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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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erreichte die Tür und nestelte hektisch an den Riegeln. Warum nur hatte ich so viele Schlösser?
    Ich sah nicht hin, die Geräusche konnte ich jedoch nicht ausblenden, als mein Onkel Charlie Marvin das Messer aus der zerquetschten Hand riss und ihm die Klinge bis zum Anschlag ins Auge rammte. Ein schrecklicher Schrei. Ein ekelerregender Laut und ein Poltern. Ein langes, gequältes Ächzen.
    Dann Stille.
    »O Amy«, sagte Ben.
    Ich konnte nicht anders. Ich kauerte mit Bella im Arm an der verschlossenen Tür und fing an zu weinen.

37
    »Du bist alles, was ich jemals wollte, Amy«, sagte Ben. »Die anderen Mädchen haben mir nichts bedeutet. Irrtümer. Schon vor Jahren habe ich erkannt, dass ich auf dem falschen Weg war. Und ich habe auf dich gewartet. Bis meine Geduld eines Tages belohnt wurde.« Er streckte eine blutige Hand aus und strich mir über die Wange. Ich versuchte zurückzuweichen, aber da war kein Platz.
    »Bitte, schließen Sie die Tür auf, Ben.« Meine Stimme zitterte, obschon ich mir Mühe gab, ihm entschieden entgegenzutreten. »Bella ist verletzt. Sie braucht sofort medizinische Versorgung. Bitte, Ben.«
    Er sah mich an und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Du weißt, dass ich das nicht tun kann, Amy.«
    »Ich erzähle niemandem von Ihnen. Ich werde sagen, dass Charlie mich überfallen und angegriffen hat. Dass ich ihn erstochen habe. Sehen Sie sich all die Schnittwunden an meinen Armen an. Man wird mir glauben.«
    »Es ist nicht mehr dasselbe. Als ich dich gefunden habe, war anfangs alles in Ordnung. Mir war sofort klar, dass niemand sonst wusste, wer du wirklich bist. Du warst etwas ganz Besonderes, unberührt. Du hast nur mir gehört.«
    »Ich ziehe nicht von hier weg. Ich bleibe hier. Alles wird so sein wie bisher. Ich bestelle Stoffe, und Sie liefern sie mir täglich.«
    »Es ist nicht mehr dasselbe. Du weißt jetzt Bescheid. Die Polizei auch. Nichts ist mehr wie vorher.«
    Ich schloss die Augen und rang um Fassung. Bella winselte wieder. Das gab mir Kraft. »Ich verstehe nicht. Sie sind fünfundzwanzig Jahre ohne mich zurechtgekommen. Sie hatten diese anderen Mädchen. Offensichtlich bedeute ich Ihnen gar nichts.«
    »O nein«, erwiderte er ernst. »Ich habe nicht von dir abgelassen, weil ich es so wollte. So war das nicht.« Ben nahm die braune Kappe ab. Zum ersten Mal sah ich die Furche in seinem Schädel – eine gezackte, kahle Narbe. »Das hat mich aufgehalten. Wenn das nicht gewesen wäre, hätte ich dich weiter verfolgt. Vor fünfundzwanzig Jahren schon wärst du mein gewesen, Amy.«
    »O Gott«, stöhnte ich, weil ich es erst jetzt hörte. Ben mochte meinem Vater nicht ähnlich sehen, aber seine Stimme, sein eindringlicher, ernster Ton, wenn er etwas Wichtiges klarstellte … Genau wie mein Vater. Dieselbe Klangfärbung, derselbe Rhythmus, dieselbe Stimme.
    Hatte ich das schon vorher bemerkt und unbewusst eine Verbindung hergestellt? Ihm Zugang zu meinem Leben gewährt und ihn zu meiner einzigen Verbindung zur Außenwelt werden lassen, weil Blut dicker als Wasser ist und ich mich nach meiner Familie sehnte?
    »Ich wollte nur jemanden haben, der mich nicht verlässt«, fuhr er fort. Die ernste Stimme meines Vaters kam aus einem schrecklich entstellten Schädel. »Jemanden, der bei mir bleibt. Erst dachte ich, deine Mutter könnte es sein, aber sie hat mich missverstanden. Dann wurde ich ins Gefängnis gesteckt. Und als ich rauskam, sah ich dich und wusste es sofort. So, wie du mich angelächelt hast, Amy! Wie du meinen Finger in die kleine Faust genommen hast. Du warst meine Familie. Der Mensch, der mich immer lieben und nie verlassen würde. Und ich war so glücklich. Bis zu dem Tag, an dem ich merkte, dass du nicht mehr da warst. Du und deine Eltern – spurlos verschwunden.«
    »Bella ist verletzt«, flehte ich. »Bitte.«
    »Es war eine furchtbare Zeit. Ich wusste natürlich, dass du mich nie freiwillig im Stich gelassen hättest. Dein Vater hat dich dazu gezwungen.« Ben nahm meine Hand und strich mir mit seinen blutverschmierten Fingern über das Handgelenk. »Ich horchte mich um. Eine ganze Familie kann sich nicht einfach von einem Tag auf den anderen in Luft auflösen. Jeder hinterlässt Spuren. Niemand konnte mir etwas sagen. Dann dämmerte es mir. Dein Vater brauchte einen Job, um seine Familie zu ernähren. Wer könnte ihm helfen, an einen Job zu kommen? Natürlich sein Chef. Ich brach in Dr. Badingtons Haus ein und fand seine Frau dort vor.«
    »Was?«
    »Ich war am

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