Küchenfee
niemand kann mir helfen … Ach, Käthe.« Sie tastete nach einem Papiertuch und schnäuzte sich. »Käthe, warum verlassen mich alle Männer? Bin ich so hässlich? Oder so unerträglich?«
»Wieso? Ich dachte, Armin wäre dein erster Freund gewesen? Von wem redest du?«
Nun brachen alle Dämme. Bisher hatte Lilli mit niemandem über Mike und ihre gemeinsame Nacht sprechen können, über ihr Unglück, ihre Selbstzweifel. »Käthe, es gibt einen anderen Mann. Ich habe mich verliebt, und ich dachte …«
»Von wem redest du? Geht es um Monsieur Pierre?«
»Nein, Pierre doch nicht. Außerdem ist der in Gina verliebt. Nein, es ist Mike.«
»Euer Lieferant? Der Biobauer?«
»Ja. Wie hast du ihn so schön genannt? Der Mann ohne Nachnamen.«
Käthe verstand immer noch nicht. »Und wieso hat er dich verlassen? Will er dich nicht mehr beliefern?«
Trotz ihres Kummers musste Lilli lachen. »Nein, ich muss mir keinen neuen Lieferanten suchen. Obwohl das vielleicht die Lösung wäre.«
»Jetzt sprich nicht in Rätseln, Elisabeth. Was ist vorgefallen zwischen euch?«
»Mike und ich haben eine Nacht zusammen verbracht. Die Nacht vor meinem Geburtstag.«
»Aber das ist schon ein paar Wochen her. Was ist denn passiert? Hat der Mann dich ausgenutzt? Hat er keine ehrenhaften Absichten gehabt?«
Lilli seufzte. »So einfach ist das nicht. Ich glaube eigentlich schon, dass er es ernst mit mir gemeint hat. Aber dann ist Armin aufgetaucht, und Mike hat da vielleicht etwas missverstanden. Und seitdem …«
»Seitdem?«
»Er will partout nicht mit mir darüber reden. Wann immer ich es versuche, blockt er ab. Er denkt aus irgendeinem Grund, ich wolle mich mit Armin versöhnen.«
»Aber das muss man doch klären können. Ihr seid doch zwei erwachsene Menschen!«
»Ach, das hört sich so einfach an. Aber es ist schwierig. Wir sind nie allein, und dann ging es Kati so schlecht. Er ist sehr nett zu mir, und ich glaube auch, dass er mich mag, aber ich traue mich einfach nicht mehr, ihn direkt darauf anzusprechen.«
»Elisabeth, weißt du was? Es wird Zeit, dass du eine kleine Pause machst. Das war doch alles ein bisschen sehr viel in den letzten Monaten. Du hast ein Geschäft gegründet und bist damit ein hohes Risiko eingegangen. Das allein belastet schon immens. Dazu deine private Situation. Zwei Töchter im Teenageralter sind auch nicht einfach. Und das mit Armin … Ich finde, du solltest ein paar Tage wegfahren.«
Lilli schüttelte den Kopf. »Unmöglich, Käthe. Bald ist die große Messe, bei der wir Lillis Schlemmerei präsentieren. Wir stecken schon mitten in den Vorbereitungen. Ich bin einfach nur ein bisschen erschöpft.«
»Elisabeth, kein Mensch kann ununterbrochen schuften.«
»Wenn man sich ein Geschäft aufbaut, steht Erholung ganz weit unten auf der Prioritätenliste. Das habe ich mir so ausgesucht.«
Schließlich konnte sie sich nach der Messe immer noch ausruhen.
Kapitel 30
Es war noch vor sieben Uhr morgens, aber die große Messehalle wimmelte bereits vor Geschäftigkeit. Vor der Laderampe stauten sich die LKWs und Transporter der Teilnehmer, während das Hallenpersonal die angelieferte Ware möglichst schnell auf Gabelstapler verteilte, die dann, voll beladen, mit halsbrecherischer Geschwindigkeit kreuz und quer durch die Halle rasten. Sämtliche Aussteller waren schon seit Stunden vor Ort, um ihre Stände aufzubauen, zu dekorieren und mit Ware zu bestücken. Hektik lag in der Luft. Befehle wurden gebrüllt, überall wurde gehämmert, geschraubt und gebohrt. Um die Kakofonie perfekt zu machen, lief an mindestens jedem zweiten Stand ein Radio oder ein CD-Spieler.
Lilli und Gina waren seit fünf Uhr in der Messehalle. Um zehn Uhr würde das sonntägliche Publikum in die Halle strömen. Den Stand hatten sie, unterstützt von Tobi, Mike und Monsieur Pierre, bereits am Tag zuvor aufgebaut. Die Wände bestanden aus Theaterkulissen und sahen aus wie grobe Steinwände. Stroh auf dem Boden und grobe Holztische und -bänke sowie ein großer Kessel, der in einem riesigen, täuschend echt aussehenden Styroporkamin über einem künstlichen Feuer hing, schufen die Illusion einer mittelalterlichen Gesindeküche. Hier hatte das Publikum die Gelegenheit, die angebotenen Speisen zu probieren.
»Sind Sie Frau Berger?«
Lilli blickte vom Schneidebrett auf und sah eine junge Frau mit Headset und Klemmbrett mit Gina sprechen, die letzte Hand an die Standdekoration legte. Nach dem Vorbild des Renaissancekünstlers
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