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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Euch dabei gerne den Vortritt«, sagte der Narr.
    »Seid Ihr zu feige dafür, Tarratar? Der Lesvaraq ist am Ende.«
    »Feige? Nein. Aber Ihr habt ihn aufgezogen und seid sein Lehrer gewesen. Tomal ist Euer Werk, Sapius.«
    Der Magier schüttelte den Kopf, aber er wusste, worauf Tarratar hinauswollte. Er ging auf den Lesvaraq zu und sah ihm in die Augen. Dort fand er nichts mehr, was den Tomal einst ausgemacht hatte. Die Dunkelheit war verschwunden und das Licht nur noch schwach vorhanden. Zu schwach, um wieder zu erstarken. Sein Körper war zerstört. Nur die Magie des Narren hielt ihn noch am Leben.
    »Es tut mir leid, Tomal«, sagte Sapius leise, »vielleicht kannst du meine Worte tief in deinem Inneren noch verstehen. Einst dachte ich, dass du meinen Schutz und mein Wissen brauchst, um groß, stark und mächtig zu werden. Ich glaubte an den Zeichenträger und seine Macht, das Schicksal zum Guten zu verändern und eine neue Welt zu erschaffen. Du hattest es in der Hand und die besten Voraussetzungen. Zwei Zeichen, Tag und Nacht waren in dir vereint. Das hat es noch nie zuvor gegeben. Ich vertraute darauf, dass es richtig wäre, mich dir anzuschließen. Aber du hast deine Macht vergeudet und sie missbraucht. Leb wohl. Es wird Zeit, dass wir für immer Abschied nehmen.«
    Der Lesvaraq sah den Magier verständnislos an und bewegte die Lippen.
    »Sapius, warum hast du mich verlassen? Lass mich nicht allein«, stammelte Tomal mit bebenden Lippen.
    »Fürchte dich nicht, Tomal. Du wirst deinen Frieden finden.«
    Sapius gab dem Lesvaraq einen festen Stoß. Tomal kippte nach hinten, verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Krater. Er ruderte weder mit den Armen noch schrie er. Der Magier blickte dem Fallenden nach und sah, wie sein Körper Feuer fing, noch bevor er in die heiß brodelnde Lava fiel und brennend unterging.
    Tarratar war neben den Magier getreten und legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter.
    »Ihr solltet jetzt besser gehen«, sagte Tarratar, »für Euch gibt es hier nichts mehr zu tun.«
    »Und wohin werdet Ihr gehen?«
    »Macht Euch um einen Narren keine Gedanken«, lächelte Tarratar, »ich werde schon einen sicheren Ort finden, an dem ich mich verkriechen und meine Späße treiben kann. Denkt immer daran, Sapius. Das Leben und die Liebe finden immer einen Weg. Sie sind stärker als der Tod.«
    »Wenn ich Euch das nur glauben könnte«, schüttelte Sapius den Kopf.
    »Einen Rat noch, bevor Ihr nach Fee geht«, sagte Tarratar, »haltet Ausschau nach einem Sturmschiff der Nno-bei-Maya. Es darf Fee niemals erreichen.«
    »Und weshalb nicht?«
    »Weil es die Frucht des Lesvaraq zum magischen Kontinent befördert.«
    »Saykara? Sie trägt ein Kind unter ihrem Herzen?«
    »Nicht
ein
Kind, Sapius.
Sein
Kind!«
    »Was, wenn sich Tarratar täuscht und es mein Kind wäre?«
, fragte sich Sapius erschrocken.
    »Ihr fürchtet, es könnte ein Lesvaraq werden, nicht wahr?«
    »Wer weiß das schon? Tomal ist tot, der Zyklus beendet. Es wäre also möglich. Aber Fee ist nicht das Land der Lesvaraq. Das Gleichgewicht würde empfindlich gestört. Wir dürfen keinerlei Risiko eingehen. Nicht nach dieser Katastrophe! Kryson braucht Zeit, sich zu erholen. Die Königin und das Kind müssen sterben.«
    »Ihr wollt, dass ich sie und das Kind umbringe«, sagte Sapius.
    »Das ist Eure Entscheidung«, antwortete der Narr, »ich sagte nur, dass das Schiff Fee nicht erreichen darf.«
    Haffak Gas Vadar war im Anflug und landete in einiger Entfernung von Sapius und dem Narren.
    »Ich habe die Sonne gesehen«
, rief Haffak Gas Vadar dem Magier zu,
»uns bleibt keine Zeit mehr. Wir müssen gehen. Sofort!«
    »Ich komme«
, antwortete Sapius und eilte los.
    »Denkt an meine Worte!«, rief ihm Tarratar hinterher. »Lebt wohl, Sapius. Wir sehen uns bestimmt wieder!«
    Sapius kletterte auf den Rücken des Drachen und entdeckte erst jetzt die Felsenfreunde, die sich auf Haffak Gas Vadar verteilt hatten und sich an den Schuppen festgeklammert hatten. Der Drache musste Sapius nichts erklären. Der Magier schwieg und trauerte schweigend um seinen Freund.
    Der Drache breitete die Schwingen aus und schwang sich durch den dichten Rauch in die Lüfte. Kaum hatte er an Höhe gewonnen, drehte er Richtung Ostmeer ab und beeilte sich, Ell hinter sich zu lassen.
    Sapius blickte noch einmal wehmütig zurück, aber Tarratar war bereits verschwunden, wie so vieles, was der Magier nicht wiedererkannte. Ell war verloren.

Flucht
    S chweigend flogen

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