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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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während wir dicke Stücke Brot in Olivenöl tunkten.
    Plötzlich sagte mein Vater: »Weißt du, dies hier ist alles andere wert. Dich so erwachsen und schön vor mir zu haben. Mehr können sich Eltern nicht für ihre Kinder wünschen. Man will sie großziehen, sie beschützen und die erwachsenen Menschen sehen, die aus ihnen werden. Deine Mutter wäre sehr stolz auf dich.«
    Ich sagte nichts. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Also trank ich noch einen Schluck Wein. Wir saßen schweigend zusammen – das genügte.
    Achtzehn Monate später trat Vater vom Bürgersteig und geriet vor das heranrasende Taxi. Sein Gesicht wurde bei dem Aufprall auf den Laternenpfosten so stark zerschmettert, dass ich seinen Leichnam nur anhand der Glasphiole, die er noch um den Hals trug, identifizieren konnte.
    Ich kam seinen Wünschen nach, ließ ihn einäschern und füllte etwas von seiner Asche in die Phiole und mischte sie mit der meiner Mutter. Dann brachte ich die Urne in einer mondlosen Nacht ans Wasser und streute den Rest der Asche in den Wind.
    Nach all den Jahren hatten die Besitztümer meines Vaters noch immer in fünf Koffer gepasst. Seine einzige persönliche Habe war ein kleines Kästchen, in dem er vierzehn Kohlezeichnungen von meiner Mutter aufbewahrte.
    Ich räumte das Apartment meines Vaters an einem einzigen Nachmittag aus. Als ich die Wohnungstür zum letzten Mal hinter mir schloss, wurde es mir endlich bewusst: Ich war frei. Und der Preis für die Freiheit war das Alleinsein.
    Um sechs Uhr morgens verlangte Bella ihr Fressen, und ich musste dringend auf die Toilette. In meinem Kopf herrschte immer noch ein heilloses Durcheinander. Bis zehn Uhr musste ich einen Auftrag fertigstellen, die Rechnung ausschreiben und für die Übernachtung in Arizona packen.
    Aber meine Gedanken beschäftigten sich mit dem, was mir an diesem Tag bevorstand. Mit dem Treffen mit Catherine Gagnon, die ich vermutlich nicht kannte. Dennoch waren die Cops bereit, nach Phoenix zu fliegen, nur um mich mit ihr zusammen zu sehen.
    Noch vier Stunden bis zur Abreise; ich wusste, was ich als Nächstes zu tun hatte.
    Mrs. Petracelli öffnete mir die Tür. Sie hatte noch immer eine gute Figur und dunkles, zu einem Knoten im Nacken geschlungenes Haar. Sie trug eine dunkle Hose und einen cremefarbenen Kaschmirpullover. Mit dem sorgfältig aufgelegten Make-up und den rot lackierten Nägeln sah sie genau so aus, wie ich sie im Gedächtnis hatte: eine gepflegte Italienerin, die stolz auf ihr Heim, ihre Familie und ihr Äußeres war.
    Als ich ihr, nur durch die Fliegengittertür getrennt, gegenüberstand, sah ich, dass ihre Hände zitterten.
    »Komm rein!«, rief sie betont munter. »O mein Gott, Annabelle, ich konnte es nicht fassen, als du vorhin angerufen hast. Es ist so schön, dich wiederzusehen. Aus dir ist eine richtig schöne junge Frau geworden! Lieber Himmel, du bist das Ebenbild deiner Mutter.«
    Sie winkte mich in ihre Küche. Auf dem runden Tisch standen dampfende Kaffeetassen und ein aufgeschnittenes Brot bereit. Ich spürte, dass sie sich zur Heiterkeit und einem Lächeln zwingen musste, und fragte mich, ob sie jemals eine von Doris Kinderfreundinnen ansehen konnte, ohne an das zu denken, was sie verloren hatte.
    Ich hatte Walter und Lana Petracellis Adresse gleich am Morgen im Internet gefunden. Sie waren von Arlington in eine kleine Siedlung in Waltham gezogen. Die Taxifahrt hierher hatte mich ein Vermögen gekostet, doch ich fand, dass es sich gelohnt hatte.
    »Danke, dass Sie einverstanden waren, mich so kurzfristig zu empfangen«, sagte ich.
    »Wir haben immer Zeit für alte Freunde. Sahne, Zucker? Möchtest du ein Stück Bananenbrot? Ich habe es letzte Nacht gebacken.«
    Ich nahm Sahne, Zucker und ein Stück Bananenbrot. Ich war froh, dass die Petracellis nicht mehr in ihrem alten Haus wohnten. In ihrer alten Küche in Arlington zu sitzen hätte ich sicherlich nicht ertragen.
    »Wie geht's deinen Eltern?«, erkundigte sich Mrs. Petracelli. Sie setzte sich mir gegenüber an den Tisch und nahm ihre Kaffeetasse in die Hand. Sie trank ihren Kaffee schwarz.
    »Sie sind beide tot«, sagte ich leise, fügte jedoch eilends hinzu: »Schon seit einigen Jahren.«
    »Das tut mir leid, Annabelle«, sagte Mrs. Petracelli.
    »Und wie geht es Mr. Petracelli?«
    »Er liegt noch im Bett. Ah, das ist wohl der Preis, wenn man alt wird. Aber wir gehen noch hin und wieder aus. Genau genommen habe ich heute um neun Uhr eine Stiftungssitzung. Ich fürchte also,

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