Kryson 06 - Tag und Nacht
der Macht angerichtet hatten.
Seit Tausenden von Sonnenwenden herrschte das Chaos über Ell. Der Kontinent war ein unbewohnbarer, schwarz verbrannter Fleck auf Kryson, auf dem nur die Schatten und die Toten wandeln konnten. Aber über eines hatte Sapius keine Gewissheit. Das Schicksal der magischen Brüder. Er wusste bis heute nicht, ob sie in den heiligen Hallen umgekommen waren oder ob ihnen die Flucht nach Fee gelungen war. Er hatte nie nach ihnen gesucht, aber er hatte auch nie wieder etwas von ihnen gehört. Vielleicht schmiedeten sie noch immer Pläne in ihrem neuen Heim.
An manchen Tagen erinnerte sich Sapius noch an seine Zeit auf Ell und den steten Kampf um den Ausgleich. Tag und Nacht. Vieles war auf Fee niemals bekannt geworden. Doch eines hatte sich auch für Fee verändert. Es gab nur noch eine Sonne und seitdem einen steten Wechsel zwischen Tag und Nacht. Kryson war aus der Bahn geraten und hatte sich doch wieder gefangen.
Namen und Gesichter von Freunden und Mitstreitern waren verschwommen oder verschwunden. Manche jedoch würde er nie vergessen. Sie hatten sich in sein Gedächtnis eingebrannt, als stünden sie hier und jetzt neben ihm. Sie waren seine Freunde gewesen. Welch unsägliches Leid hatte ihnen das Schicksal zugefügt.
Aber heute war nicht der Tag, sich an die Toten zu erinnern. Madhrab, Elischa, Prinz Vargnar, Renlasol, Baijosto, Belrod und all die anderen. Wenigstens die kleinen Felsenfreunde hatte er mit nach Fee nehmen können. Ihre Nachfahren lebten noch heute mit ihm in seiner Hütte. Die meisten Felsenfreunde waren bei den Tartyk geblieben und dienten seither den Drachen.
Sapius musste Reisevorkehrungen treffen und seinen Schüler Kaschta in die Pflege seiner wertvollen Blumenzucht einweisen. Kaschta war ein guter und gelehriger Schüler mit einem großen Herz für die Völker Fees und die Tiere. Mit den Pflanzen hatte er jedoch so seine Schwierigkeiten. Ihm fehlte die Geduld. Dennoch bereitete er dem Magier Freude und all seine Hoffnungen lagen auf dem jungen Mann.
Sapius hatte ihn erst vor wenigen Sonnenwenden als Schüler bei sich aufgenommen. Er hatte lange und ausgiebig über diesen Schritt nachgedacht. Kaschta stammte aus Posios und war ein Kind der Völker des Lichts. Fröhlich, zuvorkommend, höflich und meist gut gelaunt. Die Einsamkeit in den Wäldern Fees war für Sapius zu bedrückend geworden. Schließlich hatte er sich dazu entschlossen, Kaschta zu unterrichten.
Er hatte seinen Schüler lange beobachtet, bevor er ihn zu sich gerufen hatte. Eines Tages – so hoffte der Magier – würde er Sapius vielleicht nachfolgen und sein magisches Erbe antreten.
Alle zehn Sonnenwenden trafen sich die Propheten und Seher der Völker des Lichts und der Dunkelheit am Fuße des Berges Nikknar, dem Berg der Propheten. Es war eine lange und mühevolle Reise, die Sapius über den halben Kontinent Fee führte. Haffak Gas Vadar durfte ihn auf dieser Reise nicht bis zum Berg der Propheten begleiten. Die Propheten und Seher sahen die Drachen nicht gerne in ihrer Nähe. Sapius hatte daher vor, die Drachenreiter auf seiner Reise nach Nikknar zu besuchen und einige Wochen bei ihnen zu verbringen. Er war schon gespannt darauf, was sie ihm zu berichten hatten. War es die achte oder bereits neunte Generation?
Bis nach Gafassa würde ihn Haffak Gas Vadar bringen und bis zu seiner Rückkehr bei den Tartyk würde er auf ihn warten, was Sapius einen großen Teil des Weges zu Fuß und viel Zeit sparte.
»Vergiss nicht, das Feld jeden Tag abzugehen und die Pflanzen genau zu untersuchen«, ermahnte Sapius seinen Schüler, »gelbe und abgestorbene Blätter musst du sofort entfernen. Aber gib acht, dass du dich nicht an ihren Dornen verletzt. Das Gift könnte dich töten. Sieh nach Schädlingen und Krankheiten. Der blaue Waldrüsselkäfer liebt ihren Saft und legt seine Eier nur allzu gerne in ihre Samenkapseln ab. Solltest du einen Käfer entdecken, musst du alle Pflanzen nach weiteren Käfern absuchen und die Candallee sofort von der Plage befreien. Verliere keine Zeit damit. Die Käfer sind gefräßig und können die gesamte Zucht in wenigen Tagen zerstören. Der Kampf gegen die Käfer ist eine schwierige und langwierige Aufgabe, die dich rasch zur Verzweiflung treiben kann. Setze die Magie ein, die ich dir beigebracht habe. Das wird dir dabei helfen. Die Candallee ist anfällig gegen Pilze. Sprich mit den kranken Pflanzen. Das stärkt ihre Widerstandskraft. Sollte das nicht helfen, singe für
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