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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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von den Bewohnern verlassen. Man sollte meinen, das erregt einiges Aufsehen. Aber ich habe weder in den Lokalzeitungen noch in den Polizeiakten etwas gefunden.«
    »Und was schließt du daraus?«
    »Ich glaube, das Haus wurde nicht so ohne weiteres verlassen. Jemand – vielleicht Russell Granger – hat sich nach der Flucht der Familie um alles gekümmert.«
    »Wenn niemand etwas merken sollte, musste er die ganzen Formalitäten sehr rasch abgewickelt haben«, überlegte D. D.
    »Ja, innerhalb weniger Wochen, vermute ich.«
    »Das wäre genau die Zeit, in der Dori Petracelli verschwand.«
    »Ganz recht.«
    »Hast du die Spedition und die Aufzeichnungen von Immobilien-Transaktionen gecheckt?«
    »Bis jetzt bin ich noch nicht auf den Namen Russell Granger gestoßen – weder bei Speditionen noch bei Immobiliengeschäften.«
    »Wem gehörte das Haus in Arlington, das die Grangers bewohnten?«
    »Laut Grundbucheintragung einem gewissen Gregory Badington.«
    »Und wer ist das?«
    Bobby zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Er ist verstorben. Ich versuche, seine nächsten Angehörigen ausfindig zu machen.«
    D. D. schaute ihn finster an. »Also war Russell nicht der Besitzer des Hauses. Vielleicht hat er es gemietet. Aber du hast recht. Möbel, Klamotten und all der andere Kram – jemand muss sich darum gekümmert haben.« D. D. nahm einen Bleistift in die Hand und klopfte auf die Tischplatte. »Hast du eine Sozialversicherungsnummer von Russell Granger? Was ist mit einem Führerschein?«
    »Ich starte jetzt gleich die Suche in den Dateien der Kraftfahrzeugbehörde. Und rufe im Massachusetts Institute an, seinem ehemaligen Arbeitgeber.«
    »Halt mich auf dem Laufenden.«
    »Da ist noch etwas. Wir müssen uns von deinem Ende aus vorarbeiten …«
    »Und was heißt das?«
    »Es wäre gut, die Opfer einzuordnen. Wie du sagtest, scheint es uns gelungen zu sein, den Zeitrahmen einzugrenzen. Ich glaube, wir müssen alle sechs Mädchen in diese Zeitspanne bringen. Allerdings ist es von entscheidender Bedeutung, ob Dori Petracelli der Anfang war – oder das Ende.«
    D. D. nickte nachdenklich. »Ich rufe Christie an, aber garantieren kann ich nichts. Sie tut ohnehin schon, was sie kann. Das, was du wissen willst, kann nur sie uns sagen, wenn sie sich schon alle sechs Leichen vorgenommen hat.«
    »Ja, das habe ich begriffen.«
    »Brauchen wir noch was für morgen?«
    »Ich habe Annabelle gesagt, dass ich sie um zehn abhole.«
    »Ah, ein Tag mit Catherine Gagnon«, murmelte D. D. »Gott, gib mir Kraft.«
    »Du wirst den Schlagring zu Hause lassen?«, fragte Bobby ernst.
    Sie antwortete mit einem verkniffenen Lächeln. »Bobby, ein Mädchen muss ein bisschen Spaß haben …«

17
    Bella und ich joggten. Die Hanover hinunter, dann noch durch die Seitenstraßen, bis wir auf die Atlantic Avenue stießen. Dort wurden wir schneller und stürmten in den Christopher Columbus Park. Ich keuchte. Bella hing die Zunge aus dem Maul. Trotzdem rannten wir weiter. Als könnte ich so der Vergangenheit entkommen. Als könnte ich Kraft sammeln, um mich meinen Ängsten zu stellen. Als könnte ich durch bloße körperliche Anstrengung Doris Grab aus meinem Bewusstsein verbannen.
    Wir kamen zum Government Center, dann machten wir einen Bogen zurück ins North End, wichen rücksichtslosen Taxis aus, passierten die Obdachlosen, die sich für die Nacht zur Ruhe betteten, und schwenkten schließlich wieder in die Hanover Street ein. Endlich verlangsamten wir unsere Schritte und schleppten uns hinauf in meine Wohnung. Bella trank einen ganzen Napf Wasser leer, sank auf ihr Lager und schloss mit einem zufriedenen Seufzer die Augen.
    Ich stand eine halbe Stunde unter der Dusche, zog meinen Pyjama an und legte mich aufs Bett, die Augen weit offen. Dies würde eine lange Nacht werden.
    Ich träumte zum ersten Mal seit langem von meinem Vater. Es war kein Angsttraum, nicht einmal ein böser Traum, in dem er als allmächtiger Riese auftrat und ich eine winzige Person war, die ihn aus Leibeskräften anschrie, dass er sie in Ruhe lassen solle. Stattdessen durchlebte ich noch einmal eine Szene von meinem einundzwanzigsten Geburtstag. Mein Vater hatte mich zum Abendessen ins Giacomo's eingeladen. Wir kamen schon um fünf Uhr dort an, weil das Lokal nur eine Handvoll Tische hatte und keine Reservierungen vornahm.
    Es war jedoch ein ruhiger Dienstag. Mein Vater bestellte für uns beide Chianti. Keiner von uns trank viel, deshalb nippten wir nur an unserem Wein,

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