Küchenfee
deswegen muss ich nicht automatisch gutheißen, was er tut. Und dass er nicht nur dich, sondern auch mich weiter belogen hat, was sein Verhältnis zu dieser Frau angeht, das nehme ich ihm wirklich übel. Und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.« Käthe goss sich Tee nach, griff nach einem der Plätzchen und knabberte daran. »Hm, Florentiner. Hast du die gemacht?«
»Kati. Sie übt schon mal für Weihnachten.«
Käthe biss noch ein Stück ab. »Kann es sein, dass ich Ingwer schmecke?«
»Möglich.«
»Sehr lecker. Sag mal, Elisabeth, wie denkst du heute über das Angebot für die Kochsendung?«
Lillis Körper reagiert sofort auf die Frage. Ihr wurde heiß, ihr Herz klopfte schnell und hart, und das Adrenalin trieb ihr den Schweiß aus allen Poren. Lilli sprang auf und begann, in der Küche hin und her zu laufen. »Keine Ahnung, Käthe. Ich habe das Gefühl, ich bin noch verwirrter als gestern. Der Krach mit Svenja hat mir sehr zugesetzt. Außerdem habe ich miserabel geschlafen.« Lilli nahm einen Lappen von der Spüle und begann, die ohnehin sauberen Arbeitsflächen ihrer Küchenzeile zu putzen.
»Ich weiß nicht, was ich denken soll«, sagte sie, während sie imaginäre Schmutzflecken wegschrubbte. »In meinem Kopf geht alles durcheinander. Alle sagen, ich soll mich allein entscheiden.« Sie hielt inne. Dann schleuderte sie den Lappen gegen die Wand, drehte sich zu Käthe um und schrie: »Ich will mich aber nicht allein entscheiden! Versteht das denn keiner?« Plötzlich gaben ihre Beine nach. Kleine Lichter explodierten vor ihren Augen. Sie versuchte, das Blitzen und Funkeln wegzuzwinkern, aber von allen Seiten raste Schwärze auf sie zu. Lilli griff haltsuchend hinter sich, vergeblich. Sie murmelte: »Mir ist schlecht«, und taumelte ein paar Schritte auf Käthe zu, grau im Gesicht. Käthe war aufgesprungen und konnte Lilli gerade noch auffangen, bevor sie auf dem Boden aufschlug.
Der Notarzt schloss leise die Schlafzimmertür hinter sich und nickte der wartenden Käthe zu. »Alles so weit in Ordnung, Frau Berger. Ihrer … Schwiegertochter, nicht wahr? … geht es wieder gut. Aber sie ist völlig erschöpft. Hat sie momentan viel Stress?«
»Allerdings«, sagte Käthe. »Sie hat sich vor einiger Zeit selbstständig gemacht, dazu gibt es noch familiäre Turbulenzen, Sie verstehen. Auf meine Schwiegertochter ist einiges eingestürzt während der letzten Monate.«
Während Käthe sprach, hatte der Arzt sich Notizen gemacht. Jetzt blickte er auf. »Körperlich fehlt ihr nichts, sie ist allerdings leicht untergewichtig. Ich habe ihr eine stärkende Spritze gegeben. Sie muss sich unbedingt ein paar Tage ausruhen, sonst ist der nächste Zusammenbruch vorprogrammiert. So eine Ohnmacht aus purer Erschöpfung ist ein deutliches Alarmsignal. Ihre Schwiegertochter sollte sich von ihrem Hausarzt gründlich durchchecken lassen: Blutwerte, EKG, Blutdruckmessung, am besten über vierundzwanzig Stunden. Das empfehle ich dringend.«
»Könnte sie …«, Käthe zögerte, fuhr dann mit gesenkter Stimme fort: »… schwanger sein?«
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht. Ihre Schwiegertochter sagt, sie hat regelmäßig ihre Menstruation. Was bei ihrem körperlichen Zustand schon fast ein Wunder ist. Sicherheit bringt aber ein Test. Oder ein Besuch beim Gynäkologen.«
Draußen ertönte das Knattern von Katis Roller. Kurz danach ging die Haustür auf.
»Ma?«, rief Kati fröhlich und stürmte ins Haus. »Stell dir vor, Tobi …« Kati verstummte, als sie ihre Großmutter und den Arzt, der gerade das Stethoskop in seine Tasche packte, mit ernsten Mienen im Flur stehen sah. »Was ist los? Ist was mit Ma? Wo ist sie?«
»Deine Mutter hat sich hingelegt, sie fühlt sich ein bisschen schwach.«
Kati senkte ihre Stimme. »Ist sie wieder umgefallen?«
Käthe nickte.
»Schläft sie?«
»Nein, aber sie ist sehr müde. Ich will ihr gerade etwas zu trinken holen.«
»Darf ich zu ihr?«
»Komm ruhig rein, Kati«, rief Lilli aus dem Schlafzimmer. »Ich kann euch sehr gut hören, und ich liege nicht auf dem Sterbebett.«
Kati ging in Lillis Zimmer und setzte sich auf den Bettrand. »Mensch, Mami, was machst du denn für Sachen? Ich mache mir mittlerweile ernsthafte Sorgen.«
»Das brauchst du nicht, Kati. Ich bin nur ein bisschen überarbeitet.« Das Sprechen fiel Lilli schwer.
»Aber ich komme rein, und da steht Oma mit dem Arzt. Ich habe mich so erschreckt!«
Lilli griff nach Katis Hand. »Das tut
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