Kühlfach betreten verboten
beendet, aber ich kann ihr beim besten Willen keinen Vorwurf daraus machen.«
Bülent ließ einen Schwall heiße Luft gemischt aus Unverständnis, Bewunderung und Zweifel entweichen.
Sie schwiegen einen Moment.
»Wo sind die Nachrichten, die bei den Ohren waren?«, fragte Gregor.
»Die bekommst du nicht.« Der kollegiale Ton war vorbei. »Du hältst dich von jetzt an von mir fern. Und von Gina. Und wegen meiner Schwester unternimmst du auch nichts, sonst richtest du mehr Schaden an, als ich in einem Leben rächen kann.«
Bülent verschluckte sich und röchelte, als ob er ersticken würde. Offenbar verkraftete er die schnellen Wechsel zwischen verständnisvoller Bruderliebe und prähistorischer Vendetta nicht. Ich machte mir aber keine Sorgen um ihn. Wir Geister können nicht ersticken, ertrinken, verbrennen … Die Liste ließe sich vermutlich unendlich fortsetzen.
»Ich muss die Nachrichten kriminaltechnisch untersuchen«, sagte Gregor.
»Und ich muss dafür sorgen, dass meine Schwester lebend zurückkommt.«
Die beiden starrten sich wieder an, als wollten sie sich gegenseitig mit Blicken töten.
»Scheiße«, sagte Gregor nach einer Weile. »Und die Schüsse auf dich?«
Akif sah ihn lange und nachdenklich an. Dann seufzte er und nickte. »Okay, damit du endlich Frieden gibst: Das hat mit diesem Fall hier nichts zu tun. Ich bin jemandem auf die Füße getreten in einer meiner Ermittlungen. Mehr kann ich nicht sagen, mehr geht dich auch nichts an. Nur solltest du deine Zeit nicht mit diesem Mist verschwenden.«
Nach dieser Ansprache schaltete Akif auf stur und sagte kein Wort mehr. Gregor verließ die Wohnung mit einer gehörigen Portion Frust – und einem schon leicht vergammelten Ohr in einem Karton.
Dienstag, 8 Uhr 10
»Es sind definitiv Männerohren«, sagte Katrin.
Sie und Gregor standen wieder mal am Edelstahltisch, zwischen sich die beiden Ohren.
Bülent hatte sich im Verlauf der Nacht, die er an seinem Krankenbett verbracht hatte, ganz gut erholt, wurde aber jetzt angesichts der Horchlappen wieder blass.
»Beide Teile gehören zu ein und derselben Person. Die Person war tot, als ihr die Ohren abgeschnitten wurden.«
»Wie eklig«, flüsterte Bülent.
»Die Ohren sind, äh, ungepflegt.«
»Ein Obdachloser?«
»Das war zumindest meine spontane Idee. Wir haben niemanden hereinbekommen, dem zwei Ohren fehlen, aber du könntest bei deinen Kollegen rheinabwärts fragen, ob dort jemand aufgetaucht ist. Bei dem Hochwasser wäre es ein Leichtes, eine Leiche loszuwerden.«
»Und?«, fragte Jenny, als Gregor ins Büro kam. »Hast du Akif Akiroglu mitgebracht?«
Gregor ließ sich auf seinen Stuhl fallen und legte den Kopf in die Hände. »Er ist Undercover-Ermittler bei den Drogenfahndern.«
Jenny starrte ihn mit offenem Mund an.
»Aber seine Schwester wurde definitiv entführt. Der Kidnapper hat ihm die Ohren geschickt, die aber nicht von ihr, sondern von einem Mann, vermutlich einem Penner, stammen.«
Ich finde Gregor schon allein deshalb cool, weil er politisch unkorrekte Ausdrücke benutzt, wenn er inoffiziell redet. Er gab den Inhalt seines Gesprächs mit Akif wieder.
»Die Nachrichten des Kidnappers bekommen wir nicht, weil Undercover-Akif nicht will, dass wir ihm seinen Fall und seiner Schwester die Überlebensaussicht versauen«, schloss er. »Damit sind wir ziemlich am Arsch. Was hast du inzwischen herausgefunden?«
»Du wolltest, dass ich Doktor Christian Seiler noch mal checke, und das habe ich getan. Dass er nie rechtskräftig verurteilt wurde, wussten wir ja bereits. Er wird außerdem in keinem aktuellen Fall als Verdächtiger geführt oder beobachtet und wurde nie in irgendeinem Zusammenhang erwähnt. Er hat noch nicht einmal einen Punkt in Flensburg.«
»Wen hast du gefragt?«, fragte Gregor.
»Alle Kommissariate hier im Haus, das LKA, den Zoll, das BKA und die Steuerfahndung.«
Gregor überlegte einen Moment. »Gut, das muss aber nichts heißen. Akif sagte, dass sie einem neuen Spieler auf der Spur sind. Niemand aus der Szene. Jemand, der ganz neu im Geschäft ist. Da wäre es sogar unwahrscheinlich, dass er eine Vorstrafe hätte.«
»Dann sollten wir schnellstens das Alibi von Doktor Seiler checken, oder?«
Gregor nickte. »Wir treffen uns gleich bei ihm im Krankenhaus. Aber erst schaust du, ob du statistische Daten über diese neuen Drogenfälle findest. Dass das Alter erfasst wird, hat Katrin uns schon gesagt. Ich will auch wissen, auf welche Schule
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