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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Seidenpapier, inspizierte die Innen- und die Außenseite. Er schüttelte den Kopf.
    Endlich fand ich meine Sprache wieder. »Er weiß es.«
    »Er weiß was?«, wollte Bobby wissen.
    »Die Decke. Als wir in Arlington wohnten, hatte ich eine Schmusedecke. Dunkelrosa Flanell, hellrosa Satineinfassung. Genau wie diese.«
    »Das ist Ihre Babydecke?«, fragte D. D. erschrocken.
    »Nein, sie sah nur so aus. Meine war etwas größer, an den Rändern abgenutzt. Aber diese ist ihr sehr ähnlich, wahrscheinlich das Ähnlichste, was er finden konnte.«
    Immer noch verspürte ich den Drang, die Decke zu berühren, doch das wäre so gewesen, als würde ich ein Geschenk vom Teufel höchstpersönlich annehmen. Plötzlich wurde mir schwindlig.
    Wieso kannte mich dieser Mensch so gut, während ich nicht das Geringste über ihn wusste?
    »In der Polizeiakte steht«, begann Bobby, »dass auf dem Speicher der Nachbarin ein Stapel Polaroidfotos gefunden wurde. Was meint ihr, auf wie vielen Fotos Annabelle mit ihrer Lieblingsdecke zu sehen war?«
    »Dieser Hurensohn«, flüsterte ich.
    »Ein Hurensohn mit einem verdammt guten Gedächtnis«, ergänzte D. D. finster.
    Der Wissenschaftler nahm eine Papiertüte aus seinem Koffer und schrieb mit schwarzem Filzstift eine Nummer und eine kurze Beschreibung des Inhalts darauf. Damit wurde aus der Decke ein Beweisstück. Mit der Schachtel, dem Seidenpapier und den Comics verfuhr er ebenso.
    Ich ging ins Wohnzimmer, spähte aus dem Fenster. Ein Dutzend Limousinen, Streifenwagen, Fahrzeuge der Ermittler parkten am Straßenrand. Von hier oben sah ich das Dach von Bobbys Crown Vic. Die hinteren Fenster waren einen Spalt geöffnet, und aus einem lugte Bellas Nase heraus.
    Ich wünschte, ich hätte meinen Hund jetzt bei mir. Ich hätte jemanden gebraucht, an dem ich mich festhalten konnte.
    »Und Sie schwören, niemanden, der das Gebäude verließ, gesehen zu haben?« D. D. kam zu mir. »Vielleicht früher am Abend?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Und bei der Arbeit? Ist Ihnen jemand bei Starbucks oder später, als Sie Faneuil Hall verließen, aufgefallen?«
    »Ich bin sehr vorsichtig«, sagte ich. Ich hatte Mrs. Petracelli und Charlie Marvin meine Visitenkarte gegeben, aber auf diesen Karten standen nur ein Postfach und die Nummer meines Geschäftstelefons. Jede Auskunft würde diese Nummer lediglich mit meinem Postfach, nicht mit meiner Wohnadresse in Verbindung bringen können. Daran hätte ich vor Tagen denken sollen, als ich Bobby meine Privatnummer gegeben und damit offenbar die halbe Bostoner Polizei zu mir eingeladen hatte.
    »Wie viele Leute kennen Sie als Annabelle?« Bobby stellte sich neben D. D.
    »Du und Sergeant Warren, dann die Detectives …«
    »Sehr lustig.«
    »Mr. und Mrs. Petracelli. Catherine Gagnon. Oh, und Charlie Marvin.«
    »Was?« D. D. klang nicht allzu glücklich.
    Ich berichtete von meiner Unterhaltung mit Charlie Marvin.
    Bobby seufzte. »Warum hast du Charlie deinen echten Namen verraten?«
    »Es ist fünfundzwanzig Jahre her«, erklärte ich. »Was habe ich noch zu befürchten?«
    »Du weißt mehr über Selbstverteidigung als jemand sonst in diesem Raum, Annabelle. Was für einen Sinn hatte die ganze Ausbildung, wenn du dich so töricht verhältst?«
    »Hey, müsst ihr nicht einen Kindermörder fangen?«
    »Verdammt, was meinst du, was wir hier machen? Annabelle, vor einer Woche hast du nach fünfundzwanzig Jahren zum ersten Mal deinen echten Namen ausgesprochen. Und jetzt liegt ein Geschenk vor deiner Tür. Muss ich dir wirklich sagen, dass da ein Zusammenhang besteht?«
    »Nein. Ich bin diejenige, die sich in der Badewanne versteckt hat. Du weißt, welche Angst ich habe.«
    Ich schlug ihn, nicht fest, aber ich wollte ihm wehtun. Ich war müde, verängstigt, frustriert, und ich hatte niemanden, auf den ich mit Fug und Recht einschlagen konnte. Bobby nahm den Hieb ohne Protest hin und sah mich mit ruhigen, grauen Augen an.
    Zu spät begriff ich, dass uns die anderen Ermittler beobachteten. D. D. schaute von Bobby zu mir und wieder zurück. Sie zog ihre eigenen Schlüsse.
    Ich wandte mich ab. Es tat mir leid, dass ich Bobby in meine Wohnung gelassen hatte. Ich wollte, dass die Cops und die Spurensicherer verschwanden. Ich wollte allein sein, um die fünf Koffer aus dem Keller zu holen und zu packen.
    Die Türglocke klingelte. Ich zuckte zusammen und biss mir auf die Zunge. D. D. und Bobby rannten die Treppe hinunter. Ich schämte mich für meine Angst. Verdammt, so wollte

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