Kühlfach betreten verboten
sich einen Splitter aus dem Fuß, latschte ins Bad, zog sich ein paar Klamotten über und ließ sich endlich in der Küche auf den zweiten Stuhl fallen. Gregor blieb stehen.
»Wir sind bei der Drogenfahndung. Undercover. Ich bin allerdings hier aufgewachsen, mich kennt also jeder im Viertel, daher habe ich keine falsche Identität, sondern nur einen gefälschten Lebenslauf. Die Ausbildung habe ich auswärts gemacht, in der Szene hieß es, ich säße im Knast.Damit das glaubhaft ist, steht es auch in deiner offiziellen Datenbank. Das ist mein Leumund. Wer gesessen hat, ist vertrauenswürdig.«
Gregor nickte.
»Bei Gina ist das anders. Selbst ich kenne ihren richtigen Namen nicht. Bei ihr ist es besonders wichtig, dass sie nicht auffliegt.«
»Warum hat mein Boss mir verboten, Gina weiter zu belästigen, wo ich sie doch noch nie im Leben gesehen habe?«, fragte Gregor.
»Da war so ein Buchhaltertyp, der ihr Samstagnacht im Chilling Chili blöde Fragen gestellt hat«, sagte Akif. »Gehört der nicht zu dir?«
Gregor brauchte ungefähr drei Sekunden, bis sein Hirn auf Grün sprang, aber er zog es vor, keine Antwort zu geben. Stattdessen fragte er: »Und deine Schwester?«
Akif seufzte. »Sie will die Welt retten. Und falls das nicht klappt, dann doch wenigstens jede junge Frau, die von der Gesellschaft, einem Mann, der herrschenden Meinung, Traditionen oder einfach nur dem schlechten Wetter an ihrer Persönlichkeitsentwicklung gehindert wird. Sie ist bekannt wie ein bunter Hund, und jede Tussi, die ein Swarovski-Steinchen aus ihrem Handy verliert, wendet sich an Sibel. Die hat für jede ein offenes Ohr.«
Bei dem Wort Ohr stockte Akif, dann grinsten beide.
»Sibel rief mich am Montag an. Eine Schülerin hatte ihr erzählt, sie habe den Verdacht, dass jemand, den sie kenne, mit Drogen handle.«
Bingo! Gregor konnte seine Aufregung nicht verbergen.
»Sibel war aber zu dem Zeitpunkt, äh …« Akif blinzelte, schaute auf seine Füße, zögerte.
»Im Kirchenasyl«, vervollständigte Gregor.
»Ach, das kennst du schon? Genau. Sie bot der Schülerin an, sie dort zu treffen, aber das Mädchen sagte, das sei ihrzu weit und sie müsse pünktlich nach Hause. Sie haben vereinbart, dass sie am Dienstag telefonieren und sich am späten Nachmittag treffen.«
»Aber da war Yasemin mit größter Wahrscheinlichkeit schon tot«, murmelte Gregor.
Akif nickte. »Ich habe am Dienstagabend darauf gewartet, dass Sibel kommt und mir von ihrem Treffen mit der Schülerin erzählt, aber sie kam nicht nach Hause. Stattdessen lief bei meinen Eltern irgendwann das Telefon heiß, weil alle Welt Sibel suchte. Und dann kam die Polizei und erzählte diesen Quatsch von wegen Fahrerflucht. Da fing ich an, mir Sorgen zu machen.«
»Wann kam das Ohr?«, fragte Gregor.
»Das erste kam am Donnerstag. Ich hatte einen Verdacht und bin losgezogen, um dem Vogel seinen Kopf in den Arsch zu schieben …«
Bülent bekam Schluckauf.
»… aber er wusste von nichts.«
Aha, daher kam der coole Akif am Donnerstag mit seinen Knarren und dem Messer.
»Bei dem ersten Ohr war ein freundlicher Hinweis, dass sie mit einer asymmetrischen Frisur noch alles verdecken könne, und die Ankündigung, dass die andere Seite folgen werde, wenn ich nicht für längere Zeit in Urlaub führe.«
Gregor wurde blass.
»Das zweite Ding kam vorgestern. Mit Sibels Brille und dem Hinweis, dass die ja nun sowieso nicht mehr hält.«
Bülents Zustand verschlechterte sich. Zu dem Schluckauf kam jetzt auch noch ein ausgewachsenes Zittern, sodass ich ihn nur noch verwackelt sah.
Akif grinste kurz. »Aber mir war klar: Diese Elefantenohren sind nicht von Sibel. Sie hat ganz zarte, kleine Ohren. Wie ein Kind. Das hier, uäh …«
Gregor öffnete den Karton noch mal, wenn auch mitdeutlichem Abscheu. Akif hatte recht. Dieses Ohr hier war riesig, mit einem langen, hängenden Ohrläppchen und Haaren auf dem äußeren Rand.
»Aber woher wusste derjenige überhaupt, dass Sibels Bruder bei der Drogenfahndung …«
Akif seufzte. »Meine Eltern denken, dass ich wirklich der Junkie bin, für den ich mich ausgebe. Das ist schwer zu ertragen, aber es muss sein. Sibel hingegen hat jahrelang täglich versucht, mich zu bekehren. Das war nicht auszuhalten, also habe ich ihr eines Tages die Wahrheit gesagt. Ich bin sicher, dass sie niemals jemandem etwas verraten hätte – es sei denn unter Todesangst.«
Gregor nickte.
Akif seufzte. »Vermutlich ist meine Karriere damit
Weitere Kostenlose Bücher