Kubu und der Tote in der Wueste
nicht.« Der Mann sah verärgert aus, führte ihn aber weiter.
Die beiden arbeiteten sich durch Gebüsch und Schilf bis zum Flussufer, wo ein Mokoro versteckt war, ein Einbaum, der aus dem gut abgelagerten, ausgehöhlten Stamm eines Leberwurstbaums geschnitzt war. Lautlos vermochten diese Boote durch flaches Wasser zu gleiten, vorangetrieben mit einer Stange, die ein am Ende des Einbaums stehender Mann in den Flussgrund stieß. Die Bewohner dieser Gegend benutzten solche Mokoros seit Jahrhunderten.
Der Beifahrer zog das Boot ins Wasser und bedeutete Rotbart, sich vorne hineinzusetzen. Rotbart tat es, die Waffe immer noch griffbereit. Der andere Mann schob den Mokoro weiter hinaus auf den Fluss. In letzter Sekunde sprang er hinein, die Stange in der Hand. Er war froh, dass der Fluss noch nicht viel Wasser führte. Wenn die Flut kam, verwandelte sich das Gebiet in einen See.
Ein drei Meter langes Krokodil beobachtete die Männer und das Boot. Nur seine Nüstern ragten aus dem Wasser auf. Das war sein Revier, und es hasste Eindringlinge. Es war nicht sehr hungrig, denn es gab viele Fische. Doch als Einziges der afrikanischen Raubtiere betrachtete es Menschen nicht nur als Feinde, sondern auch als Futter.
Rotbart kratzte sich in den nachwachsenden roten Stoppeln. Er brannte darauf, endlich nach Namibia zu gelangen, das auf der anderen Seite des Flusses lag. Vom Ufer aus waren es zwei Stunden Fußmarsch zur Linyanti Road. Dort sollte ein Fahrzeug auf ihn warten. Der Caprivi-Streifen, den er überqueren musste, war sechzig Meilen breit, eine Landzunge, die von Namibia aus bis nach Botswana reichte und an Angola und Sambia leckte. Mit der Spitze berührte sie Simbabwe. Das Flugzeug sollte in Katima warten. Jedenfalls dann, wenn die anderen rechtzeitig aus Vic Falls rausgekommen waren und ihn nicht als unzuverlässig aufgegeben hatten. Er hätte es ihnen nicht verübeln können. Aber er würde sie trotzdem kriegen. Das verlangte sein Stolz.
Der junge Schwarze steuerte den Mokoro fachmännisch um einige Sandbänke und Felsen herum. Er war nach wie vor äußerst nervös. Am schwierigsten war es, die tiefen Stellen zu überqueren. Aber er schaffte es geschickt, umfuhr die Sandbank und gelangte in das seichte Wasser auf der Seite Namibias. Bald hatte er sie an eine ruhige Stelle manövriert, an der sie das Boot an Land ziehen konnten.
Der Bootsmann wollte schnell zurückkehren, solange der Mond noch etwas Licht spendete. »Jetzt sind Sie da«, sagte er. »Geben Sie mir meinen Lohn.«
»Gut«, sagte Rotbart. »Mit dem versprochenen Bonus.«
Der Schuss schreckte die dösenden Wasservögel auf, die sich mit rauschendem Flattern und empörtem Kreischen in die Lüfte erhoben. Das Krokodil sank tiefer ins Wasser und wartete. Dann schwamm es auf die andere Seite, um nachzusehen, was da Großes, Blutendes ins Wasser geplatscht war.
Kapitel 76
Der Gottesdienst war enttäuschend, irgendwie kühl angesichts dieser Tragödie. Der Pfarrer hatte die Hofmeyr-Zwillinge offenbar nicht gekannt, und seine Worte, die er von schwer zu entziffernden Notizen ablas, waren unpersönliche Allgemeinplätze. Kubu war froh, als es vorbei war.
Nach dem Gottesdienst versammelten sich die Trauergäste auf dem alten Friedhof in der Innenstadt, nicht weit von der BCMC-Zentrale entfernt. Kubu und Mabaku fuhren mit dem Auto von der Kirche aus hin und folgten den anderen Trauergästen zu den offenen Gräbern.Kubu entdeckte Bongani und winkte, aber der Ökologe war schon wieder in der Menge verschwunden.
»Ganz BCMC scheint hier zu sein«, bemerkte er an den Director gewandt.
Mabaku nickte. »Wahrscheinlich haben alle Angst vor der Zukunft. Wohin wird es mit dem Unternehmen gehen? Wird Cecil wieder den Vorsitz übernehmen? Was sagen die Testamente und der Trust? Keiner würde es wagen, sich heute nicht hier blicken zu lassen.«
Die Leute gehen aus den unterschiedlichsten Gründen zu Beerdigungen, dachte Kubu. Die Mitarbeiter aus Solidarität, die Freunde, um die Angehörigen zu unterstützen, die Angehörigen, um sich zu verabschieden, und die Polizei, um die Trauernden zu observieren. Viele kommen auch nur zum Essen! Keiner kommt den Verstorbenen zuliebe. Sie befinden sich bereits in anderen Händen. Warum war Bongani gekommen? Nun, er hatte Angus’ Leiche gefunden. Vielleicht wollte auch er Abschied nehmen, und auch Kubu wollte seinem Freund Lebewohl sagen. Er hatte akzeptiert, dass er nichts hätte tun können, um Angus zu retten. Er war
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