Küchenfee
bis er Gina entdeckte, die sich an ihre Anrichte zurückgezogen hatte. »Bei Ihnen auch, Frau Wilhelmi!«
Gina goss sich einen Champagner ein und hob lächelnd ihr Glas.
»Auf die beiden Künstlerinnen«, rief Dr. Baumann. »Auf Frau Berger und das Glück, ihr Gast sein zu dürfen. Und auf Frau Wilhelmi und ihre wunderbare Dekoration, die diesen Abend nicht nur zu einem Gaumen-, sondern auch zu einem Augenschmaus gemacht hat.«
Lilli fühlte sich zwar von seinen Worten geschmeichelt, wäre aber am liebsten sofort wieder in ihre Küche verschwunden. Und ein bisschen weniger Pathos wäre ihr ebenfalls lieber gewesen.
»Frau Berger?« Baumanns Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie bemerkte, dass alle sie erwartungsvoll ansahen.
Lilli räusperte sich verlegen und nickte lächelnd in die Runde, während ihr der Schweiß ausbrach. Die meisten Gesichter kannte sie von Renates Silberhochzeit. Die drei unbekannten Herren, alle in eleganten, dunklen Anzügen, mussten die wichtigen neuen Klienten sein, der Anlass für dieses Essen. Irgendetwas musste sie jetzt sagen – aber was? Sie hatte doch nur gekocht. Schön, wenn es allen geschmeckt hatte, aber Baumann führte sich auf, als hätte sie ein Heilmittel gegen Malaria entdeckt. Alle starrten sie an, als hätte sie eine zweite Nase im Gesicht. Verflucht, wenn ihr doch nur irgendetwas Amüsantes einfallen würde, nur ein verdammter lockerer Satz.
»Es war mir ein verdammtes Vergnügen«, hörte Lilli sich zu ihrem eigenen Entsetzen sagen und spürte, wie ihr Kopf glühend heiß wurde. Im Raum herrschte Totenstille. Lilli schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Dann platzte sie heraus: »Habe ich das gerade etwa laut gesagt?«
Alle – außer Lilli – brachen in Gelächter aus. Dr. Baumann, silberhaarig und elegant, wischte sich sogar kichernd ein paar Tränen aus dem Augenwinkel. Dann erhob er wieder sein Glas und sagte: »Frau Berger, Sie sind wunderbar. So erfrischend. Sie sagen, was Sie denken, das gefällt mir. Auf Ihr Wohl!«
Lilli wäre am liebsten aus dem Sitzungszimmer geflüchtet. Sie wollte nur noch weg. Im letzten Moment, bevor sie wie ein verstörtes Kind aus der Tür rennen konnte, tauchte Gina neben ihr auf, legte ihr den Arm um die Schultern und grinste breit in die Runde. »Ich hätte es nicht besser sagen können. Ein verdammtes Vergnügen. Denn es ist immer eine Freude, für Kunden zu arbeiten, die mit allen Sinnen genießen. Dann ist auch unsere Arbeit ein wahrer Genuss.« Gina trank einen Schluck Champagner. Dann fuhr sie fort: »Das Beste daran ist – dieser Genuss wird uns auch noch bezahlt. Und deshalb haben wir zu danken.« Sie zwinkerte Baumann zu, der ihr lachend zuprostete. »Und jetzt entschuldigen Sie uns bitte«, sie winkte in die Runde, »die Damen Künstlerinnen haben noch ein paar Gabeln zu polieren.«
Und während die Gäste amüsiert applaudierten, schob Gina die völlig verstummte Lilli aus dem Raum und zurück in die Sicherheit der kleinen Küche.
»Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott!« Lilli schlug die Hände vors Gesicht und ließ sich auf den einzigen Stuhl fallen.
Gina lehnte lässig im Türrahmen und sagte: »Was hast du denn? Lief doch super. Alle sind satt und zufrieden, alle haben Spaß. Und die Damen haben mich schon angebettelt, ob sie eins von den Blumengestecken haben dürfen.«
»Ach, lass mich doch in Ruhe mit den blöden Gestecken«, murmelte Lilli dumpf hinter ihren Fingern hervor. »Ich habe mich da draußen gerade zum Vollidioten gemacht.«
»Ach was, du spinnst.«
Lilli nahm die Hände vom Gesicht. »Du hast leicht reden. Du weißt immer, was du sagen musst. Ich schäme mich zu Tode.« Sie schüttelte den Kopf. » Ein verdammtes Vergnügen … Das muss man sich mal vorstellen. Vor diesen Leuten! Sehr professionell, wirklich.«
Ginas Augenbrauen zogen sich drohend zusammen. Sie musterte Lilli einen Moment lang schweigend. Dann entspannten sich ihre Gesichtszüge wieder, und sie sagte leise: » Cara mia, hör auf, dich zu quälen. Bitte. Glaub mir, du bist von allen Anwesenden die Einzige, die denkt, dass du dich zum Idioten gemacht hast. Ganz sicher. Ich verstehe, dass du aufgeregt bist und alles perfekt machen willst. Und dein spontanes, offenes Wort da draußen«, Gina lächelte, »das nimmt dir kein Mensch übel – im Gegenteil. Alle fanden es sehr charmant. Gönn ihnen doch ihren Spaß.«
»Spaß auf meine Kosten«, jammerte Lilli. »Alle haben mich ausgelacht.«
Gina brach in lautes Lachen
Weitere Kostenlose Bücher