Kuehles Grab
strahlen ihre Augen. Wenn sie über Stoffe spricht, gerät sie ins Schwärmen. Ich frage mich …«
Catherine brach ab. Sie beide wussten, was sie meinte. Sie überlegte, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn damals kein blauer Chevy die Straße entlanggefahren wäre, wenn kein junger Mann sie gebeten hätte, ihr bei der Suche nach einem weggelaufenen Hund zu helfen.
Bobby küsste sie einmal auf die Wange. Dann ging er.
23
Annabelle war am Flughafen. Sie saß – mit vier Stühlen Abstand – neben D. D., hatte die Beine angezogen und die Arme um die Knie geschlungen und beobachtete durchs Fenster die Maschinen auf dem Rollfeld. Als Bobby ankam, drehte sie sich kurz um, dann wandte sie sich wieder ab.
D. D. begrüßte ihn mit einer knappen Geste. Ihre blonden Locken waren noch feucht, sie hatte sich umgezogen. Sie sprach aufgeregt in ihr Handy und stieß so laut einen Schwall von Flüchen aus, dass eine Mutter mit ihrem kleinen Kind erbost aufstand und das Weite suchte.
Bobby entschied sich, zu Starbucks zu gehen. Er kaufte drei Flaschen Wasser und drei Joghurts und kehrte zurück. D. D., die noch immer telefonierte, rümpfte die Nase über den Joghurt – wahrscheinlich hatte sie auf etwas Deftigeres gehofft –, bedeutete Bobby jedoch, dass er das Frühstück auf dem Sitz neben ihr deponieren sollte. Er tat ihr den Gefallen und ging zu Annabelle, die ihre Knie noch fester anzog, als sie ihn sah.
Er hielt ihr einen Joghurt und eine Flasche hin. Sie akzeptierte die Sachen widerwillig, und er nahm neben ihr Platz und fischte zwei Plastiklöffel aus der Tüte.
»Wie geht's?«
Sie verzog das Gesicht.
»Brauchen Sie noch ein Aspirin?«
»Ein neuer Kopf wäre mir lieber.«
»Ja, das kenne ich.«
»Ach, halten Sie den Mund!«, rief sie, rückte jedoch ein Stück näher und nahm den Aludeckel vom Joghurtbecher. Der Anhänger, den sie immer um den Hals trug, rutschte aus ihrem Top. Bobby betrachtete die Phiole, bis Annabelle schließlich aufschaute. Sie wurde rot und nahm das Glasfläschchen verlegen in die Hand, um es wieder unter das Shirt zu schieben.
»Von wem?«, fragte er leise, nachdem ihm klargeworden war, dass sich Asche in der Phiole befand.
»Von meiner Mutter und meinem Vater.« Es war nicht zu übersehen, dass sie nicht darüber sprechen wollte.
»Was haben Sie mit dem Rest der Asche gemacht?«
»Verstreut. Es hatte keinen Sinn, sie unter falschem Namen zu bestatten. Das erschien mir respektlos gegenüber allen anderen Toten.«
»Wie lautete der Name Ihrer Mutter, als sie starb?«
Sie musterte ihn unsicher. »Warum wollen Sie das wissen?«
»Weil ich wette, dass sie sich nach all den Jahren an zwei Namen ganz speziell erinnern. An den von Arlington und den, den sie bei ihrem Tod trug.«
Annabelle nickte. »Meine Mutter lebte als Leslie Ann Granger und starb als Stella L. Carter. Diese Namen werde ich immer im Gedächtnis behalten.«
»Und Ihr Vater?«
»Er lebte als Russell Walt Granger, und gestorben ist er als Michael W Nelson.«
»Dieser Anhänger gefällt mir.«
Sie seufzte »Heute der gute Cop, Detective? Das muss bedeuten, dass D. D. mich während des Fluges ordentlich in die Zange nehmen wird.«
Er lächelte. »Sie wissen doch, wir sind hier alle in einem Team, Annabelle. Wir versuchen, die Wahrheit herauszufinden. Ich würde meinen, dass gerade Sie die Wahrheit gern wissen möchten.«
»Machen Sie sich nicht lustig über mich, Bobby. Für Sie ist das ein Job. Für mich geht es um mein Leben.«
»Wovor fürchten Sie sich so sehr, Annabelle?«
»Vor allem«, erwiderte sie tonlos. Dann nahm sie den Joghurtbecher, drehte ihn zwischen den Händen und beobachtete wieder die Flugzeuge.
»Der letzte Name des Vaters war Michael W Nelson«, berichtete Bobby drei Minuten später, als er sich zu D. D. gesellte.
D. D. spähte zu Annabelle, die sich von ihnen abgewandt hatte und nichts von ihrem Gespräch mitbekam.
»Ausgezeichnete Arbeit, Detective.«
»Ich habe eben Talent«, erwiderte Bobby und kam sich vor wie ein Schuft.
Die Maschine erreichte die Reiseflughöhe. Annabelle stellte ihre Sitzlehne schräg und schlief ein. Auf der anderen Seite des Ganges saßen Bobby und D. D.
D. D. sah ihn mit strahlenden Augen an. »Wir haben Christopher Eola gefunden«, jubilierte sie. »Oder vielmehr, wir haben die Bestätigung, dass er verschollen ist. Stell dir vor, er wurde 1978 aus Bridgewater entlassen.«
»Wie konnte das passieren?«
»Die Intelligenzbestien haben nie Anklage gegen Eola
Weitere Kostenlose Bücher