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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Allerdings gab es an den Wänden und den Türrahmen keine
     Scheuerleisten für die Krankenbetten. Hier hingen großformatige Bilder mit modernen Klecks- und Schmierereien an den hellgelben
     Wänden. An den Zimmertüren gab es Nummern, aber keine Namensschildchen. Ich düste in eins der Zimmer und fand mich in einer
     Suite wieder. Ein Krankenhausbett stand in der einen Ecke, Lesesessel, Couchtisch und Schreibtisch in der anderen. Die Tür
     zum Bad stand offen, dort war alles in Marmor, Granit und Gold. In dem Krankenhausbett lag eine Person, die eine riesige Gipsmaske
     auf der Visage hatte. Nasenbruch, mindestens, dachte ich. Bis ich die Bilder an der Wand sah. Fotos von einer Frau, die eine
     Nase mitten im Gesicht hatte. Normal. Allerdings war die Nase auf jedem Foto anders. Mal breiter, mal schmaler, mit oder ohne
     Höcker, stupsig oder nicht. Mir schwante so einiges.
    Den Rest des Vormittags verbrachte ich damit, gemütlich durch die Krankenzimmer zu gondeln. Silikontitten führten die Statistik
     vor Nasenerneuerungen und Fettabsaugung an. Komplettlifting, Lidfaltenlifting und (jetzt kommt’s!) Sacklifting lagen im Mittelfeld.
     Leicht abgeschlagen auf den hinteren Tabellenplätzen dann Ohrenanlegen, Wangenknochenabschmirgeln und Beinknochenverlängerungen.
     Einige hässliche Männer lagen blass in ihren Betten und sahen nicht so aus, als hätte ein begnadeter Arzt ihrem Aussehen einen
     Gefallen getan. Vielleicht waren das die Vorher-Typen?
    Ich berichtete Martin davon in der Mittagspause, die er an seinem Schreibtisch verbrachte. Auf die Schreibtischunterlage hatte
     er eine Stoffserviette gelegt, darauf einen aus Olivenholz gedrechselten Teller gesetzt und auf diesem seinen Imbiss angerichtet:
     eine Paprikapastenvollkornstulle, die ein ehemals grünes Salatblatt im Klammergriff hielt. Dazu Radieschen, Möhrenstückchen
     und einige rohe Broccolirosetten. Als Nachtisch gönnte er sich einen ungesüßten Fruchtjoghurt. Als wenn das alles noch nicht
     schlimm genug gewesen wäre, spülte er das Hamsterfutter mit einem ganz besonderen Mineralwasser hinunter, das er in Flaschen
     zu zwei Euro achtzig pro Liter im Biomarkt kaufte.
    Mein Bericht stimmte ihn nachdenklich. »Das hätte ich jetzt nicht vermutet.«
    »Warum nicht?«, fragte ich. »Nichts logischer als das. Du hast von postoperativer Depression gesprochen. Vielleicht gefiel
     dem Typ seine neue Nase nicht. Oder der geliftete Sack oder   …«
    »Aber die Bahnleiche hatte eine Nieren-OP«, dachte Martin. »Und der Asiate hat sich doch wohl auch nicht zur Schönheitsoperation
     dorthin begeben.«
    »Fettabsaugung?«, schlug ich vor.
    »Auf dem Foto sah es nicht so aus, als wäre da schon etwas abgesaugt gewesen.«
    Hm, da war allerdings etwas dran.
    »Würdest du wohl noch mal   …«, begann er.
    Ich tat so, als zögerte ich, aber im Grunde hatte ich sowieso vorgehabt, die Klinik weiter im Blick zu behalten. Genauer gesagt
     die Patientinnen. Und ganz besonders die, die sich neue Silikonkissen in ihre Hupen montieren ließen. Das war eine interessante
     Sache. Nicht die Montage an sich, igitt, davon wollte ich nichts mitbekommen. Aber der Vorher-Nachher-Vergleich war bestimmt
     interessant. Heute früh hatte eine Tussi eingecheckt, die sich Körbchengröße DD wünschte. Sie hatte höchstens a (klein geschrieben !). Diese Entwicklung wollte ich miterleben. Ich sagte also zu.
     
    Nach einer Mittagspause, in der ich kurz bei Birgit vorbeischaute, die fleißig Wohnungsangebote aus dem Internet zog, düste
     ich zurück zur Parkklinik. Ich beobachtete einen Arzt in weißem, gestärktem Kittelchen, der offenbar der Hupenmeister war.
     Er empfing eine Tussi nach der anderen in seinem Besprechungszimmer, die T-Shirts , Blusen oder Tops wurden sorgfältig auf einen bereitstehenden Hocker gelegt, die B H-Verschlüsse geöffnet, und dann tat die Schwerkraft ihr schreckliches Werk. Gut, bei manchen tat auch die Schwerkraft nichts, weil Gravitation
     nur auf etwas wirken kann, das vorhanden ist. Der Tittenklempner malte mit einem roten Filzstift auf der Haut herum und präsentierte
     eine Auswahl an Kissen unterschiedlichster Formen. Spitztütige, ballrunde, birnenförmige. Einige Frauen zeigten verschämt
     auf das eine oder andere Modell, andere nahmen die Glibberteile in die Hand, kneteten sie, fragten nach strammeren oder weicheren
     Polsterungen.
    Saskia vom Fernsehen, die mit Martin auf meinen Geburtstagangestoßen hatte, kam zur Nachuntersuchung.

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