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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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dem entsprechenden
     Namen auf der Liste.
    »Was ist los?«, fragte ich Martin.
    Er zuckte zusammen. Mein Gott, langsam müsste er sich doch daran gewöhnen, dass ich gelegentlich einfach so auftauche. Ich
     kann mich schließlich nicht durch laute Schritte oder ein bescheuertes Hüsteln bemerkbar machen.
    »Mehrere Leichen haben keine Augen mehr.«
    »Du siehst auch aus, als würden dir gleich die Augen rausfallen«, sagte ich.
    »Blödsinn.«
    Wenn er so einsilbig ist, ist das immer ein schlechtes Zeichen. Solange Martin jammert, geht es ihm noch einigermaßen gut.
     Aber wenn die Sätze weniger als zwei Wörter haben, sollte man sich Sorgen machen. Ich machte mir Sorgen.
    »Was soll das heißen?«
    »Entfernt.«
    Mann, wieso kann er nicht einfach sagen, was Sache ist? »MARTIN«, rief ich. »WAS IST LOS?«
    »GEKLAUT!«
    Ich war erst mal sprachlos. Ich habe ja kapiert, dass es Leute gibt, die einen irreparablen Riss in der Zylinderkopfdichtung
     haben. Die ziehen Leichen die Haut ab und legen sie sich auf den Bauch, weil sie das geil finden. Aber ein Auge? Wo tut man
     sich das hin? In den Bauchnabel?
    »Nicht so   …«, dachte Martin. Für einen ganzen Satz fehlte noch mindestens ein Wort, aber es ging aufwärts.
    »Hornhäute sind sehr gefragte Organe.«
    »Organe?«, echote ich.
    »Schon mal was von Organspende gehört?«, fragte er mich. Und dann dachte er: »Hättest du vermutlich auch bald gebraucht, bei
     deiner Suffleber.«
    Wenn ich Bemerkungen dieser Art mache, beschimpft Martin mich als respektlosen Rüpel. Wenn er so etwas sagt, dann ist das   …
    »…   eine medizinische Tatsache.«
    »Nee, is klar, Mann.«
    Ich war unsicher, ob ich weiter schmollen oder weiter fragen sollte, aber Katrin nahm mir die Entscheidung ab.
    »Hier war jemand, der allen frischeren Leichen die Augen entfernt hat. Hier, in unserem Institut. Ich glaube es einfach nicht.«
    Sie raufte sich die langen Haare, die sie extra zum Raufen aus dem Gummiband im Nacken befreien musste. Dann stemmte sie die
     Hände in die Seiten und schüttelte den Kopf. Katrin ist sowieso ein Rasseweib, aber wenn sie sich aufregt, ist sie ein echtes
     Geschoss. Ich an Gregors Stelle würde sie von morgens bis abends ärgern, um ihre Augen glühen zu sehen. Und wenn ich sie genug
     geärgert hätte, dann würde ich   …
    »Halt die Klappe«, fuhr Martin mich an.
    Blödmann.
    »Hast du denn nichts gesehen?«, fragte er mich.
    »Nein.« So, jetzt war ich mal dran mit Einwortsätzen.
    »Hast du nichts gesehen, weil hier nichts passiert ist, oder hast du nichts gesehen, weil du nicht hier warst?«
    »Weil ich nicht hier war«, erwiderte ich.
    »Aber ich hatte dich doch gebeten   …«
    »Du hast mich vor Wochen gebeten, mal aufzupassen, und das habe ich getan. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich vierundzwanzig
     Stunden am Tag sieben Tage die Woche dreißig Tage im Monat hier herumhänge, während Viktor bezahlt wird und die halbe Nacht
     pennt.«
    Hoppla, jetzt war es heraus. Das hatte ich eigentlich gar nicht sagen wollen.
    »Viktor pennt?«, fragte Martin laut und deutlich.
    »Was?«, fragte Katrin.
    Martin blickte sie erschrocken an, dann fing er sich schnell. »Was ist, wenn Viktor während der Arbeitszeit schläft?«
    Katrin sah sich zweifelnd um. Blickte auf den wackeligen Holztisch mit den zwei wackeligen Stühlen. »Hier?«
    Martin zuckte die Schultern.
    »Oder glaubst du, er legt sich in ein Kühlfach?«, fragte Katrin grinsend.
    »Ganz im Ernst«, sagte Martin. »Was, wenn er schläft?«
    Katrin grinste nicht mehr. »Viel interessanter ist die Frage: Was, wenn er nicht schläft?«
     
    »Warum sollte jemand Augen klauen?«, fragte Gregor zwei Stunden später.
    »Wegen der Hornhaut«, erläuterte Martin. »Ich bin kein Augenchirurg, ich könnte vermutlich keine Hornhaut vernünftig ablösen.
     Aber ein ganzes Auge entfernen und dieses einem Spezialisten weitergeben, damit er die Hornhaut präpariert, das würde ich
     schon schaffen.«
    »Und was macht dann der fleißige Sammler mit«, Gregor schaute auf einen Zettel, der vor ihm lag, »sechzehn Hornhäuten?«
    »Verkaufen.«
    »Verkaufen?«, echote Gregor wenig überzeugt.
    »Natürlich. Man kann alles verkaufen. Ich habe mich heute Nachmittag mal schlau gemacht.«
    Er legte Gregor eine Liste vor, auf der links Körperteile und rechts Preise standen. Gregor warf einen Blick darauf und pfiff
     durch die Zähne.
    Ich kannte die Liste bereits, denn ich war Martin nicht mehr von der

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