Kubu und der Tote in der Wueste
schmecken, das durch Kubu zum Lieblingsgetränk der ganzen Familie geworden war. Kubu hätte gern ein, zwei Gläser Wein getrunken, aber sein Vater wäre entsetzt
darüber gewesen – Alkohol am heiligen Sonntag! –, und Kubu wollte den Familienfrieden um keinen Preis stören.
Wilmon freute sich immer über eine Tasse Tee nach der Kirche, während sie auf das Mittagessen warteten, und Kubu bereitete sie ihm zu. Sein Vater mochte seinen Tee mit viel Milch und drei gehäuften Teelöffeln Zucker, gut umgerührt. Kubu setzte sich dann zu ihm auf die Veranda, ebenfalls mit einem Tee (schwach und schwarz, weil Zucker und Milch im Rahmen seiner derzeitigen Diät verboten waren), und dann unterhielten sie sich. Eine halbe Stunde lang waren sie Vater und Sohn.
An diesem Sonntag hatte Kubu etwas auf dem Herzen. Er brauchte die Hilfe seines Vaters, war sich aber nicht sicher, ob er sie erhalten würde.
»Hast du die Sonntagszeitung gelesen, Vater? Erinnerst du dich an Angus Hofmeyr, meinen Schulfreund?« Er hielt den Sunday Standard hoch. Auf der Titelseite meldete die aufdringliche Schlagzeile: Angus Hofmeyr – grausiger Fund am Strand! Darunter war eine unscharfe Luftaufnahme von einer Luxusvilla am Strand abgebildet. Da Kubus Vater das Lesen schwerfiel, las Kubu den Artikel vor: »Anwohner der luxuriösen Strandhaussiedlung in Plettenberg Bay reagierten heute schockiert auf einen grausigen Fund am Strand. Der abgetrennte Arm von Angus Hofmeyr wurde etwa eine halbe Meile von der Stelle entfernt angeschwemmt, an der er zwei Tage zuvor frühmorgens baden gegangen war. Die Polizei warnt die Anwohner, dass noch weitere Leichenteile an die Küste gespült werden könnten. Es bestehen kaum noch Zweifel daran, dass Angus Hofmeyr, der Erbe des Botswana Cattle and Mining Imperiums, von einem Weißen Hai angegriffen und getötet wurde. Die Hand trug offenbar zwei markante Ringe, die,wie ein Polizeisprecher bestätigte, vonAngus’ Schwester, Ms Dianna Hofmeyr, eindeutig identifiziert wurden. Ms Hofmeyr war zu erschüttert, um sich den Medien gegenüber zu äußern. «
Wilmon schlürfte seinen Tee und warf einen abfälligen Blick auf die Zeitung.
»Vater, dieser Tod erinnert mich an den Kamissa-Mord, in dem ich ermittle. Teile des Körpers waren abgetrennt worden. Ein Unterarm fehlte, und andere Gliedmaßen waren nicht mehr mit dem Rumpf verbunden. Dann wurde die Leiche in der Wüste den Hyänen zum Fraß vorgeworfen. Vielleicht ist auch Angus’ Körper zerschnitten und in Einzelteilen den Haien zum Fraß vorgeworfen worden. Die ganze Geschichte stimmt hinten und vorne nicht. Du kennst dich doch mit den Traditionen aus, den alten Riten. Ich frage mich, was du davon hältst.«
Kubus Vater war ein Experte in Kräuterheilkunde und kannte die meisten Geheimnisse der Wüstenpflanzen. Die Leute betrachteten ihn als traditionellen Heiler, aber er war kein Medizinmann. Niemals hätte er bei der Verabreichung seiner Naturheilmittel irgendwelche Zauberformeln oder Geisterbeschwörungen gemurmelt. Er war ein zutiefst gläubiger Christ und gab seinen Patienten höchstens einen frommen Segenswunsch mit auf den Weg. Nur in sehr seltenen Fällen sprach er ein kurzes Gebet. Aber Wilmon kannte sich mit Medizinmännern und ihren Taten aus, den guten wie den bösen.
»Du glaubst also, dein Freund wurde umgebracht? Ermordet?«
»Ich glaube, beide Männer wurden ermordet. Ich frage mich, ob ihre Körper zerstört wurden, damit es nicht auffiel, wenn bestimmte Teile fehlten. Teile, die entwendet wurden. Für dipheko.«
Sein Vater zuckte bei dem Wort und den Assoziationen, die es hervorrief, zusammen. »Das ist keine passende Unterhaltung für dein Zuhause«, erwiderte Wilmon energisch. »Besonders nicht am Sonntag, im Kreise deiner Familie. Diese Männer sind böse. Sie tun die Arbeit des Teufels. Es ist besser, nicht danach zu fragen.«
»Vater, ich bin Polizist. Es ist meine Aufgabe, diese Leute zu fangen. Sie aufzuhalten, sie ins Gefängnis zu bringen.«
Doch sein Vater schüttelte den Kopf. »Du kannst sie nicht aufhalten. Du bist nur ein Mensch. Sie besitzen sowohl die Kraft ihrer Opfer als auch die ihres Herrn und Meisters. Nur die Liebe Gottes kann uns vor ihnen schützen.«
»Vater, bitte hilf mir! Würden diese Männer meinen Freund ermorden?«
Sein Vater sagte nichts. Er trank seinen Tee aus. Kubu befürchtete, seinen Vater beleidigt zu haben. Endlich sagte Wilmon: »David, du verstehst das nicht. Du hast an der Universität
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