Kuehles Grab
Brusttasche und ließ die Sirene wieder aufheulen. Nichts tat sich. Der Stau war zu dicht, als dass die anderen Fahrzeuge ausweichen konnten.
Er schaute auf die Uhr. Mittlerweile standen sie auf der Atlantic Avenue. Noch anderthalb, vielleicht zwei Meilen bis zu Annabelles Apartment.
»Ich bleibe hier stehen«, erklärte er.
»Was willst du tun?«
»Vergiss das Auto, D. D. Lass uns laufen!«
»Ben, Gott sei Dank, dass Sie hier sind. Er hat Bella verletzt – mit dem Messer. Er ist wahnsinnig. Sie müssen uns helfen. Bella, armes Mädchen, ich bin hier – alles wird gut.«
Ich ließ die Pfanne los und hob Bella auf meinen Schoß. Ich fühlte das warme Blut, das aus ihrem Fell sickerte. Sie winselte und versuchte, meine Hand abzulecken.
»Ben!«, schrie ich, doch er rührte sich nicht. Er stand auf der Schwelle und starrte Charlie Marvin an.
»Du warst das? O mein Gott, stille Wasser sind tief!«, sagte Charlie.
»Sie gehört mir«, stieß Ben hervor. »Du kannst sie nicht haben. Sie gehört mir. «
»Rufen Sie die Polizei!«, schluchzte ich. »Verlangen Sie Detective Bobby Dodge, verlangen Sie einen Notarztwagen! Ben? Hören Sie mir überhaupt zu? Ben?«
Endlich sah Ben mich an. Er kam herein, schloss die Tür und legte die Riegel vor – einen nach dem anderen.
»Jetzt ist alles gut«, beschwichtigte er mich ernst. »Onkel Tommy ist bei dir, Amy, und ich kümmere mich um alles.«
Charlie fing an zu lachen. Das Lachen endete in einem Röcheln. Der Schlag auf seine Brust hatte offenbar Wirkung gehabt. Jetzt, da das Rauschen in meinen Ohren nachließ, spürte ich meine eigenen Schmerzen. Meine geprellten Rippen, die Schnittwunden an den Knöcheln und an der Wange.
Wenigstens hatte ich so viel ausgeteilt, wie ich eingesteckt hatte. Charlies rechtes Auge schwoll bereits zu. Als er so viel Distanz wie möglich zwischen sich und Ben brachte, sah ich, dass er sich die linke Seite hielt und nach Luft schnappte.
Charlie war mir gleichgültig. Was ich nicht verstand, war Bens Verhalten. Und ich hatte nur noch eines im Sinn: Ich musste Bella aus der Wohnung schaffen, meinen Hund in Sicherheit bringen.
Es war gut, dass ich mich darauf konzentrierte, denn das, was ich von den beiden Männern hörte, war zu schrecklich.
»Wie hast du sie getötet?«, wollte Charlie wissen. »Eine nach der anderen? Wie hast du sie angelockt? Ich habe mich immer nur an Prostituierte gehalten. Kein Mensch hat sie jemals vermisst.«
»Hast du Amy verletzt?« Ben ließ Charlie immer noch nicht aus den Augen.
»Ich habe nach dir gesucht, Benji. Seit ich diese unterirdische Kammer entdeckt habe. Ich dachte, ich wäre gerissen. Die Arbeit mit den Obdachlosen – kein Mensch fragt mich, ob ich an der und der Straßenecke zu der und der Zeit gewesen bin. Warum ich so viele Huren kenne, die plötzlich von der Bildfläche verschwunden sind. Aber … ich konnte es kaum fassen – diese unterirdische Kammer ist genial, eine Glanzleistung. Warum ist mir so was nicht eingefallen?«
»Sie blutet.«
»Wie lange hast du sie am Leben gelassen? Tage, Wochen, Monate? Diese Möglichkeiten! Meine Tarnung erlaubte mir, die Jagd zu genießen. Doch danach … Es ist der Zeitmangel, die Notwendigkeit, schnell zu handeln – das hat mich immer gestört. Man investiert so viel Energie, sie anzulocken, zu fesseln, und dann, wenn der Spaß richtig anfängt, muss man praktisch denken und rasch handeln. Jemand könnte Geräusche hören, neugierig werden. Man muss die Sache beenden und den Job erledigen. Benji, sag mir die Wahrheit. Warst du nicht wenigstens von meiner Arbeit inspiriert? Die Schwester im Jahr 1975. Eine Spontanentscheidung. Ich war draußen im Park, sie auch. Eins führte zum anderen. Das war das Größte, was je im Boston State Mental passiert ist – bis deine Kammer entdeckt wurde. Benji, hörst du mir zu?«
Ben beugte sich zu Charlie vor. Bei seinem Anblick stellten sich mir die Nackenhaare auf. Ich vergrub die Finger in Bellas Fell, um ihr zu signalisieren, dass sie keinen Laut von sich geben durfte. Mit der anderen Hand stützte ich mich auf dem Boden ab und begann, lautlos, mit Bella auf dem Schoß zur Tür zu rutschen.
»Du hast meiner Amy wehgetan«, sagte Ben. »Und jetzt muss ich dir wehtun.«
In allerletzter Sekunde schien Charlie zu erkennen, dass Ben nicht sein Verbündeter war. Er begriff, in welcher Gefahr er schwebte, und hob die Hand mit dem Messer.
Ben packte Charlies Handgelenk. Ich hörte das Knirschen von Knochen.
Ich
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