Küchenfee
aus. »Lilli, entschuldige«, prustete sie, »aber du hörst dich gerade wie eine Fünfjährige an.« Sie wurde wieder ernst. »Um ehrlich zu sein: Jetzt gerade fängst du an, dich zum Idioten zu machen. Es ist nichts passiert, außer dass da draußen zwölf hochzufriedene Kunden sitzen. Meine Dekoration ist der Knaller, dein Essen war perfekt. Basta. Bitte – ich möchte unseren Erfolg genießen, Lilli. Verdirb uns das nicht.«
Damit drehte Gina sich um und ging zurück in den Sitzungsraum, den sie heute in einen eleganten Speisesaal verwandelt hatte. Lilli hörte, wie Gina von einem vielstimmigen »Aaaah!« und leisem Applaus begrüßt wurde.
Lilli seufzte und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Es gab noch jede Menge Töpfe zu schrubben.
Kapitel 17
Am nächsten Vormittag saßen Lilli und Gina an Lillis Küchentisch, als das Gartentürchen leise quietschte und Mike den Weg zur Haustür entlangkam. Er entdeckte sie durch das geöffnete Küchenfenster und winkte. »Na, die Damen? Wie lief es gestern?«
Gina war schon aufgestanden und rief ihm fröhlich zu: »Ich komme schon!«
Lilli winkte Mike und ging zum Herd, um für ihn einen Kaffee einzugießen. Als sie sich umdrehte, stand er schon hinter ihr.
»Na, Lilli Leihköchin? Gestern Triumphe gefeiert?« Er drückte sie freundschaftlich an sich.
Lilli befreite sich schnell aus seinem Armen. Mike hatte Gina und ihr nach dem gemeinsamen Grillabend auf seinem Hof das Du angeboten, als sie sich verabschiedeten – und ihre zögernde Zustimmung gleich mit einer festen Umarmung besiegelt. Mikes offene Herzlichkeit war für sie immer noch ungewohnt. Sie hatte seit Jahren keinen anderen Mann als Armin umarmt. »Wie man’s nimmt«, beantwortete Lilli seine Frage. »Ich war nicht hundertprozentig zufrieden.«
Gina verdrehte die Augen, hob beschwörend die Hände und rief: » Madonna, geht das schon wieder los?«
Mike setzte sich an den Tisch und fragte: »Was war denn? Doch hoffentlich nichts mit meiner Ware? War der Kürbis nicht in Ordnung?«
»Natürlich war der Kürbis in Ordnung – wie der Rest deiner Ware auch«, sagte Gina. »Lilli spinnt. Sie bildet sich ein, sie hätte sich gestern unangemessen verhalten. Wäre sie eine fundamentalistische Katholikin, würde sie sich vermutlich jetzt mit Brombeerranken den Rücken blutig peitschen.«
Mit theatralischer, flehender Geste wandte sie sich ihrer Freundin zu. »Lilli, du Unglückselige! Du hast uns ruiniert!«
Wider Willen musste Lilli lachen. »Ist ja schon gut – ich hab’s kapiert.« Sie setzte sich zu den beiden an den Tisch.
»Na also«, sagte Mike. »Und jetzt will ich alles wissen.«
Lilli sah, dass Gina sich kaum noch bremsen konnte, und nickte ihr zu. Gina platzte heraus: »Es war gigantisch! Allen hat es geschmeckt, und unsere Visitenkarten sind weggegangen wie warme Semmeln.«
»Wundert euch das? Mich nicht. Aber weiter, bitte. Ich möchte endlich wissen, was du mit den vierzig Hähnchenschenkeln gemacht hast, Lilli.«
»Eigentlich nichts Spektakuläres: entbeint, in Sojasauce mariniert und dann scharf angebraten.«
»Du hast vierzig Hähnchenschenkel entbeint, verstehe.«
»Ein grauenvolles Gemetzel«, warf Gina ein.
»Diese Zubereitungsart hat mir mal eine Japanerin gezeigt«, erklärte Lilli. »Man schneidet das Fleisch mit einer kräftigen Schere vom Knochen, immer ganz winzige Schnitte. Alles recht mühsam, das stimmt, aber als Ergebnis hast du ein ungefähr rechteckiges Stück Fleisch. Du stichst Löcher in die Haut und marinierst alles, da sind deiner Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ich nehme am liebsten Soja- oder Teriyakisauce, die ist etwas süßer. Du kannst dir aber auch selbst etwas anrühren. Und dann ab in die Pfanne damit, auf der Hautseite zuerst anbraten. Du bekommst ein Hähnchenschenkelsteak, die eine Seite kross durch die scharf angebratene Haut, die andere butterzart durch das Muskelfleisch vom Schenkel – wirklich ein Genuss.«
»Und das fanden auch die Gäste«, sagte Gina.
»Und die Deko? Gina?«, fragte Mike.
»Hol doch mal dein Notebook, Lilli«, bat Gina. »Kati hat die Fotos, die sie gemacht hat, bevor die Gäste gekommen sind, schon auf die Festplatte gespielt.«
Lilli war bereits auf dem Weg in Armins altes Arbeitszimmer, das sie sich – vorerst provisorisch – als Büro eingerichtet hatte.
Als Lilli mit dem Notebook wieder in die Küche kam, sagte Mike gerade: »Lila und grün? Du traust dich was!«
Gina lachte. »Ihr Männer habt keine
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