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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Der und Gärtner? Dass ich nicht lache. Der kann vielleicht eine Schubkarre durch die Gegend schieben, aber von der Gärtnerei hat er nicht die leiseste Ahnung.«
    »Es heißt, er hätte ein Auge auf Laura geworfen.«
    »Kann sein, kann aber auch nicht sein. Es hat nichts zu bedeuten.«
    Während Helen Konservendosen mit Erbsen und neue Kartoffeln in den Küchenschränken verstaute, warf sie einen Blick durch das Fenster in den Garten. Gwen knipste mit der Schere vorsichtig die verblühten Rosen ab. Sie sah zart und zerbrechlich aus, und im Morgenlicht, das über den Win Low kam, wirkte ihre Haut wie durchscheinend.
    »Hast du schon mit Grandma geredet?«
    Harry war in seine Morgenzeitung vertieft. Anders als die meisten Männer in seinem Alter, die wegen der Sportberichte und der Sensationsmeldungen am liebsten Boulevardzeitungen lasen, hatte Harry den seriösen Guardian abonniert, weil er, wie er sagte, wissen wollte, was wirklich in der Welt vorging: »Dieser ganze Klatsch über irgendwelche Prominente und das Königshaus. So was interessiert mich nicht.«
    »Worüber denn?«
    »Sie ist deprimiert.«
    »Wann ist sie das nicht? Die Frau wird auf ihre alten Tage noch wunderlich.«
    »Granddad, sie macht sich Sorgen. Sie denkt, du hast Schwierigkeiten mit der Polizei. Du musst sie beruhigen. Auf jemand anderen hört sie nicht.«
    »Aha, dann reden wohl alle über mich, hm?«, sagte Harry.
    »Natürlich wird viel geredet. Aber niemand glaubt, dass du etwas damit zu tun hast.«
    »Und warum nicht?«, fragte er kampflustig.
    Auf die Schnelle fiel Helen auch keine Erklärung ein. »Na ja …« Sie winkte ab.
    »Aye, ich weiß schon. Weil ich alt bin. Du bist genau wie die Bullen. Weißt du, dass sie mich überhaupt nicht richtig verhört haben? Jedenfalls nicht so, wie es sich gehört hätte. Schließlich habe ich doch die Leiche gefunden. Sie denken, dass ich es nicht gewesen sein kann. Weil ich alt bin. Aber da irren sie sich, und du irrst dich auch.«
    »Sei nicht albern, Granddad. Wir wissen, dass du es nicht gewesen bist. Das ist doch offensichtlich.«
    »Aha, offensichtlich.«
    »Grandma weiß es. Mum, Dad und ich wissen es auch, dass du nichts getan hast. Wir würden es merken – wir sind doch deine Familie.«
    »Und das war’s? Nur ihr paar Figuren?«
    Sein Ton war so abwehrend, dass es Helen fröstelte. »Deine Familie hat dir immer viel bedeutet. Das kannst du nicht abstreiten.«
    Harry seufzte und faltete die Zeitung zusammen.
    »Ja oder nein?«
    »Natürlich, mein Kind. Doch die Familie ist nicht alles. Frauen können das nicht verstehen, weil sie anders gestrickt sind – ihnen geht die Familie über alles. Aber manche Dinge sind noch stärker. Freundschaft zum Beispiel. Es ist etwas anderes, wenn man einem Mann blind vertrauen kann. Das ist ein Band, das man nicht zerreißen kann, für niemanden. Irgendwann kommt der Tag, an dem man alles tun würde, um dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen, Kind. Alles.«
    Harry sah Helen Hilfe suchend, fast flehend an. Sie hätte ihm gern geholfen, aber sie wusste nicht, wie. Sie hoffte, dass er ihr erklären würde, was er meinte.
    Aber er starrte auf die Titelseite der Zeitung, von der ihm ein zentralafrikanischer Flüchtling verzweifelt entgegenblickte.
    »Um einem solchen Freund zu helfen, würde man auch einen Mord begehen«, sagte er.
     
    Ben Cooper visierte am Doppellauf entlang. Er packte den hölzernen Schaft fester, atmete den Geruch des Waffenöls ein und tastete nach dem Abzug. Die Schrotflinte ruhte an seiner Schulter, und er spürte das leichte Gewicht der beiden Läufe, als er sich bewegte, um ihre Balance zu testen. Dabei überkam ihn der Wunsch, das Ziel ins Visier zu nehmen und abzudrücken. Er war bereit.
    »Pull!«
    Die Wurfmaschine klappte, und eine Tontaube kam in sein Gesichtsfeld geschossen. Wie von selbst schwangen die Läufe nach oben, um ihr zu folgen. Cooper drückte ab. Der Ton zersplitterte, die Scherben fielen zu Boden.
    »Pull!«
    Die zweite Tontaube sauste über ihn hinweg. Cooper verstärkte langsam den Druck auf den Abzug, bis sich die Flugbahn des Ziels stabilisiert hatte. Wieder rieselten die Tonsplitter herab.
    »Na, was meinst du, Ben?«
    »Schön«, sagte er, nahm das Schrotgewehr herunter und öffnete es. Er legte es auf die Motorhaube des Landrover, während sein Bruder von der Wurfmaschine herüberkam, die sie zum Üben benutzten. Matt war sechs Jahre älter als Ben. Mit seinem breiten Brustkorb und den muskulösen Armen und

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