Kühlfach betreten verboten
der stolze Herr Papa überall herum, dass ich entweder Medizin oder Jura oder Kernphysik studieren werde. Gleichzeitig schickt er mich jeden Monat zum Drogentest, damit ich mir meine Zukunft nicht kaputt mache. Was er meint, ist allerdings seine Zukunft, denn genauso wenig, wie er eine Idiotin als Tochter will, will er einen Junkie. «
Mir kam die Geschichte irgendwie bekannt vor – bis auf den Teil mit der Hyperintelligenz.
»Und du wusstest schon vor dem I Q-Test , dass du nicht doof bist, oder?«
Amelie nickte.
»Warum hast du dann bei dem Test nicht einfach die falschen Antworten angekreuzt?«, fragte Gregor.
Amelie lachte gequält. »Das frage ich mich auch. Aber natürlich gibt es nur einen Grund: Eitelkeit. Pure, blöde Eitelkeit.«
Weiber, ich sag’s doch.
Gregor grinste. »Was würdest du denn lieber machen als Kernphysik?«
»Gärtnerin«, murmelte sie.
»Und die anderen leiden auch so unter diesem Druck?«
Amelie hatte sich wieder gefangen und sah ihn nur spöttisch an.
»Wer verteilt hier in der Schule die Drogen?«, fragte Gregor.
Was für ein Glück, dass er wieder zum Thema zurückkam. Ich hatte schon befürchtet, er würde sich als Nächstes mit Amelie darüber unterhalten, welche Blümchen sie am liebsten pflanzen würde.
Amelie sah auf ihre Füße und zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Ehrlich. Ich habe mich das auch schon gefragt, aber …«
»Was ist mit Doktor Seiler?«, fragte Gregor.
»Tristan …« Amelie wurde rot.
»Warum hast du uns erzählt, dass er in Yasemin verknallt ist?«
Amelie betrachtete höchst interessiert ihre Hände.
»Ist er nicht?«, murmelte sie.
Gregor schwieg.
»Warum sonst hätte er sich so für sie einsetzen sollen?«, schwallte es dann aus ihr heraus. »Sie war schließlich nicht das einzige Superhirn, das Probleme mit der Familie hat.«
Mein Gott, schon wieder dieses Mir-tut-man-Unrecht-Gejammer. Die Tussi war längst nicht so cool, wie sie tat.
»Aber sie erfüllte das Klischee, nicht wahr?«, sagte Gregor leise. »Das arme türkische Mädchen aus einem streng patriarchalischen Umfeld, das von der Tradition an der freien Entfaltung gehindert wurde, richtig?«
Amelie nickte.
»Was macht dein Vater?«
»Er ist Unternehmer. International, weltoffen, modern. Um die Tochter von so jemandem muss man sich keine Sorgen machen, die hat ja alles, was sie braucht.«
Die Heulsuse verkniff sich die Tränen nur mit Mühe.
»Heulsuse sagt man nicht«, quengelte Bülent.
»Du hast zu viel mit Edi herumgehangen«, blaffte ich ihn an.
»Hast du je mitbekommen, dass Doktor Seiler bunte Pillen verkauft?«
Amelie bekam sich wieder in den Griff und setzte ihr Pokerface auf. »Nein. Aber er ist Vertrauenslehrer, deshalb hat er ein eigenes Büro, wo ihn viele Schüler besuchen. Er hätte die ideale Gelegenheit.«
DREIZEHN
Dienstag, 10 Uhr 15
»Was haben Sie zwischen Montagnachmittag und Dienstagabend vergangener Woche gemacht?«, fragte Gregor streng.
Er und Jenny saßen an Tristans Bett und blickten ihn erwartungsvoll an.
Tristan blinzelte verwirrt. »Das war die Zeit, in der Yasemin ermordet wurde, richtig?«
Gregor nickte.
»Äh, ich war an beiden Tagen morgens um halb acht in der Schule. Montag bis vier, Dienstag habe ich die Jahrgangsstufenkonferenz vorbereitet, da ist es spät geworden …«
»Wer kann das bezeugen?«
Tristan starrte Gregor an. »Sie glauben doch nicht, dass ich …«
Gregor und Jenny schwiegen. Jenny hatte eine Häufung der Fälle von Drogenmissbrauch im Umfeld der Nelson-Mandela-Gesamtschule festgestellt. Mehrere Schüler waren nach der Einnahme diverser Pillen umgefallen. Herzrhythmusstörungen beim Sportunterricht, Kreislaufkollaps beim Schulfest, Zusammenbruch auf einer Klassenfahrt. An anderen Schulen sah es nur geringfügig besser aus, aber ineiner Statistik ist jede noch so kleine Auffälligkeit besser als nichts, hatte Jenny gesagt. Gregor hatte genickt.
»Hat Yasemin herausgefunden, dass Sie in der Schule mit Drogen handeln? Mit Smart Pills, um den Schülern das Lernen zu erleichtern?«
»Wie bitte?«, flüsterte Tristan.
»Und dann wollte Yasemin Sie verraten und Sie haben sie umgebracht. Und Zeynep hat Verdacht geschöpft nach Yasemins Tod. Deshalb haben Sie ihr eine tödliche Dosis verkauft.«
»Das glauben Sie doch wohl selbst nicht«, stammelte Tristan. »Ich …«
»Sie haben uns immer noch nicht gesagt, was Sie an dem betreffenden Dienstag gemacht haben.«
Jenny notierte etwas
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