Künstler der Schaufel: Erzählungen aus Kolyma 3 (German Edition)
Namen geheimnisvolle Ganoven versteckt halten und leben. Sie rauben nur Geschäfte und Kassen aus. Die Wäsche nehmen diese Cascarillas nicht von der Leine, und diesen »edlen Gaunern« hilft der Bürger sogar gern, er versteckt sie manchmal vor der Polizei – ob aus romantischen Beweggründen oder aus »Schiss«, aus Angst, was häufiger ist.
Der Rowdy ist schrecklicher. Der Rowdy ist alltäglich, vor aller Augen, nah. Er ist schrecklich. Um uns vor ihm zu schützen, wenden wir uns an die Miliz oder an die »Hilfsmilizen«.
Indessen steht der Rowdy, jeder Rowdy, noch am Rande des Menschlichen. Der Dieb und Ganove steht außerhalb der menschlichen Moral.
Jeder Mörder, jeder Rowdy – ist nichts im Vergleich mit einem Dieb. Der Dieb ist ebenfalls Mörder und Rowdy plus etwas weiteres, das in der menschlichen Sprache fast keinen Namen hat.
Mitarbeiter der Haftanstalten oder der Kriminalpolizei teilen ihre wichtigen Erinnerungen nicht sehr gern mit. Wir haben Tausende billige Krimis und Romane. Wir haben kein einziges ernsthaftes und gewissenhaftes Buch über die Verbrecherwelt, das von einem Mitarbeiter geschrieben wäre, in dessen Zuständigkeit der Kampf gegen diese Welt gehört.
Sie ist ja eine konstante soziale Gruppe, die man zutreffender antisoziale nennen sollte. Sie trägt Gift in das Leben unserer Kinder, sie bekämpft unsere Gesellschaft und hat manchmal deshalb Erfolg, weil man ihr Vertrauen und Naivität entgegenbringt, und sie bekämpft die Gesellschaft mit einer ganz anderen Waffe – der Waffe der Gemeinheit, der Lüge, der Heimtücke und des Betrugs – und lebt, indem sie einen Chef nach dem anderen betrügt. Je höher der Rang des Chefs, desto leichter lässt er sich betrügen.
Die Ganoven selbst haben zu den Rowdys ein schroff negatives Verhältnis. »Das ist ja kein Dieb, das ist einfach ein Rowdy«, »das ist ein Rowdy-Vorgehen, eines Diebes nicht würdig« – solche Sätze in unbeschreiblicher Phonetik kann man hören in der Verbrecherwelt. Diese Beispiele der Scheinheiligkeit der Diebe trifft man auf Schritt und Tritt. Ein Ganove möchte sich von den Rowdys absetzen, sich wesentlich höher stellen und fordert nachdrücklich, dass die Bürger zwischen Dieben und Rowdys unterscheiden.
In diese Richtung geht die Erziehung der jungen Ganoven. Ein Dieb darf kein Rowdy sein, die Figur des »Gentleman-Diebes« – ist sowohl Zeugnis der angehörten »Rómans« als auch offizielles Glaubenssymbol der Ganoven. In dieser Figur des »Gentleman-Diebes« steckt auch eine gewisse Sehnsucht der Ganovenseele nach einem unerreichbaren Ideal. Und darum stehen die »Eleganz« und das »Mondäne« der Umgangsformen hoch im Kurs in der Ganoven-Unterwelt. Eben daher haben Ausdrücke wie »die Verbrecherwelt«, »er verkehrte dort«, »er speist mit ihm« Eingang in den Wortschatz der Ganoven gefunden und sich dort gehalten – all das klingt auch nicht hochtrabend, nicht ironisch. Es sind Termini mit einer bestimmten Bedeutung, geläufige Ausdrücke dieser Sprache.
In den Diebes»suren« heißt es, dass ein Dieb kein Rowdy sein darf.
Bescheiden gekleidet, ein Sträußchen im Knopfloch,
Im grauen englischen Rock,
Verließ ich die Hauptstadt genau um halb sieben
Ich blickte nicht ein Mal zurück.
Das ist das klassische Ideal, das klassische Portrait des Panzerknackers und Ganoven, des »Gentleman-Diebes«, Cascarillas aus dem Kinofilm »Der Drei-Millionen-Prozess«.
Rowdytum – das ist eine zu unschuldige, zu keusche Sache für einen Dieb. Der Dieb amüsiert sich auf andere Weise. Jemanden umbringen, jemandem den Bauch aufschlitzen, die Därme herausholen und mit diesen Därmen einen anderen erwürgen – das ist Diebesart, und solche Fälle hat es gegeben. Brigadiere wurden im Lager nicht wenige getötet, aber einem lebendigen Menschen den Hals mit einer Waldsäge durchzuschneiden – zu solchem finsteren Erfindungsreichtum ist nur ein Ganoven- und kein menschliches Hirn fähig.
Das übelste Rowdytum wirkt im Vergleich zu den gewöhnlichen Amüsements der Ganoven wie ein unschuldiger Kinderscherz.
Die Ganoven können irgendwo in ihrer »Sippe«, in der »Spelunke« feiern und trinken und sich wie die Rowdys aufführen – können feiern ohne jede Randale und das Ausmaß ihrer Tollkühnheit nur den eigenen Kameraden und den andächtigen Neubekehrten zeigen, deren Eingliederung in den Orden der Diebe eine Frage von Tagen ist.
Rowdytum, ein zufälliger Diebstahl, das ist die Peripherie der
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