Kubu und der Tote in der Wueste
einfach zu spät dazugekommen. Er war froh, dass er seine Schuldgefühle überwunden hatte. Aber Rotbart war ihm entkommen – jetzt mit sechs Morden auf dem Gewissen, wie sie annahmen. Und wer war nur dieser Daniel? War es ein Codename für Rotbart? Kubu glaubte es nicht. Ein Codename für Cecil? Auch das schien unwahrscheinlich. Ob Dianna fantasiert hatte, als sie im Krankenhaus lag?
»Keine Sorge, Angus«, sagte Kubu leise. »Wir kriegen sie, Daniel und Rotbart, wer immer sie in Wirklichkeit sein mögen.« Mabaku warf ihm einen Blick zu, sagte aber nichts. Er wusste nichts von Daniel und glaubte, Rotbart sei der Drahtzieher und wäre längst ihrem dünn gespannten Netz entkommen. Die Grenzen Botswanas waren einfach zu lang. Sie hatten Rotbart nur mit einer gehörigen Portion Glück erwischt, und jetzt mussten sie sich auf die eher widerwillige Unterstützung der angolanischen Behörden verlassen.
Die Trauerreden am Grab waren kurz. Es gab eine für jeden der Zwillinge, die die Welt gemeinsam betreten hatten und jetzt gemeinsam unter die Erde kamen. Die Polizisten konnten nicht sehen, was an den Gräbern vor sich ging, weil sie zu weit weg standen, und sie hörten die Reden nur, weil sie über Lautsprecher übertragen wurden. Anschließend warfen die Trauergäste jeder eine Handvoll der sandigen Erde Botswanas auf die Särge und zerstreuten sich dann allmählich. Kubu und Mabaku waren unter den Letzten. Nachdem sie ihre Erde auf die bereits verborgenen Särge geworfen hatten, drückten sie der Familie ihr Beileid aus.
»Danke, meine Herren, dass Sie heute gekommen sind«, sagte Pamela Hofmeyr. »Haben Sie irgendwelche Fortschritte erzielt?« Mabaku versicherte ihr, dass sie alles in ihrer Macht Stehende täten.
»Jedenfalls glauben Sie nicht, er sei beim Schwimmen ertrunken, wie die südafrikanische Polizei. Dummköpfe. Bitte lassen Sie es mich auf jeden Fall wissen, wenn ich Ihnen in irgendeiner Form behilflich sein kann.« Sie blickte an ihnen vorbei auf die offenen Gräber. »Das ist das Ende des Hofmeyr-Clans, wissen Sie . Alle meine Kinder liegen jetzt hier, und auch mein Ehemann. Alle sind eines ungeklärten, gewaltsamen Todes gestorben. Roland wollte, dass wir alle hier begraben werden. Aber ich werde nicht bei ihnen sein. Ich glaube nicht, dass ich je wieder nach Botswana zurückkehre.« Sie warf ihrem Schwager einen verächtlichen Blick zu. »Vielleicht wünscht sich Cecil einen Platz an diesem Ort, wenn seine Zeit gekommen ist. Er wollte es Roland ja immer gleichtun.« Ein betretenes Schweigen trat ein. Cecil durchbrach es, indem er die beiden Polizisten förmlich zu einem Imbiss ins Gaborone Sun einlud. Beide nahmen die Einladung an, und Cecil ging ohne ein weiteres Wort. Die Herzlichkeit in seiner Beziehung zu Mabaku gehörte der Vergangenheit an. Pamela sprach bereits mit zwei anderen Gästen, und Kubu und Mabaku wichen ein Stück beiseite.
»Gut, dann sehen wir uns gleich im Sun«, sagte Mabaku. Sie waren mit zwei Autos gekommen. Kubu nickte, obwohl er gar nicht vorhatte, am Leichenschmaus teilzunehmen. Er wollte am Grab allein sein, nachdem alle anderen gegangen waren. Doch als Mabaku sich entfernt hatte, näherte sich ihm ein anderer Mann. Es war Bongani.
»Schon komisch, Kubu. Wieder neben seiner Leiche zu stehen. Hier liegt er würdevoller, aber irgendwie so öffentlich.« Kubu verstand, was er meinte. Sie warteten schweigend, bis die Totengräber die Gruben zugeschaufelt und Hügel darüber errichtet hatten. Dann sagte Bongani: »Der Medizinmann war auch hier, weißt du.«
Kubu hatte es natürlich nicht bemerkt und sah seinen jungen Freund misstrauisch an. Doch Bongani wirkte ruhig, ja, friedvoll.
»Er hatte wieder seinen Anzug an. Er sah genauso aus wie alle anderen aus der Firma! Bestimmt haben sie sich gefragt, welcher Abteilung er angehört.« Er lächelte.
»Er hat auch mit mir gesprochen. Er sagte, jetzt wäre alles gut. Ich habe nicht verstanden, was er meinte, als er sagte, die drei wären jetzt wieder getrennt – der Drongo, der Falke und der Adler −, obwohl sie hier beisammen wären. Er sagte, er sähe sie nicht mehr. Ich glaube, ich habe ihn die ganze Zeit falsch verstanden. Ich dachte, sein Verhalten gälte mir. Aber ich war nur die Leinwand, auf der seine Visionen erschienen.«
»Du meinst also, das ist das Ende deiner Medizinmann-Besuche?«
Bongani nickte. »Ich bin mir sicher. Er hat mir alles Gute gewünscht und mir Lebewohl gesagt, als wir uns verabschiedet haben.
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