hätte.«
»Nein?«, empörte sich Sapius. »Er stopfte meinen Kopf bis zum Hals in seinen stinkenden Rachen und ritzte mir den Hals mit seinen Zähnen auf. Wozu, frage ich Euch, wenn er mir den Kopf nicht abreißen wollte? Ihr habt doch selbst gesagt, Daleima hätte mir das Leben gerettet.«
»Das stimmt. Aber da hattet Ihr das Buch schon aufgegeben und Grenwin hatte keinen Grund mehr, Euch zu verschonen. Er war wütend über den Verlust, den er erleiden musste und für den er Euch die Schuld gab.«
»Nehmt ihn nur in Schutz«, beschwerte sich Sapius, »ich durchschaue Euch, Tarratar.«
»So?«, lachte der Narr. »Na dann ist doch alles gut.«
»Was ist mit den übrigen Streitern geschehen? Vargnar und Malidor?«, wollte Sapius wissen.
»Malidor flüchtete noch während des Kampfes. Nachdem er gesehen hatte, was Grenwin mit Renlasol angestellt hatte, floh er Hals über Kopf. Wohin, wissen nur die Kojos. Vargnar besiegte die Riesenspinne. Wir mussten ihn mit Gewalt aus dem Netz holen, weil er nicht aufhören wollte, Peeva zu zerstückeln. Er hat die Insel gemeinsam mit seinem Felsenfreund bereits wieder verlassen.«
Sapius war enttäuscht. Er empfand für den Felsgeborenen Freundschaft und er hatte angenommen, Vargnar erginge es ähnlich. Der Magier hatte gedacht, Vargnar würde sich um ihn sorgen und auf ihn warten, bis alles vorbei war. Aber er war einfach gegangen. Wahrscheinlich hatte er gedacht, der Magier wäre wie Renlasol im Kampf gefallen, hielt er ihm zugute.
»Der Felsenprinz wollte nicht gehen«, erzählte Daleima, »wir mussten ihn davon überzeugen, dass es besser war, Zehyr und die Insel sofort zu verlassen. Den Angriff auf den Wächter und den Umstand, dass Peeva im Kampf durch sein Schwert getötet wurde, hätte ihm die Königin übel genommen. In ihrer Stadt entgeht Saykara nichts. Sie hätte schon bald erfahren, wer ihre Riesenspinne getötet hat. Sie hätte Vargnar gefangen genommen, foltern und anschließend hinrichten lassen. Glaubt mir Sapius, sie kennt Mittel und Wege, denen selbst ein Felsgeborener nichts entgegenzusetzen hat.«
Sapius nickte. Er zweifelte nicht an Daleimas Worten. Die Königin der Nno-bei-Maya war gefährlich.
»Wir baten Vargnar, so schnell wie möglich in seine Heimat und zu seinem Vater zurückzukehren«, ergänzte Tarratar, »die Königin führt etwas im Schilde. Einen verheerenden Angriff auf die Nno-bei-Klan. Die Felsgeborenen müssen sich wappnen, denn fallen die Nno-bei-Klan, werden sie vielleicht die Nächsten sein. Wir wissen nicht, was Tomal vorhat und ob er der Königin bei ihren Plänen helfen wird. Aber er besitzt das Buch der Macht und wird es einsetzen. Tut er das, werden die Felsgeborenen unmittelbar betroffen sein. Alle werden die Macht des Lesvaraq zu spüren bekommen. Vargnar unterstützt seinen Vater dabei, eine Armee aufzustellen, und wird sie falls nötig anführen. Die Klanlande und das Riesengebirge im Norden müssen geschützt werden.«
»Wir sollten Tomal das Buch abnehmen«, schlug Sapius vor, »ist er noch auf der Insel?«
»O ja, das ist er«,
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