Kuche Totalitar - Wladimir Kaminer
Gerissenheit ging aber mit einer erstaunlichen Naivität einher. So überredete ihn mein Freund der Professor einmal, ihm eine ganz normale Wandsteckdose abzukaufen – mit dem Argument, an die Wand geschraubt würde man mit Hilfe dieser Steckdose immer und überall Tee kochen und Musik hören können. Ulugbeck schraubte die Steckdose an die Wand seines Holzschranks und war sehr enttäuscht, als aus der Steckdose nichts herauskam.
Die Usbeken hatten es aber nicht nur wegen der Kälte besonders schwer, sondern auch, weil sie am weitesten von zu Hause weg waren. Während die anderen Soldaten mehr oder weniger regelmäßig Lebensmittel aus der Heimat bekamen, konnten die usbekischen Produkte eine solche Reise unmöglich überstehen. Doch irgendwie schafften es die Usbeken, eine alternative Verbindung zu ihrer Heimat herzustellen.
Manchmal ging Ulugbeck auf die Straße vor unserer Garnison, wo zu bestimmten Zeiten Militärfahrzeuge vorbeifuhren. Einmal sahen wir, wie ein LKW stehen blieb. Der Fahrer, ebenfalls ein Usbeke, stieg aus, sprach kurz mit Ulugbeck und übergab ihm etwas, das wie eine große Flasche aussah.
»Schnaps!«, freute sich der Professor. »Echter usbekischer Schnaps!«
»Beruhige dich«, sagte ich. »Usbeken trinken keinen Schnaps. Ich habe noch nie von usbekischem Schnaps gehört.«
»Natürlich trinken sie Schnaps! Alle trinken Schnaps, nur eben heimlich!«, insistierte der Professor.
Wir beobachteten, wo Ulugbeck die Flasche versteckte: unter dem Holzboden unseres Leninzimmers, wo zwei Bretter locker waren. In der Nacht gingen wir auf die Jagd nach dem usbekischen Schnaps. Wir fanden ihn sofort: eine große Milchflasche, voll gefüllt mit einer grünen Substanz, die aussah wie Gras.
»Eine usbekische Droge!«, flüsterte der Professor, seine Augen glänzten. »Marihuana!«
Wir schütteten ein wenig von dem Zeug aus der Flasche in unsere Hosentaschen. Die ganze Nacht versuchten wir, in den Genuss der usbekischen Droge zu kommen, doch irgendetwas machten wir falsch. Das usbekische Gras wollte als Selbstgedrehte einfach nicht brennen. Die Zigarette ging entweder aus oder explodierte mit einem lauten Knacksen in der Hand, und die glühenden Krümel hinterließen Löcher auf unserer Uniform. Mein Kollege bekam trotzdem starke Halluzinationen davon und erzählte mir später von unglaublichen Bildern in seinem Kopf: Er war eine Schlange, die sich durch die Wüste schlängelte, zusammen mit seiner Mutter, die auch eine Schlange war. Beide versuchten sie, eine Maus zu fangen, was ihnen aber nicht gelang, und so hatten sie nichts zu essen. Plötzlich wuchs seiner Mutter eine scharfe Zunge aus der Schnauze, und schwupps! hatte sie ihn verschluckt.
Der Professor wirkte sehr mitgenommen von seinem Trip. Trotzdem aß er auch noch den letzten Rest der grünen Substanz und war schließlich mit seiner usbekischen Drogenerfahrung mehr als zufrieden. Mich plagten jedoch Zweifel. Am nächsten Tag gestand ich Ulugbeck unseren Diebstahl und fragte ihn, was in der Flasche wirklich war. Der Kopfkissenleiter krümmte sich vor Lachen.
»Grüner Tee!«, rief er. »Es war grüner Tee!«
Abschließend lud er uns ein, seinen Tee richtig zu testen. Es
wurde eine große Zeremonie daraus. Grüner Tee sei das wichtigste Getränk in Mittelasien, meinte er, ohne ihn könnte er die Zeit in der Armee gar nicht überstehen. Eigentlich sei grüner Tee gut gegen die Hitze, besser als jedes Mineralwasser, aber gegen die Kälte helfe er auch.
Und so wurden wir Freunde. Oft saßen wir danach auf einem Berg grauer Kopfkissen, auf die die Nummer unserer Einheit gestempelt war, draußen lag meterdick der Schnee, und wir tranken drinnen echten grünen Tee aus Usbekistan.
»Schade, dass es doch keine Droge ist«, murmelte der Professor und schaute tiefsinnig in seine Tasse.
»Die besorg ich dir«, antwortete Ulugbeck, »ich weiß, wie man aus Hühnerkot Drogen macht.«
»Und ich bringe dir dafür eine richtige Steckdose«, versprach der Professor, »mit der du Musik hören und Tee kochen kannst. Die kannst du dann auch nach Usbekistan mitnehmen, wenn das hier vorbei ist. Die hält ewig. Sie wird dich immer an mich erinnern.«
Usbekische Küche
Alle Zutaten sind für vier Personen berechnet.
Vorspeisen
Salat Bachor
Zutaten:
500 g Lammfilet, 3 Tomaten, 1 Gurke, 1 Zwiebel, 3 Knoblauchzehen, 3 Eier, 1 Bund Dill, 1 Bund Koriander, 5 TL Tafelessig, 1 EL Mayonnaise, 1 EL Pflanzenöl, Pfeffer, Salz
Zubereitung:
Das Fleisch
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