Küchenfee
Hühnersuppe – und bloß keins von diesen schrecklichen Medikamenten nehmen.«
Der heiße, aromatische Tee tat Lilli gut. Sie nahm den Zitronenschnitz, der auf ihrer Untertasse lag, und quetschte ihn über der Tasse aus. Der Saft färbte den Tee heller. »Du und deine Hühnersuppe.«
»Sie hat bis jetzt noch immer geholfen, Elisabeth, das musst du zugeben. Gutes, altes Hausmittel.«
»Stimmt. Du solltest ein Restaurant eröffnen, in dem es nur frische Hühnersuppe gibt. Oder einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt, dann könnten die Jungs mit ihren Folienkartoffeln und ihrem langweiligen panierten Blumenkohl dichtmachen.« Lilli verstummte und rührte gedankenverloren in ihrem Tee.
Käthe räusperte sich. »Möchtest du reden, Elisabeth?«
»Hm.« Lilli hielt Käthe ihre leere Tasse hin, woraufhin diese ihr nachschenkte. Lilli zögerte. Von Käthe hätte sie diese Frage zuallerletzt erwartet. Seit ihrem Streit wegen der polierten Espressokanne gab es zwar eine Art Waffenstillstand zwischen ihnen, doch versöhnt hatten sie sich bisher nicht. Aber Käthes Besorgnis klang aufrichtig. »Alles war wunderbar, Käthe. Die Gäste waren begeistert, der Auftraggeber zufrieden. Alles lief wie am Schnürchen. Bis …« Bei der Erinnerung an Vanessas Auftritt versagte Lillis Stimme.
Käthe wartete einen Moment und fragte dann sanft: »Bis?«
»Bis Vanessa Kamlot aufgetaucht ist.«
»Vanessa Kamlot? Das ist doch …«
»Genau. Armins Geliebte. Es war ein beeindruckender Auftritt.«
»Was meinst du? Armin war doch nicht etwa dabei?«
»Oh nein, das hat sie nicht gewagt. Oder nein: Das hätte er nicht gewagt. Sie hätte da mit Sicherheit keine Skrupel. Sie hat sich – in Begleitung von Herrn Scheffler, meinem Auftraggeber, wohlgemerkt – vor mir aufgebaut und verbale Stinkbomben geworfen.«
Käthe runzelte die Stirn. »Wie bitte? Ich verstehe nicht. Was meinst du damit?«
Lilli lachte bitter auf. »Sie hat mich eine mittelmäßige Köchin genannt, aber das ist mir herzlich egal.«
»Unverschämtheit!«
»Herr Scheffler hat peinlich berührt den Rückzug angetreten. Und Vanessa hat mich beschuldigt, ihr den Auftrag gestohlen zu haben.«
»Und? Hat diese Person denn recht damit?«
»Natürlich nicht. Sie musste absagen, weil Monsieur Pierre einen Bandscheibenvorfall hatte. Das Camelot war ohne ihn nicht in der Lage, die Party auszurichten.«
»Hatte sie dich nicht angerufen, dass du für ihren Koch einspringen sollst?«
»Woher weißt du das denn?«, fragte Lilli verblüfft. Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, mit Käthe darüber gesprochen zu haben.
»Das hat Katharina mir erzählt.«
»Hm.« Lilli nahm eins von den Plätzchen und knabberte daran.
»Das nimmst du Katharina doch nicht übel, Elisabeth? Sie hat sich große Sorgen um dich gemacht.«
Lilli schüttelte den Kopf. »Ich freue mich, dass du Zeit für sie hast. Ich glaube, die Mädchen leiden noch sehr unter der Situation mit Armin.«
»Das denke ich auch.« Käthe sah Lilli forschend an. »Wie steht es denn eigentlich zwischen Armin und dir? Er erzählt mir immer wieder, wie sehr er dich und die Mädchen vermisst.«
Es tat Lilli in der Seele weh, zu sehen, wie gern Käthe ihrem Sohn glauben wollte. Und es ärgerte sie maßlos, dass Armin seine Mutter belog und nicht zögerte, Käthe für seine Zwecke einzuspannen. »Weißt du, immer wenn ich denke, dass Armin sich vielleicht geändert hat, oder wenn ich anfange, seinen Versprechungen zu glauben …« Lilli verstummte. Ihr traten Tränen in die Augen. »Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass er mir nicht fehlt, Käthe. Es ist schwer, alles allein zu machen.«
»Aber du hast kein Vertrauen mehr zu ihm.«
»Stimmt. Und ich habe Grund dazu.«
»Er beteuert mir gegenüber immer, dass er aus seinen Fehlern gelernt hat. Gib ihm doch noch eine Chance, Elisabeth.«
Jetzt hatte Käthe es endlich ausgesprochen. Lilli war nicht überrascht, dass eine Versöhnung zwischen Armin und ihr Käthes heimlicher Wunsch war. Aber ihre Schwiegermutter hatte es verdient, die Wahrheit zu erfahren.
»Käthe, ich weiß definitiv, dass er nicht aus seinen Fehlern gelernt hat. Es sei denn, er meint damit, dass er jetzt vorsichtiger ist, um sich nicht mehr erwischen zu lassen.«
Käthe presste die Lippen zusammen. Dann sagte sie: »Wie meinst du das?«
»Hat er dir erzählt, dass er nicht mehr mit Vanessa zusammen ist?«
»Allerdings, das hat er.«
»Wann?«
»Immer wieder. Seit du dich
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