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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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zweiundvierzig Kilo schwer. Sie war zum |107| Zeitpunkt ihres Todes einigermaßen gesund, wenn man von einer leichten Erkältung absieht. Gegen die Erkältung hatte sie ein
     frei verkäufliches Erkältungsmittel eingenommen. Außerdem bestand ihre letzte Mahlzeit aus Keksen mit Haselnüssen.«
    »Hm.«
    »Ihre Zähne waren Gegenstand zahnärztlicher Bemühungen, die nicht deutschem Standard entsprechen.«
    Mein Gott, manchmal drückte er sich schon furchtbar kompliziert aus.
    »Und sie hatte kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr.«
    Aha, jetzt kamen wir zu den interessanten Erkenntnissen.
    »Mit wem?«, fragte ich natürlich sofort, denn das ist eine der wichtigsten Fragen beim Sex. Wer mit wem?
    »Keine Ahnung«, entgegnete Martin.
    »Keine Spuren?«, fragte ich zurück, denn natürlich weiß jedes Kind, dass man auch Sexualstraftäter heutzutage anhand der Spuren
     überführt, die sie zurücklassen. Also Sperma und so.
    »Spuren gibt es immer«, dozierte Martin. »Aber sie sind noch nicht ausgewertet.«
    Wir schwiegen wieder.
    »Es gibt Schamhaare, die nicht von ihr stammen. Hautabschürfungen an den Fersen, die vermutlich vom Transport zum Auto herrühren.
     Weitere Spuren an der Rückseite, die vermutlich vom Teppich des Kofferraums stammen. Einige Abschürfungen an Stellen, an denen
     sie der Täter, der sie ins Auto gepackt hat, vermutlich angefasst hat. Und eine ganze Liste weiterer Fasern und jede Menge
     Spuren, die von dem Ort stammen, wo sie abgelegt wurde.«
    |108| »Wo war das eigentlich?«, fragte ich. »Wo hat man sie gefunden?«
    »Bei der Kläranlage.«
    Ich spürte, wie Martin sich fragte, ob es ihr etwas ausgemacht hatte, dort zu liegen. Auf diesen Gedanken, der ihm einfach
     so ungewollt durch’s Hirn zischte, folgte umgehend der nächste: So ein Quatsch, die Frau ist tot, die hat gar nicht mitbekommen,
     wo man sie abgelegt hat. Und dann: Aber Pascha kriegt ja auch alles mit. Martin wehrte sich gegen diese Gedanken, aber sie
     ließen sich nicht vertreiben, stürzten auf ihn ein und setzten ihm zu, das konnte ich genau spüren. Er schüttelte den Kopf,
     aber auch das half natürlich nicht. Der gute Martin war auf dem besten Weg in eine echte, ausgewachsene Krise.
    »Hast du, ähem, kannst du irgendwas bei ihr … spüren?«, stammelte er.
    »Nein, Mann, die Frau ist mausetot«, sagte ich in der Hoffnung, dass ihn die deutliche Sprache erleichtern würde. Sie tat
     es nicht. Er zuckte zusammen, so als habe jemand eine ungehörige Bemerkung über einen Dritten gemacht und dann festgestellt,
     dass der Betroffene zuhört.
    »Hast du dir früher jemals Gedanken über so etwas gemacht?«, fragte ich.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Martin.
    »Na also«, sagte ich. »Dabei solltest du es belassen. Ich bin so eine Art kosmischer Unfall und alle anderen sind tot, okay?«
    Er nickte, schien aber nicht überzeugt zu sein.
    »Ich glaube, ich fahre dann mal nach Hause«, sagte er.
    Ich seufzte. Eigentlich hatte ich gehofft, dass wir heute noch ein paar interessante Ergebnisse bekämen, aber Martin |109| war definitiv nicht in der Lage, noch einen einzigen klaren Gedanken zu fassen oder mir auch nur bei der Darlegung meiner
     zwar unvollständigen, aber brillanten Theorien zuzuhören.
    »Könntest du mir den Fernseher im Konferenzraum zwei anmachen?«, bat ich. Er nickte, packte seinen Mantel, schaltete den Fernseher
     an und fuhr nach Hause.
     
    »Es wurde kein Kondom benutzt. Aber Gleitmittel.«
    Eine Nutte. Himmelarschundgleitschirmstiel, die Frau war eine Käufliche! Und noch mal Himmelarschundsonstwas, Martin war heute
     morgen wie ausgewechselt. Er hatte den Mantel schon ausgezogen und öffnete die Tür zum Konferenzraum so schwungvoll, dass
     sie fast gegen die Wand geknallt wäre. Ich zuckte vor dem Frühstücksfernsehen zusammen.
    »Bist du hier?«, fragte er vorsichtig. »Du sagst ja gar nichts.«
    »Ich bin hier, kann dir sagen, wie das Wetter in Deutschland aktuell ist, wie es wird und wie viele Kalorien ein Buttercroissant
     ohne Butter hat.«
    Mit dieser Antwort schien er erst mal nichts anfangen zu können. Dann starrte er auf den Bildschirm. Die ekelerregend muntere
     Sendeschnepfe mit der künstlich verstrubbelten Frisur und der Lächellähmung erklärte gerade, woraus ein wirklich gesundes
     Frühstück bestehen sollte: Aus Müsli ohne Zucker, in Wasser aufgequollen und mit einem Glas frisch gepresstem Obstsaft heruntergespült.
     Ich persönlich würde, wenn ich die Wahl noch hätte,

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